
Auch im Bremer Westen ist seit einiger Zeit Nachbarschaftshilfe auf unkomplizierte, anonyme und vor allem kontaktlose Art möglich: Im Grünzug West beim Rondell hinter dem Rewe Markt an der Gröpelinger Heerstraße gibt es schon etwas länger einen nachbarschaftlich organisierten Spendenzaun und in Walle ist gerade am Eingang zur Waller Mitte an der Vegesacker Straße ein weiterer Spendenzaun frisch hinzugekommen.
An diesen beiden Orten können nun also jederzeit Tüten mit Lebensmitteln, Getränken und Hygieneartikeln aufgehängt oder abgenommen werden. Die Spenden sind für Menschen mit geringem Einkommen oder ohne Wohnung gedacht, die es aktuell besonders schwer haben. Denn mit der Corona-Pandemie sind auch die Möglichkeiten, sich mit Spenden, Zeitschriftenverkauf oder Pfandflaschensammeln über Wasser zu halten, stark eingeschränkt worden. Außerdem mussten viele soziale Einrichtungen vorübergehend geschlossen werden.
Gut geeignet als Sachspenden sind neben Lebensmitteln – etwa Konservendosen, Suppen, Kekse, kleine PET-Getränkeflaschen, Terrinen, eingeschweißte Backwaren oder Müsliriegel – verschlossene und unbenutzt Hygieneartikel, Bekleidung oder Tiernahrung. Die Spenden können in beschrifteten Plastiktüten, Papiertüten oder Stofftaschen an den Spendenzäunen befestigt werden.
Während am Sielwall im Viertel, am Bahnhofsvorplatz vor dem Überseemuseum, an der Bürgerweide in der Nähe des Zeltes für die Suppenengel und in der Neustadt beim Lucie-Flechtmann-Platz Gabenzäune eingerichtet wurden, ist über eine Chatgruppe bei Telegram vor einigen Wochen auch im Bremer Westen der Stein ins Rollen gekommen. „Jemand, der von einem Gabenzaun in Hamburg gehört hatte, schlug vor, dass wir sowas hier auch machen könnten“, erzählt Mit-Initiator Jatinder Singh. „Es hat dann aber nicht wirklich jemand weiterverfolgt.“ So habe er schließlich selbst die Initiative ergriffen: „Ich dachte mir, die Leute haben bestimmt Lust zu helfen – sie wissen bloß nicht, wo sie anfangen sollen.“
Deshalb gründete der Gröpelinger eine eigene Chatgruppe und startete einen Aufruf: „Wer Lust hat, kann sich melden. Ich bereite alles vor, damit wir loslegen können.“ Fünf bis zehn Leute antworteten ihm; mittlerweile ist die Gruppe auf rund 20 Personen angewachsen. Sie räumen regelmäßig Müll weg und kontrollieren meist mehrmals täglich, dass die Spenden in Ordnung – also sauber und haltbar – sind. Der Bedarf sei groß, erzählt Helfer Martin Mauritz: „Die Tüten mit den Spenden sind schnell weg und teilweise warten schon Menschen auf neue Spenden. Deshalb braucht es in Gröpelingen und Walle mehr Spender.“
Ursprünglich wollte die Gröpelinger Gruppe einen Bauzaun gegenüber vom Lindenhof-Center zum Spendenzaun umfunktionieren, erzählt Singh: „Der lag schön zentral, und ein Mitarbeiter der Deutschen Bank hätte auch ein Auge drauf gehabt. Wir waren auch schon dabei, alles vorzubereiten – aber am nächsten Tag ist der Zaun dann abgebaut worden.“ Daraufhin habe man sich für den Standort im Grünzug West entschieden: „Er ist gut erreichbar, und es gibt ganz in der Nähe einen Supermarkt.“ Am 7. April habe die Gruppe dort dann Plakate, einige Haken und die ersten Spendentüten aufgehängt, erzählt Singh: „So haben wir die Sache ins Wachsen gebracht.“
In Walle haben sich vier Anwohner zusammengeschlossen, die seit etwas mehr als zwei Wochen täglich Spendentüten an den Bauzaun beim Dedesdorfer Platz hängen und das Angebot pflegen. „Wir hatten die Idee schon länger und haben erstmal geguckt, wie entsprechende Angebote in der Stadt verteilt sind“, erzählt Mit-Initiatorin Andrea Wapsas. Sie hatte Menschen an der Straße stehen sehen, die um etwas baten. Im Fernsehen sei außerdem berichtet worden, dass viele Anlaufstellen dicht seien – darunter auch solche, wo Menschen duschen konnten: „Das hat mich berührt. Mir selbst geht es gut, und vielen anderen, die ich kenne, auch. Aber es gibt auch andere, denen es nicht so gut geht.“ Ein Gespräch mit jemandem vom Amt für Wohnungslose habe sie in ihrer Idee bestärkt, eine Station für Spenden einzurichten: „Auch dort wurde mir gesagt, dass die Lage für Menschen ohne Wohnung prekär geworden sei.“
Die zentral gelegene Waller Mitte schien Wapsas und ihren Mitstreitern ein idealer Ort für ihr Vorhaben zu sein: „Da laufen viele Leute lang, und es kommen auch viele Familien vorbei, die dort etwas hinhängen könnten.“ Zehn bis 20 Tüten werden der Wallerin zufolge täglich in Walle aufgehängt: „Und die sind dann auch alle weg.“
Offenbar nutzten auch schon andere Menschen das Angebot, um dort Spenden zu deponieren, hat sie beobachtet: „Als ich am Sonntag dort war, um aufzuräumen, kam ein junger Mann mit dem Auto vorbei, der dort einen Kasten mit Softdrinks hingestellt hat. Es muss sich also schon rumgesprochen haben, was wir hier machen. Toll wäre, wenn sich noch ein paar Leute finden, die bereit sind, mit drauf zu gucken und den Zaun zu pflegen.“
Die Organisatoren haben für Nutzer und Spender aufgeschrieben, was sie sich für den Umgang mit dem Angebot wünschen würden. Für die Nutzer gibt es außerdem einen „Wunschzettel“. „Wir hoffen, da kommt noch etwas mehr“, sagt Wapsas, „es wäre schön, wenn Leute da etwas draufschreiben würden, was sie wirklich brauchen.“ Wie man für die Übergabe zueinander finde, müsse man noch sehen.
Was ihr außerdem wichtig ist: „Wir wollten es nicht als Almosen deklarieren, obwohl Gabenzaun ein gängiger Ausdruck ist. Aber wir haben uns aus solidarischen Gründen heraus für das Wort Spendenzaun entschieden.“ Über die passende Begrifflichkeit könnte man lange diskutieren, weiß die Wallerin: „Aber ich möchte nicht mehr reden. Ich möchte einfach machen.“
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