
Streng genommen ist die Bahnhofsvorstadt natürlich nicht Findorffer Terrain. Aber was sich dort tut, strahlt auch in den Stadtteil jenseits des Bahndamms aus. Die Findorffer Grünen luden daher Robert Bücking, ihren Bürgerschaftsabgeordneten und Sprecher für Bau, Stadtentwicklung und Wirtschaft, ins Fif-Café an der Herbststraße. Sie wollten von ihm hören, was die Stadt in Zukunft vorhat, und nahmen die Gelegenheit wahr, ihm diverse spezifisch Findorffer Wunschprojekte erneut ans Herz zu legen.
Die Bahnhofsvorstadt ist sein Revier. Seine ersten Lebensjahre verbrachte Robert Bücking in einer Kriegsruine in der Ellhornstraße, erzählte der gelernte Werkzeugmacher und Maschinenbaumeister. Vor seinem Einzug ins bremische Landesparlament im Jahr 2015 war er 20 Jahre lang als Leiter des Ortsamts Mitte/Östliche Vorstadt dafür zuständig. Das Bremer Bahnhofsviertel kennt er also wie seine Westentasche, und auch die besonderen Charakteristika, die es von anderen Städten unterscheiden: Die Tatsache, dass die Bahnhofsvorstadt im Zweiten Weltkrieg komplett „pulverisiert“ worden sei und hinterher nichts mehr wurde, wie es war. Die Hochstraße über dem Breitenweg, deren Bau laut Bücking selbst der damals zuständige Senatsbaudirektor nachträglich bereut haben soll. Der „versiffte“ Bahnhofsvorplatz, die düstere Disco-Meile, den Remberti-Kreisel. All diese Problemstellen seien für Politik und Stadtplaner seit Jahren ernsthafte Denksportaufgaben, erklärte Bücking. Die Findorffer Parteikollegen und ihre Gäste interessierte noch mehr, je näher er in seinem Überblick an den Stadtteil rückte. Etwa an den zentralen Busbahnhof, der nun tatsächlich auf dem ehemaligen Bahngelände hinter dem Fruchthof an der Bürgermeister-Smidt-Straße entstehen soll. Wann die ersten Passagiere dort ein- und aussteigen werden, wollte Grünen-Beiratsmitglied Ulf Jacob hören. Bückings Schätzung: mindestens fünf Jahre werden sich die Bremer noch mit der Haltestelle am Breitenweg „herumquälen“ müssen.
Konkrete Pläne gebe es auch für das Karree um das Bundeswehrhochhaus an der Falkenstraße, berichtete Bücking. Der Behördenbau, 1968 gebaut, 2014 geräumt, anschließend teilweise als Flüchtlingsunterkunft genutzt, soll bald bezahlbar bewohnt werden können. Die Stadt hat vor, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben Gebäude und Grundstück abzukaufen und in die Hände der Gewoba zu legen. Die Gewoba wolle das Objekt sanieren und zum Wohnhaus umfunktionieren, und auf dem umliegenden Areal drei weitere kleinere Neubauten errichten. Nachhaltig gute Entwicklungsideen fehlen indes noch für das leer stehende „Papageienhaus“ und das ehemalige Versorgungsamt an der Friedrich-Rauers-Straße.
In den Randstücken dies- und jenseits der Bahngleise, die die Quartiere durchtrennen, sei nach dem Rückzug der Bahn und eines Großteils der gewerblichen Zuarbeiterbetriebe eine „merkwürdige Übergangszone“ entstanden, sagte Bücking, und meint das nicht negativ. Die interessante Zwischenwelt, in der mitunter überraschende neue Nutzungen entstehen können, gehöre zum „Metabolismus einer Stadt“. Dazu zählt auch das versteckte Güterbahnhofsquartier, in dem sich Werkstätten, Galerien und Ateliers angesiedelt haben. Das Gelände könnte auf andere Weise genutzt werden, wenn die Gleisanlagen der Oldenburger Kurve verlegt würden.
Doch das wäre ein derart kostspieliger Eingriff, dass er auf absehbare Zeit nicht umgesetzt werden könne, so Bücking. Potenzial bietet auch das Gebiet der Plantage, finden die Bremer Stadtplaner. Vor Kurzem verabschiedete die Baudeputation einen zweiten, aktualisierten Bebauungsplan für ein erschlossenes urbanes Mischgebiet aus Wohnen und Gewerbe, das Investoren mehr Möglichkeiten gibt, und bestimmte Nutzungsarten von vornherein ausschließt – etwa für größere Einzelhandelsketten oder Spielhallen, erklärte Ulf Jacob. Selbst tätig werden kann die Stadt dort allerdings nicht, der größte Teil des Areals ist auf viele Eigentümer verteilt.
Im Innenstadtkonzept 2025, das 2014 verabschiedet wurde, hat die Stadt auch Findorff mitgedacht. Einer der Schwerpunkte sind die Verbindungen zwischen den Quartieren, zum Beispiel die Bahntunnel – für Bücking „Mauselöcher“ und „eine Zumutung“. Zur Aufwertung des Findorff-Tunnels wurden bereits vor zwei Jahren im Rahmen eines Workshops unter Federführung des Bauressorts Maßnahmen entwickelt, die im vergangenen Jahr von der Bürgerschaft einstimmig beschlossen wurden. Passiert ist bislang noch nichts, immerhin sei noch im laufenden Halbjahr ein weiterer Workshop geplant, berichtete Sven Punke von den Findorffer Grünen. Größere Umgestaltungen der Findorffstraße seien nach der großen Kanalbaustelle nicht zu erwarten, ergänzte Ulf Jacob, stellvertretender Sprecher des Bauausschusses, auf Nachfrage aus dem Publikum. Immerhin wolle das Bauressort die Querung vor dem Tunnel im Bereich der Plantage durch eine Verkehrsinsel für Radfahrer und Fußgänger sicherer machen – eine Maßnahme, die der Findorffer Beirat seit Langem fordert.
Von dem fast zweistündigen Gespräch über die Bahnhofsvorstadt und das komplizierte Metier der Stadtentwicklung hatte Moderator Sven Punke „viele konstruktive Ideen“ mitgenommen und Erklärungen dafür, warum die konkrete Umsetzung in vielen Fällen so mühselig und langwierig ist. Im Falle des Findorff-Tunnels und seinen kleineren Nachbarn an der Hemmstraße und Münchener Straße wären die Findorffer aber auch schon mit kleinen Schritten zufrieden, wie eine Zuhörerin dem Bürgerschaftsabgeordneten mitgab: „Eine bessere Beleuchtung und ein frischer Anstrich: Das würde doch schon so viel bringen.“
Ob Bahnhof, Marktplatz, Weserstadion oder Schlachte: Das Bremer Stadtbild hat sich im Laufe der Zeit erheblich verändert. Wir berichten über vergessene Bauten, alte Geschichten und historische Ereignisse.
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