Rechnungshof sieht großes Sparpotenzial Teure Aufsicht in Bremer Kasinos

Der Rechnungshof sieht erhebliches Einsparpotenzial bei der Aufsicht der Spielbanken. Schon 2013 hat er die Finanzbehörde aufgefordert, die Zahl ihrer Mitarbeiter in den Kasinos zu verringern.
03.02.2015, 00:00 Uhr
Lesedauer: 4 Min
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Teure Aufsicht in Bremer Kasinos
Von Christian Weth

Der Rechnungshof sieht erhebliches Einsparpotenzial bei der Aufsicht der Spielbanken. Vor mehr als einem Jahr hat er die Finanzbehörde aufgefordert, die Zahl ihrer Mitarbeiter in den Kasinos zu verringern und damit die Kosten: Rund 1,2 Millionen Euro jährlich für 20 Beamte sind dem Rechnungshof zu viel. Es ist ein Fall von vielen, der deutlich macht, dass es dauern kann, bis Politiker und Behörden auf Vorschläge reagieren. Wenn sie die denn aufgreifen wollen.

Auf den Monat genau kann es Bettina Sokol nicht mehr sagen. Irgendwann im letzten Quartal müsse es gewesen sein. Aber beim Jahr ist sie sich sicher. „2013, hundertprozentig.“ So lange sei es es her, dass der Rechnungshof zum ersten Mal das Thema bei der Finanzbehörde angesprochen habe: Sie gebe zu viel Geld für zu viel Personal bei der Aufsicht der Spielbanken aus. Davon ist Sokol, Präsidentin des Rechnungshofs, auch heute noch überzeugt.

Warum sie es nach wie vor ist, hat einen simplen Grund: Der Personalstand und die -kosten sind so hoch wie damals. Die Behörde hat zwar von Anfang an signalisiert, das Konzept für die Aufsicht der Spielbanken zu überarbeiten, aber noch keines vorgelegt. Ersteres ist nachzulesen im Rechnungshofbericht des Vorjahres. Letzteres bestätigt die Behörde selbst. Allerdings nennt deren Sprecherin Dagmar Bleiker jetzt einen Termin, wann der umgestaltete Personalplan vorgestellt werden soll: „Mitte dieses Monats im Haushalts- und Finanzausschuss.“ Warum es mehr als ein Jahr gedauert hat, begründet die Behörde damit, dass Grundlegendes wie das Ausscheiden von Mitarbeitern habe bedacht werden müssen.

Wie der neue Plan im Detail aussieht, kann Bleiker nicht sagen, ohne dem Finanzausschuss vorzugreifen. Wie der bisherige ausschaut, kann dagegen Rechnungshofpräsidentin Sokol sagen, ohne einen Blick in die Akten zu werfen. 20 Personen – 13 in Bremen, sieben in Bremerhaven – wachen im Auftrag der Finanzbehörde darüber, dass kein Cent dem Fiskus entgeht und alles mit rechten Dingen zugeht: auf dem Roulettetisch, beim Leeren der Spielautomaten, bei der Auszahlung der Gewinne. 1,2 Millionen Euro kostet das Aufsichtspersonal jährlich.

Es ist einer von mehreren Millionenbeträgen, den der Rechnungshof infrage stellt und dabei auf Antworten hofft: Nicht nur von Behörden, die aus Sicht der Kontrolleure mehr Geld ausgeben als notwendig, sondern auch von Politikern, die sich mit den Forderungen der Kontrolleure auseinandersetzen. Dafür gibt es ein eigenes Gremium, den Rechnungsprüfungsausschuss. Dort sitzen Abgeordnete der Bürgerschaft, die entscheiden, ob der Kritik des Rechnungshofes gefolgt wird oder nicht.

