
In dem Artikel wurde die Geschäftsführerin des Landesverbandes der Gartenfreunde Bremen, Birgit Drechsler, zitiert: Man stimme grundsätzlich durchaus mit der SPD überein. An der Kleingärtner-Basis sorgen Drechslers Äußerungen für eine bunte Gefühlspalette von Bestürzung bis Empörung. So kritisieren im Internet einzelne Stimmen den „völlig einfallslosen Bauwahn einiger SPD-Betonköpfe und die damit verbundene rücksichtslose Vernichtung ökologischer Flächen, die eine wesentliche Qualität von Bremen sind“. Andere Parzellisten bezweifeln, dass der Landesverband ihre Interessen überhaupt noch angemessen vertritt.
„Was ist das für eine Lobby, wenn der Landesverband einfach so einknickt, ohne dass die betroffenen Vereine erst einmal gehört werden? Da fühlt man sich nicht gesehen und repräsentiert“, sagt etwa Carsten Siemering vom Waller Verein „Union“ am Hohweg und verweist auf die vom Bremer „Bündnis für Wohnen“ unter der Leitung von Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) aufgelistete Bauflächenreserve im Volumen von 27 000 Wohneinheiten: „Ich würde erst mal erwarten, dass die bebaut werden und dass die Politik gegen Leerstände angeht“, sagt er.
„Wir fühlen uns vom Landesverband im Regen stehen gelassen“, sagt auch Rike Fischer, die beim Findorffer Verein „Eiche“ einen Garten bewirtschaftet. Dort hat man für brachliegende Grundstücke kreative Lösungen gefunden, erzählt der Vereinsvorsitzende Heinrich Schwecke. So wurde zum Beispiel ein Lerngarten für Kita-Kinder hergerichtet, ein Spielplatz oder auch ein Tafelobstgarten in Zusammenarbeit mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Niemand hier will, dass Bremens grüne Oase zerstört wird. Heinrich Schwecke hat sogar bereits von einem Verein gehört, der aus dem Landesverband ausgetreten ist. Kassiererin Brigitte Groß hält es für möglich, dass wie schon in Hamburg auch in Bremen eines Tages besondere Sahnestücke als Bauland herausgepickt und gewachsene Kleingartengebiete zerstört werden könnten: „Dann kommen hier bei uns Weidedamm IV und V.“ „Wenn man zum Beispiel erst mal bei Union anfängt, dort für noch mehr Gewerbegebiet Flächen abzuknabbern, und von dort kein Widerstand kommt, dann geht es unter Umständen eines Tages auch mal an den Stadtwerder“, befürchtet auch Carsten Siemering.
„Wir haben signalisiert, dass wir uns vorstellen können, dass Teile bebaut werden könnten – dazu bedarf es aber der Klärung“, sagt allerdings Fritz Sudmann vom Union-Vorstand. Am 20. August werde es ein Treffen mit Bürgermeister Carsten Sieling geben. Zu klären wäre Sudmann zufolge, wie und zu welchen Bedingungen gebaut würde und welche Ausgleichsmaßnahmen es dafür geben könnte. Problematisch sei unter anderem, dass Grundstücke im Besitz unterschiedlicher Eigentümer und auch nicht alle Gärten verkehrstechnisch erschlossen seien und Strom- und Wasserversorgung hätten. „Wir versuchen seit Monaten und Jahren, darüber ins Gespräch zu kommen, und sind stinkig über die Art und Weise, wie das Thema jetzt kommuniziert wurde: über die Zeitung“, sagt Sudmann aber auch. Denn schon vor fünf Jahren habe die Idee einer Wohnbebauung aufgegebener Parzellen im Raum gestanden. Aber, so Sudmann: „Mit uns redet ja keiner.“
Ähnliche Töne sind aus Gröpelingen zu hören. „Was uns stört, ist der Alleingang“, sagt etwa Rolf Heide, Vorsitzender der Gartenfreunde „Am Mittelwischweg“: „Dass man vorher nicht eingebunden wurde und erst mal Panik verbreitet wurde. Alle denken jetzt: Wird bei uns auch gebaut? Man hätte im Vorfeld viele Ängste ausräumen können.“
Grundposition der Bremer Kleingärtner sei, dass man erst mal keinen Garten hergeben wolle, unterstreicht auch Heide, örtlich könne es aber vielleicht durchaus Verschiebungen geben. Gäbe ein Verein doch Flächen her, so könnte im Gegenzug Geld zurücklaufen, mit dem der Verein andere Gärten herrichten könnte. Dies müsse allerdings frühzeitig passieren, so Heide: „Damit nicht ein Investor wieder abspringt und die Vereine dann die Pappnasen aufhaben.“ Dass ihre Vereine überhaupt betroffen sein könnten, glauben die Kleingärtner am Mittelwischweg aber eher nicht, so Heide: „Das ist hier ein Flickenteppich und es gibt in vielen Gebieten keine Infrastruktur und Anbindung. Insofern können wir uns das schlecht vorstellen.“
Problematisch findet Heide vor allem den Umgang mit leer stehenden Kaisenhäusern: „Da blickt gerade keiner mehr durch“, sagt er. Denn zum Thema Abrissverfügungen gebe es seit einiger Zeit von der Stadt keine Antwort, sodass Häuser und Gärten nicht weiter vermittelt werden könnten und verfielen. Zwar habe er für einen Garten auf Anhieb 60 Bewerber – aber: „Für kleines Geld! Die springen alle ab, wenn sie den Abriss bezahlen müssen. Es wäre schön, wenn die Politik da mal Klarheit reinbringen würde.“
Widerstand regt sich auch noch von anderer Seite: Die Grünen hatten schon Mitte Mai ablehnend auf den SPD-Vorschlag reagiert. Nun haben sich speziell die Waller Grünen in der Angelegenheit zu Wort gemeldet. „Soll nun der Beschluss der Bürgerschaft, dass dieses Gebiet ein dauerhaftes Kleingartengebiet ist, aufgehoben werden?“, fragen sie in einer Pressemitteilung und stellen klar: „Da schon vor etlichen Jahren ein Teil zu Gewerbegebiet wurde, sollte seinerzeit auf Dauer sichergestellt werden, dass die Feldmark die grüne Lunge des dicht bebauten Stadtteils Walle bleibt. Noch weiter gehend: Sie sollte zum Naherholungsgebiet aufgewertet werden.“
Schon lange laufen die Arbeiten an dem Projekt „Eine grüne Oase für Walle und Gröpelingen“, das Umweltsenator Joachim Lohse (Grüne) im September in einer Broschüre vorgestellt hatte. Die Aufwertung zum Naherholungsgebiet komme jedoch nicht voran, weil unter anderem die Mittel für den Abriss brachliegender Kaisenhäuser nicht ausreichend und zuletzt sogar gestrichen worden seien, kritisiert die Waller Grüne Cecilie Eckler-von Gleich: „Somit eroberten sich die Dornen so manches Grundstück und die Vermüllung nahm zu.“ Dies wiederum führe am Ende zu einer Art Self-Fulfilling-Prophecy: „Denn nun sollen die Leerstände als Argument für den Angriff auf das Parzellengebiet herhalten.“
Ob Bahnhof, Marktplatz, Weserstadion oder Schlachte: Das Bremer Stadtbild hat sich im Laufe der Zeit erheblich verändert. Wir berichten über vergessene Bauten, alte Geschichten und historische Ereignisse.
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