
Nachdem Anfang Mai bekannt wurde, dass das Westbad-Fundament komplett erneuert werden muss, ist im Bremer Westen die Diskussion um den geplanten Neubau wieder aufgeflammt. Das Schwimmbad brauche deutlich mehr Wasserflächen und mehr Aufenthaltsqualität, betonen etwa die Vorstände von Gesundheitstreffpunkt West (GTP) und Turn- und Rasenverband (Tura). Die geplanten Becken reichen aus, alles eine Frage der Organisation, ist hingegen Martina Baden, Geschäftsführerin der Bremer Bäder, überzeugt.
Dementsprechend werde auch bei der nun anstehenden kompletten Neuplanung weitestgehend am Bäderkonzept festgehalten, stellte Baden am Mittwoch im Fachausschuss „Kinder, Bildung und Sport“ des Gröpelinger Beirats klar: „Wir fangen nicht bei Null an und wissen um die Bevölkerungszuwächse im Bremer Westen. Und wir haben auch das Schulschwimmen im Blick. Wir setzen also auf dem auf, was wir haben und müssen nur umstrukturieren. Ich gehe davon aus, dass der neue Plan nicht wesentlich anders aussehen wird als der alte.“ Einzige Ausnahme: Das Lehrschwimmbecken, für das nun möglicherweise doch 100 – statt bisher 75 – Quadratmeter veranschlagt würden. Auch über den Einbau von Hubböden werde noch einmal nachgedacht.
Diese Planung passe nicht zu den jüngsten politischen Beschlüssen, wonach mehr Bremer und Bremerinnen schwimmen können sollten, kritisieren daraufhin GTP und Tura. Sie verweisen darauf, dass gerade in Gröpelingen besonders viele Menschen nicht schwimmen könnten. Deshalb müsse das Bad dringend vergrößert werden, um langfristig Kitas, Schulen, Vereinen, Rheuma-Liga, privaten Schwimmbadbesuchern und Familien etwas bieten zu können.
Unter anderem bezweifeln die Gegner der aktuellen Planung, dass der bislang geplante Neubau ausreiche, um den Schülern im Bremer Westen ausreichend Schulschwimmen anbieten zu können. Verbindlichen Schwimmunterricht gibt es aktuell ausschließlich für die dritten Klassen. Schwimmen ist nach Ansicht der Neubau-Gegner aber nicht zuletzt angesichts der sanierungsbedürftigen Turnhallen auch für andere Jahrgänge besonders wichtig. Obwohl zum Beispiel Sportunterricht Bestandteil der Stundentafel sei, gebe es diesen im Berufsschulbereich mangels geeigneter Sportstätten schon jetzt nicht, schilderte Börje Horn, Leiter des Schulzentrums Am Rübekamp: „Alleine in meinem Bereich betrifft das 800 Schüler.“
Bis zum Jahr 2025 würde ein Anstieg der Schüler um 20 Prozent erwartet, mahnt außerdem Pierre Hansen vom Zentralelternbeirat: „Also brauche ich diese 20 Prozent mehr doch auch bei den Wasserflächen.“
Eine Sichtweise, die Landesschwimmverband-Präsident Stephan Oldag nicht teilt, der stellvertretend für die Schwimmvereine in die bisherige Planung mit eingebunden war. „In Klasse drei sollten die Kinder schon schwimmen können“, unterstreicht er und betont: „Die Kinder müssen früher ins Becken.“ Zum Beispiel über die Schwimmvereine, nach deren Erfahrungen Beckengrößen von 75 bis 100 Quadratmetern durchaus ausreichten. Darin könnten jeweils drei bis vier Übungsleiter mit bis zu 15 Kindern gut arbeiten.
Eine schöne Theorie, die allerdings mit der Realität in Gröpelingen nichts zu tun hat, sagt Bildungsausschusssprecher Martin Reinekehr (SPD): „Nur wenige Eltern hier bringen ihre Kinder früh in die Vereine. Der Großteil der Kinder ist der, der in Klasse drei schwimmen lernt. Und: Wo soll ich denn mit meinen Kindern hin, wenn das Lehrschwimmbecken – als dann einziges Nichtschwimmerbecken – besetzt ist?“ Zumal beim Schulschwimmen eine gesamte Klasse von zwei Personen beaufsichtigt werden müsse.
Auch anderen Nutzergruppen werde die bisherige Neubauplanung nicht gerecht, meldete sich Astrid Touray von der Integrationsabteilung beim Landessportbund zu Wort. Der Stadtteil müsse sich in der Planung wiederfinden, gab sie zu bedenken. Das schließe unter anderem auch Menschen mit Fluterfahrung ein, die nicht schwimmen könnten: „Wir arbeiten seit vier Jahren daran, diesen Menschen Schwimmen beizubringen.“ In Sachen Westbad-Planung habe bislang aber leider noch niemand mit ihrer Abteilung gesprochen – dabei gebe es noch nicht einmal einen abgetrennten Bereich für Mädchen und Frauen, die im Wasser nicht beobachtet werden wollten. Selbiges gelte übrigens für Menschen mit mehr Gewicht: „Wir sehen diese Menschen jeden Tag im Stadtteil. Aber ich finde sie in der Planung nicht wieder.“
Die Kritiker der bisherigen Planungen bestärkt dies umso mehr, sie fordern einen unverzüglichen Neustart der Planungen unter Beteiligung der verschiedenen Nutzergruppen. „Wir kriegen immer wieder mit, dass Praktiker nicht an der Planung beteiligt werden. Da kann man auch nichts schönreden oder hinrechnen“, sagt dazu Rainer Possitt vom Gesundheitstreffpunkt West (GTP). Die Wassergymnastik-Gruppen beim Turn- und Rasenverband (Tura) seien seit Jahren voll und Gruppen aus dem geschlossenen Goosebad nicht etwa ins Westbad umgezogen, sondern gänzlich von der Bildfläche verschwunden, kritisiert Tura-Vizepräsident Gerd Schweizer. „Wir planen doch jetzt ein neues Bad. Da muss man doch in der Lage sein, die Bedarfe zu ermitteln“, sagt er. Tatsächlich sei aber nie ermittelt worden, was konkret benötigt werde. Das Bäderkonzept sei deshalb seiner Ansicht nach Makulatur – auch, weil dessen Vorgaben beim Horner Bad nicht eingehalten würden. Dort waren die ursprünglich vorgesehenen Mittel erhöht worden. Insgesamt fällt Schweizer Urteil zum geplanten Westbad-Neubau vernichtend aus: „Da gibt es kein Angebot mehr, das Eltern und Kindern Spaß macht. Da fehlt mir die Gesamtkonzeption, weil man sich an einem gedeckelten Betrag orientiert. Dabei gibt es einen Deputationsbeschluss, wonach das Westbad Integrationsbad, Freizeitbad und noch vieles mehr sein soll. Das kommt doch hier alles nicht mehr vor.“
Voraussichtlich Anfang nächsten Jahres will Martina Baden in einer gemeinsamen Sitzung den West-Beiräten die überarbeitete Planung vorstellen. Eine Bürgerbeteiligung wird es ihr zufolge nicht geben: „Wir werden nicht mit einzelnen Nutzergruppen sprechen können, das ist für uns nicht leistbar.“ Über die Verbände könnten aber Anregungen an sie herangetragen werden.
Was das Ganze nicht besser macht: Das Westbad ist Baden zufolge akut von Ausfall bedroht, weshalb sich die Planer so schnell wie möglich auf den Weg zum Neubau begeben wollen.
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