Die vorläufige Dienstenthebung von Olaf Latzel, Pastor der St.-Martini-Gemeinde, sei eine überzogene Disziplinarmaßnahme, ohne Augenmaß und komme de facto einem Berufsverbot gleich, sagt die Arbeitsgemeinschaft missionarische Kirche (AmK) innerhalb der Bremischen Landeskirche. Und fordert den Kirchenausschuss in einem offenen Brief dazu auf, die Enthebung zurückzunehmen und Pastor Latzel „in einem angemessenen Rahmen“ seinen Dienst wieder aufnehmen zu lassen. „Nur so kann aus unserer Sicht weiterer Schaden von einer Kirche abgewendet werden.“ Deren Ziel dürfe nicht sein, „unliebsame Verkündiger aus ihren Reihen zu verbannen – auch nicht auf öffentlichen Druck hin“.
In der Arbeitsgemeinschaft sind sieben Bremer Gemeinden vertreten, darunter auch Pastor Olaf Latzel und die St. Martini-Gemeinde. Trotzdem begleite man die öffentlichen Äußerungen Latzels schon seit Jahren kritisch, betont Pastor Andreas Schröder, Sprecher der AmK. Schon im Mai vergangenen Jahres habe man sich öffentlich von der „diffamierenden und verletzenden Form der Äußerungen gegenüber homosexuellen Menschen“ distanziert, für die Latzel letztlich vom Amtsgericht wegen Volksverhetzung verurteilt wurde.
Zugleich erwarte die AmK aber auch von der Kirchenleitung einen respektvollen Umgang mit einem Pfarrer ihrer Kirche, auch wenn er sich etwas hat zuschulden kommen lassen. „Dies erleben wir in der Causa Olaf Latzel nicht in der angemessenen nötigen Weise.“ Deshalb der von acht Pastoren unterzeichnete offene Brief.
„Fürsorgepflicht des Dienstherren“
Die Freiheit, die Worte der Bibel auch heute zu verkünden und zu lehren, dürfe nicht eingeschränkt werden, heißt es darin. „Das betrifft auch Meinungen und Äußerungen von Pastorinnen und Pastoren, die ethisch und moralisch theologisch-konservative Positionen vertreten, die nicht dem gesellschaftlichen Mainstream entsprechen, solange sie nicht in diffamierende und beleidigender Weise getätigt sind.“ Pastor Olaf Latzel habe sich öffentlich für die Verletzungen entschuldigt, die seine Äußerungen bei homosexuellen Menschen ausgelöst haben. Und er habe gegenüber der Kirchenleitung signalisiert, „eine angemessene Disziplinarstrafe, wie zum Beispiel einen Verweis oder ein Bußgeld, zu akzeptieren“.
Trotzdem wurde er vorläufig seines Dienstes enthoben. Und dies, obwohl das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Für Latzel bedeute dies ein Berufsverbot. Für seine Gemeinde, dass man ihr auf unbestimmte Zeit den gewählten Pastor weggenommen hat, dessen Stelle während des offenen Verfahrens auch nicht neu besetzt werden könne. Auch wenn die Entscheidung des Kirchenausschusses disziplinarrechtlich zulässig sei, sei sie doch unverhältnismäßig und gefährde den „Frieden in unserer theologisch pluralistischen Kirche“.
Das Anliegen der Kirchenleitung, dass kein Pastor in der Landeskirche Volksverhetzung betreiben darf, kann die AmK nach eigenem Bekunden nachvollziehen. Zieht daraus aber den Schluss, dass der Kirchenausschuss sich für die Überprüfung des Urteils im Berufungsverfahren einsetzen müsse. „Das entspräche der Fürsorgeverpflichtung des Dienstherrn gegenüber dem Pastor.“
Stattdessen lege das Verhalten des Kirchenausschusses eine Vorverurteilung Latzels nahe, und dass die Kirchenleitung von Beginn an Partei gegen ihn ergriffen habe. Der Kirchenausschuss oder zumindest bestimmte Verantwortliche hätten den Eindruck vermittelt, dass Latzel grundsätzlich nicht mehr in der Landeskirche haltbar sei. „Gegen diese Art von Umgang mit einem ihrer Pastoren wenden wir uns“, begründet Andreas Schröder den offenen Brief.
Der Kirchenausschuss äußerte sich hierzu am Mittwoch auf Anfrage des WESER-KURIER nicht, kündigte aber eine Stellungnahme zu einem späteren Zeitpunkt an.
Evangelikale Gemeinden
Nach eigenem Verständnis ist die Arbeitsgemeinschaft missionarische Kirche (AmK) „ein notwendig gewordener Zusammenschluss von Einzelpersonen und Kirchengemeinden“ innerhalb der Landeskirche. Gemeinden, die „dem Bekenntnis der Kirche und dem Worte Gottes treu geblieben sind“, seien in der Landeskirche eine Minderheit, deren Anliegen wenig Beachtung und Unterstützung fänden. Der AmK gehören sieben evangelikale Gemeinden an: St. Martini, St. Markus, St. Matthäus, Epiphanias, St. Johannes-Sodenmatt, die Abraham- und die Hohentorsgemeinde.