Das Thema Spielbankaufsicht ist an die CDU-Parlamentarierin Gabriela Piontkowski vergeben worden. Dass es noch kein einziges Mal im Ausschuss zur Sprache gekommen ist, erklärt sich für die Abgeordnete ganz einfach: Wenn die Behörde ankündige, ein Konzept vorzulegen, müsse abgewartet werden, bis es eines gebe. Erst dann könne schließlich darüber beraten werden. Zwei Gespräche hat Piontkowski nach eigenen Angaben in dieser Angelegenheit bisher geführt: „Einmal mit dem Rechnungshof, ein anderes Mal mit der Behörde.“

Den Einsatz der Politikerin will Präsidentin Sokol lieber nicht kommentieren. Klare Worte gibt es von ihr an anderer Stelle: Wenn es um die Notwendigkeit geht, bei der Aufsicht der Spielbanken etwas zu ändern. „Das große Spiel in den Kasinos ist längst vorbei, aber die Kosten für das Behördenpersonal sind gleich geblieben.“ Jede andere Zahl ist nach Prüfung des Rechnungshofs seit Langem rückläufig: die der Besucher genauso wie die Höhe der Erträge und – weil sie an ihr gekoppelt ist – auch der Betrag, den die Spielbank als Abgabe an die Stadt zahlt.

Um einen rentablen Betrieb der Kasinos überhaupt noch zu ermöglichen, ist die Abgabe immer wieder von der Finanzbehörde gesenkt worden. Und zwar von 80 Prozent (2012) auf 25 Prozent (2014). Oder anders formuliert: von 16,8 Millionen (2003) auf 2,8 Millionen Euro (2013). Aus Sicht des Rechnungshofs nähert sich die Summe immer mehr der Höhe der Ausgaben fürs Aufsichtspersonal an.

Der Rechnungshof fordert jedoch nicht nur weniger Behördenmitarbeiter in den Kasinos, weil es weniger Besucher und damit weniger zu tun gibt. Er verlangt auch, dass das Personal in Bremen nicht mehr so bezahlt wird wie bisher – nicht mehr nach Besoldungsgruppe A11 oder A12 (rund 3900 Euro brutto monatliche Grundversorgung beziehungsweise 4200 Euro). Sokol: „Diese Summe erscheint uns doch als zu hoch für diese Aufgabe.“ In anderen Bundesländern und in Bremerhaven werde das Personal nach A9 S bezahlt (ungefähr 3300 Euro). Wie die Behörde bestätigt, bekommen die Mitarbeiter sowohl in Bremen als auch in Bremerhaven zusätzlich Kleidergeld und einen Nachtzuschlag.

Auch wenn sie noch nicht weiß, wie das neue Personalkonzept für die Spielbanken aussieht, muss Sokol mit dem, was der Rechnungshof erreicht hat, zufrieden sein. „Unsere Forderung ist zumindest auf Einsicht gestoßen.“ Das geschehe längst nicht immer. Wie oft die Vorschläge zum Sparen und Geldeinnehmen – auch das Fehlen von Gebühren mahnt der Rechnungshof regelmäßig an – abgelehnt werden, kann Sokol nicht sagen. Sie kann aber Beispiele nennen, bei denen die Politik nicht so wollte wie die Haushaltswächter wollten: etwa beim Ausbau der Cherbourger Straße in Bremerhaven und beim Umbau des Klinikverbunds Gesundheit Nord. Beides hat der Rechnungshof für zu kostspielig und zu wenig gewinnbringend kritisiert.

Zuweilen warten die Kontrolleure nicht nur ein Jahr, sondern auch ein Jahrzehnt darauf, dass reagiert wird. Seit 2004 fordern sie eine Datenbank, die aufschlüsselt, welcher Verein jährlich mit einer Zuwendung Bremens bedacht wird. Jetzt, sagt Sokol, sei die Datenbank da, wenn auch noch nicht voll funktionstüchtig. Ob das vom Rechnungshof angemahnt wird, lässt Sokol offen. Sicher ist: In wenigen Monaten stellt sie den nächsten Bericht vor.

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