
Hemelingen. Ein gedehntes "Moiiin", ein knappes "Moin" oder ein fröhliches "Moin, Moin" erregt im norddeutschen Raum kein Aufsehen, gilt fast schon als gebräuchlich. Dabei hat das Wort "Moin" gar nichts mit dem Morgen zu tun, wie Therese und Garrelt Garrels aus Hemelingen wissen. Im Plattdeutschen bedeute "moi" so viel wie "gut" oder "schön". Demnach ist "Moin" nichts weiter als eine Abkürzung für Guten Tag oder auch Guten Abend.
In Bayern sprechen die Leute bayrisch, in Leipzig wird sächsisch gesprochen und im Norden wird eben Platt geschnackt. Doch Platt sei nicht gleich Platt, betonen die Hemelinger, die die Plattdeutsche Sprache vorm Aussterben bewahren wollen. Vm Harz bis zur Küste und von den Niederlanden bis zur Oder im Osten "klönen de Lüüd up Platt" (unterhalten sich die Leute auf Platt). Die niederdeutsche Sprache hat je nach Region verschiedene Dialekte. Ein Bremer, der sauberes Bremer-Platt sprechen würde, könne ostfriesisches Platt meist nur schwer verstehen, ist sich Garrelt Garrels sicher, der aus Ostfriesland stammt.
Begriffe drücken Herzlichkeit aus
Wörter wie Schietbüdel (Kleinkind und Kosewort für Liebling), plietsch (pfiffig, clever) oder gediegen (eigenartig) sind in Bremen nur noch selten zu hören, beobachten die Eheleute. Und wenn die Großeltern auf Plattdeutsch sprechen, klingt es für viele Junghanseaten wie eine Sprache von einem fremden Stern. Oder wer weiß noch was "Piedelpoggen" sind? Des Rätsels Lösung: Kaulquappen.
Damit die plattdeutsche Sprache dennoch nicht in Vergessenheit gerät, haben Therese und Garrelt Garrels aus Hemelingen vor gut zehn Jahren beschlossen, sich für den Erhalt der plattdeutschen Sprache zu engagieren. Seither wird an jedem ersten Donnerstag im Monat im Bürgerhaus Hemelingen Platt geschnackt. Rund 15 Teilnehmer aus Oberneuland, Arbergen, Hemelingen, Sebaldsbrück und der Vahr treffen sich inzwischen regelmäßig zum "Plattdüütsch Dischkring", um gemeinsam zu klönen – up Platt. In der geselligen Runde, an der überwiegend Rentnerinnen und Rentner teilnehmen, sind nicht nur Gäste willkommen, die Platt beherrschen, sondern auch diejenigen, die den Dialekt nicht sprechen können. Hauptsache ist, sie können ein bisschen Plattdeutsch verstehen. "Das ist schon die halbe Miete", glaubt Agnes Taake aus Arbergen.
Erstaunlich, wie schnell und selbstverständlich die Rentnerrunde zwischen den beiden Sprachen hin und her springt. "Wo die Worte fehlen, rutsch’ ich schnell ins Hochdeutsche", bekennt Taake ganz offen. Als Kind habe die gebürtige Hemelingerin mit ihrer Mutter Platt gesprochen. Und sie erzählt, wie die Augen ihrer Mutter noch heute leuchten würden, wenn sie mit ihr in dem Dialekt spricht.
Auch Käthe Kück ist mit der Sprache groß geworden. Gemeinsam mit ihrem Mann Willi kommt sie regelmäßig zu den Treffen, wo sie über Gott und die Welt philosophieren. Ob von einem frech gewordenen Hund, der letzten Folge "Wer wird Millionär" oder der Aberkennung des Doktortitels der Ex-Bundesministerin für Bildung und Forschung Annette Schavan – alles, was der Runde in den Sinn kommt wird thematisiert.
Während der jüngsten Zusammenkunft wurde sogar über die Anschaffung eines E-Bike nachgedacht. Außerdem berichtete Therese Garrels von einem Salsa-Kursus, der ihr besonders viel Spaß gemacht hat und zeigt gleich einmal ein paar Schritte und Figuren, die vom Cocktail Cuba Libré handeln.
Zwischen den Gesprächen in großer Runde oder auch mal still und heimlich am Rande, liest Garrelt Garrels Sprüche und Gedichte in seiner Muttersprache vor, auch den letzten Streich von Max und Moritz. "Ich liebe Platt und gebe es gern weiter", sagt Käthe Kück. Für sie ist Plattdeutsch ein Teil der norddeutschen Identität, das auch ein Stückchen Heimat bedeutet. Ihr Mann Willi würde nur Platt mit ihr schnacken. Aber das könnten halt nicht alle Ehepartner. Daher sei es so schön, in dieser Runde endlich mal wieder ihre Muttersprache sprechen zu können oder sie zu erlernen, sind sich alle einig.
"Jedeen Dag een Mund vull Platt (Jeden Tag einen Mund voll mit Platt)", unterstreicht Garrelt Garrels.
Der "Plattdüütsch Dischkring" trifft sich immer am ersten Donnerstag im Monat um 19 Uhr im Bürgerhaus Hemelingen, Godehardstraße 4.
Auskünfte – auch zum gemeinsamen Ausflug mit Mittagessen am 4. April nach Borgfeld – erteilt das Ehepaar Garrels unter Telefon 453368.
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