
Der neue Kanal unter der Findorffstraße zeigt auf einer Länge von rund 300 Metern zwischen Plantage und Brandtstraße ein fehlerhaftes Gefälle. Anstatt wie geplant und bestellt auf gleicher Höhe zum parallel laufenden alten Abwassersammler entlang zu führen, liegt er am Endpunkt an der Plantage rund 25 Zentimeter tiefer als vorgesehen. Das nötige Gefälle in Richtung Eickedorfer Straße ist dadurch nicht mehr gewährleistet. Vor allem in trockenen Zeiten könnten sich dann Schmutzwasserablagerungen bilden und für Geruchsbelästigungen sorgen.
„Uns rutschte das Herz in die Hose“, beschreibt Hansewasser-Bereichsleiter Arne Schmüser seine Stimmung, als dieser gravierende Fehler bei der routinemäßigen Endabnahme erstmals entdeckt wurde. Üblich und tolerierbar sind bei solchen Projekten nach Angaben des Ingenieurs Abweichungen von maximal einem bis zwei Zentimetern.
Hansewasser-Projektleiter Rainer Dammann und Schmüser hatten nur wenige Tage zuvor Ende November im Rahmen der Findorffer Bauausschusssitzung das Ende der Arbeiten angekündigt. Die Baugrube sollte geschlossen, die Straße frisch asphaltiert und mit einer neuen Querungshilfe übergeben werden. Nun muss Findorff für die aufwendige und mutmaßlich sehr teure Nachbesserung noch weitere drei Monate mit der Baustelle vor dem Findorfftunnel leben.
Das Kanal- und Tiefbauunternehmen Kamü, das im Auftrag von Hansewasser die Kanalrohre verlegt hat, übernimmt die Verantwortung für den Fehler. Es gehört zur Zech Bau Holding, die wiederum zur Zech Gruppe gehört. Die Ursache liegt nach Angaben des Unternehmens in einem „internen Berechnungsfehler“. „Es war ganz klar ein Fall menschlichen Versagens„, konstatiert Kamü-Sprecher Holger Römer. Das Unternehmen stehe “selbstverständlich” dazu und werde die Mängel ohne zusätzliche Kosten für Hansewasser beheben. Beheben werde man im Übrigen auch die Mängel im internen Qualitätssicherungs- und -kontrollsystem: „Wir werden Prozesse so verändern, dass so etwas nicht mehr passieren kann“, beteuert Kamü-Prokurist Klaus Brychcy.
Grundsätzlich hätte Hansewasser von der Baufirma einfordern können, den gesamten Kanal zwischen Brandtstraße und Plantage neu zu verlegen: Ein Szenario, dass sich vor allem im Sinne der Anwohner niemand vorstellen mochte, so Hansewasser-Sprecher Oliver Ladeur. Brychcy überbrachte ein schonenderes Sanierungskonzept. Demnach soll Anfang Januar die Baugrube zwischen Admiralstraße und Plantage erneut geöffnet werden.
Bis Ende März werden die Rohre ausgehoben und in der vorgesehenen Höhe neu verlegt. Im Bereich zwischen Kreuzung und Brandtstraße soll über ein vorhandenes Schachtbauwerk ein Sockel in den Kanal gegossen werden. Den Verzicht auf die komplette Neuverlegung lässt sich Hansewasser mit einer Kompensationszahlung im höheren sechsstelligen Bereich abkaufen. Zur finanziellen Dimension des Schadens wollte Kamü-Sprecher Römer keine Angaben machen. Nur so viel: „An diesem Bauprojekt werden wir nichts verdienen."
Bei den regelmäßigen Baubesprechungen in den zwei Jahren des Projektes habe es keinerlei Hinweise auf irgendwelche Unregelmäßigkeiten gegeben, berichtet Dammann. Schmüser betont, dass Hansewasser bereits seit vielen Jahren „hervorragend„ mit Kamü zusammenarbeite. „Wir konnten uns daher nicht erklären, wie es dazu kommen konnte.“ Seit 2016 hatten sich die Kanalbauer durch die 570 Meter lange Findorffstraße gegraben.
Die Arbeiten waren notwendig geworden, nachdem Hansewasser bereits im Jahr 2014 bei einer Routineüberprüfung in Höhe der Plantage einen klaffenden Scheitelriss in dem hundert Jahre alten Abwassersammler entdeckte, der unter der Straßendecke verläuft. Der neue Kanal soll diesen maroden Teil nicht ersetzen, sondern ergänzen. Denn in einem zweiten Bauabschnitt wird der alte Kanal durch ein sogenanntes Inliner-Verfahren ebenfalls noch erneuert. Die höhere Kapazität soll der Kanalisation helfen, künftige Starkregenereignisse besser abzufedern.
„Der Fehler ist sehr ärgerlich, nicht nur für Hansewasser, sondern für ganz Findorff", sagt die Findorffer Beiratssprecherin Gönül Bredehorst (SPD), zumal es bereits einen zeitlichen Verzug gegenüber dem ursprünglichen Zeitplan gegeben habe. „Da es aber keine Alternative gibt, müssen wir wohl oder übel die erneute Verzögerung hinnehmen.“
Für den Stadtteil, der schon zwei Jahre mit den Belastungen der Großbaustelle lebe, sei die erneute Verzögerung „äußerst unglücklich", findet auch Grünen-Beiratsmitglied Ulf Jacob, stellvertretender Sprecher des Findorffer Bauausschusses und Sprecher der Initiative „Leben in Findorff". „Wir hätten uns alle gewünscht, dass es schneller geht. Damit so etwas nicht wieder passiert, muss die Qualitätskontrolle dringend verbessert werden." Deutlicher fielen die Kommentare auf der Internetseite der Initiative aus: Statt vorweihnachtlicher Milde war in einem Sturm der Entrüstung von „Pfusch“, „Murks" und „Unfähigkeit“ die Rede. Die Beiratsvertreter kündigen an, dass Hansewasser zum nächstmöglichen Termin eingeladen werde, um die Findorffer ausführlich über den aktuellen Stand in Kenntnis zu setzen.
In den beiden Vorjahren hätten die Findorffer ihre lästige Dauerbaustelle mit bewundernswerter Gelassenheit ertragen, berichtet Projektleiter Rainer Dammann. “Wir hatten eigentlich kaum Beschwerden.” Das wünscht sich Hansewasser-Sprecher Ladeur auch für die nächsten drei Monate. Er rät, in größeren Dimensionen zu denken. “Danach ist an der Findorffstraße für mindestens 80 Jahre Ruhe. Und irgendwann wird man sich diese Geschichte als Anekdote erzählen.”
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