Nostalgie oder Neufindung – es ist nicht ganz ausgemacht, was die Künstler der Gruppe Grün umtreibt. So oder so stellen sie sich jetzt mal wieder geschlossen der Öffentlichkeit, ab heute bis November mit einer Ausstellungsreihe im Haus am Wasser. Den Anfang macht als Gast Ulla Deetz aus Vegesack. Wir haben ihre Ausstellung vorab besucht und dabei mit Peter K. F. Krüger und Thomas Recker gesprochen.
Gruppe Grün will’s noch einmal wissen und geht im Haus am Wasser an der Vegesacker Weserpromenade mit einer Kettenausstellung an den Start. Seit über 40 Jahren gibt es diese Künstlergilde, die lange Jahre eine eigene Galerie im Fedelhören betrieben hat. Anfang 2006 schloss diese aber ihre Pforten und seither gab es in Bremen nur noch sporadisch gemeinschaftliche Auftritte, wie zum Beispiel im Haus am Wasser, wo Thomas Recker sein Atelier hat. Der Ausstellungsraum nebenan ist zu klein für eine Gruppenausstellung, deshalb beginnt jetzt eine Reihe von Einzelausstellungen.
Ist das ein „Hallo! Wir sind wieder da“, eine Wiederbelebung? Peter K. F. Krüger, Urgestein der Gruppe Grün, winkt ab. „Ich denke“, überlegt er kurz, „das hier entspringt einem nostalgischen Gefühl“. Schließlich habe man über dreißig Jahre das volle Programm durchgezogen: acht bis neun Ausstellungen im Jahr. „Aber das geht heute nicht mehr, zumal die meisten Mitglieder der Gruppe ihr Domizil nicht mehr in Bremen haben. Die sind alle verstreut.“
Das Haus am Wasser werde aber in Zukunft der neue Standort sein, wirft Thomas Recker ein, zumindest als Kontaktadresse. Recker ist zusammen mit Gruppe-Grün-Mitglied Helmut Streich Hausherr hier an der Weser. Die Gruppe wolle sich in Erinnerung bringen, auch wenn sich die Lebenswege der Freunde geändert hätten. Auch an einen gemeinsamen Internetauftritt wird jetzt gedacht. Peter K.F. Krüger: „Es ist ein gewaltiges Ding, diese achtstufige Ausstellung“, und schaut dabei auf Ulla Deetz, die als Gast mit dabei ist, „es ist sehr anstrengend, sehr aufwendig . . .“.
Richtig festlegen wollen sich die Künstler aber nicht. Krüger seufzt, dass all die Verbindungen von damals heute halt fehlen. Und Recker fehlt die Aufbruchstimmung von damals. Überhaupt: „Der Kunstbetrieb heute, das ist wie eine Schallplatte mit Sprung – immer dasselbe.“ Immerhin, wenn auch zögerlich, erklärt sich Krüger dazu bereit, von einem Test zu sprechen, ob die Gruppe noch lebt: „Wir werden sicherlich in irgendeiner Form immer mal wieder in der Öffentlichkeit auftreten.“
Geschichten auf dem Rollo
Ulla Deetz aus Vegesack bestreitet den Anfang mit ihrer Ausstellung „Die Taube wippt . . .“, mit dem Zusatz: „Und andere Geschichten“. Ein einmaliger Gastauftritt bei Gruppe Grün? Oder mehr? Nein, winkt Ulla Deetz ab, sie habe keine Ambitionen, Gruppenmitglied zu werden. „Wir waren im Gespräch, ja, aber die sollen so bleiben was und wie sie sind.“ Auch sie sehe, dass sich die Gruppe neu definiere, vielleicht wieder neu finde.
Zu ihrer Mitwirkung sei es rein zufällig gekommen. Ein früher schon vereinbarter Termin für eine Einzelausstellung im Haus am Wasser habe letztendlich mit dem der Kettenausstellung kollidiert. Also habe man sie als eine Art Vorspann hinzugenommen.
Die wippende Taube und andere Geschichten. Dabei steht hinter Deetz’ Ausstellung selbst schon eine andere Geschichte. Sie hatte vor zwei Jahren am „Palast der Produktionen“ auf dem ehemaligen BWK-Gelände teilgenommen. Und zum Ende des Projekts sind ihr beim Abbau alte Raffrollos in die Hände gefallen. „Und diese Fetzen haben was mit mir gemacht.“ Die Fenstervorhänge waren für sie quasi Zeitzeugen, deren Struktur als Folge von Verfärbung, mit Rissen und Knicken, sie aufgegriffen und als Geschichte begriffen hat. „Ich habe mit Tinte nur noch das verstärkt, was schon drin gewesen ist.“
Sie habe sich dabei fast wie auf einer kindlichen Ebene gefunden. Und so wie man gemeinhin in allen Wolken Gesichter sieht, so mag sie denn auch in den Rollos Geschichten gesehen haben. Zwanzig von diesen Geschichten sind davon in der Ausstellung zu sehen. Im Format 15 mal 10. Doch welche Geschichten stecken dahinter. „Das“, sagt Ulla Deetz, „sind Geschichten, die sich selbst erzählen. Und jeder ist aufgefordert, seine eigene Geschichte daraus zu machen“. Man solle mit ins Bild gezogen werden, seine eigene Fantasie walten lassen.
Es gibt noch sieben weitere Bilder zu sehen. In verschiedenen Formaten, verschieden bearbeitet, bis auf eines alle auf Rollo-stoff. Die Ausnahme: Die Taube, die wippt – er ist das Ergebnis einer meditativen Betrachtung einer Taube, die auf einem Zweig sitzt, der sich im Wind wiegt.
◼ „Gruppe Grün 2014“ im Haus am Wasser, Vegesacker Weserpromenade 2: Die einzelnen Ausstellungen beginnen jeweils am Sonnabend – die Eröffnung ist um
18 Uhr – und sind bis zum darauffolgenden Mittwoch zu sehen. Öffnungszeiten sind sonntags von 14 bis 18 Uhr sowie montags bis mittwochs von 15 bis 18 Uhr. Besuche außerhalb der Öffnungszeiten sind nach Vereinbarung unter der Telefonnummer 04 21 / 65 30 906 möglich.
◼ Die Ausstellungen im einzelnen: Ulla Deetz „Die Taube wippt“, 20. September; Peter K. F. Krüger „Anaglyphen-Frühstück“, 27. September; Thomas Recker „Alles ist möglich“, 4. Oktober; Sabine Straßburger „Stücke“, 11. Oktober; Peter-Jörg Splettstößer „Nordlicht“ – Zeichnungen, 18. Oktober; Helmut Streich „Sternbilder“, 25. Oktober; Hermann Stutzmann „Licht – Echt“, 1. November; und Otto Völker „Raster und Geste“ , 9. November.