Schotten dicht, Covid-19 macht auch vor den Bremer Bädern nicht halt. Seit diesem Montag sind die acht Hallen- und Kombibäder des städtischen Trägers geschlossen. Geschäftsführerin Martina Baden wird ihre rund 270 Mitarbeiter dann teilweise an andere Fronten dirigieren, zum Beispiel zum Flottmachen der Freibäder, die im Frühsommer an den Start gehen sollen. Dass Baden Tatkraft besitzt und über das fachliche Rüstzeug verfügt, Deutschlands fünftgrößten Bäderbetrieb zu leiten, stellt im Grundsatz niemand infrage. Aber wie sie das tut, sorgt intern und außerhalb zunehmend für Unmut. Ihre Position ist allerdings ungefährdet. Badens Ende März auslaufender Vertrag steht vor einer Neuauflage.
Hohe Fluktuation in der Belegschaft
Das Betriebsklima in der Bremer Bäder GmbH ist schon seit einiger Zeit nicht das beste. Am deutlichsten zeigt sich das an der hohen Fluktuation in der Belegschaft. Nach Darstellung von Arbeitnehmervertretern hat in den vergangenen anderthalb Jahren rund ein Drittel der Beschäftigten den Kommunalbetrieb verlassen, vom einfachen Schwimmmeisterassistenten bis hinauf in den engeren Führungszirkel. Die Marketingleiterin, der langjährige Werkstattleiter, der Personalleiter und ein Standortleiter gingen innerhalb weniger Monate von Bord. „Diese ständigen Vakanzen sind eigentlich nicht mehr tragbar“, sagt ein Insider, der die zahlreichen Abgänge mit Badens Führungsstil in Verbindung bringt. „Wir erleben hier ständige Kontrolle, eine Kultur von Mikromanagement und Misstrauen. Es wird einem jeder Zettel zweimal umgedreht“, sagt der langjährige Bäder-Angestellte. Ihre Leute einfach mal machen zu lassen, der Kompetenz ihrer Mitarbeiter zu vertrauen, das komme für die Geschäftsführerin nicht infrage. Mit dieser Einstellung habe sie einen Teil der Belegschaft in die Resignation getrieben und Kündigungen provoziert.
Das ist keine Einzelmeinung. Ein früherer leitender Bäder-Mitarbeiter bestätigt, dass die häufigen Abgänge für Frust in der Belegschaft sorgen. Viele Kollegen bekämen zusätzliche Arbeit aufgehalst, was den Ärger noch verstärke. Die auf Kante genähte Personaldecke habe allerdings einen für Martina Baden positiven Effekt: „Die Zahlen stimmen“, so der Ex-Angestellte. Die Geschäftsführerin komme mit dem Geld hin, das die Stadt der Bäder-GmbH zur Verfügung stellt. Und das gebe letztlich den Ausschlag. Als Beispiel für Managementfehler nennen die Baden-Kritiker die Einführung eines neuen Kassensystems im Sommer 2019. Die Beschäftigten in den Einlassbereichen der Bäder seien damals nicht ausreichend geschult worden, das System laufe auch heute noch nicht wirklich rund. Anfangs habe rein gar nichts geklappt, „und die Kollegen an den Kassen haben dann den Ärger der Badegäste in geballter Form abgekriegt“, erinnert sich ein Verdi-Mitglied.
Kritik an der Bäder-Geschäftsführerin kommt darüber hinaus aus dem organisierten Schwimmsport, doch auch dort mag keiner namentlich in Erscheinung treten. Beklagt wird unter anderem die Zuteilung unattraktiver Trainingszeiten. „Die sind zum Teil unmöglich“, beschwert sich ein Trainer. In Ferienzeiten seien die Vereine aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen, die Miete der von ihnen genutzten Wasserflächen zu unterbrechen. „Wenn dann ein aufstrebender Leistungsschwimmer trainieren will, muss er an der Kasse normalen Eintritt zahlen. Darüber lachen sich die Leute in anderen deutschen Leistungsstützpunkten kaputt“, ätzt der Funktionär.
Martina Baden reagiert verwundert auf die Vorwürfe. Vonseiten des Landesschwimmverbandes sei solche Kritik noch nie an sie herangetragen worden. Sollte es einzelne unzufriedene Funktionäre geben, „dann wäre es sicher gut, wenn die sich an ihren Verband wenden würden“, erwidert die Bäder-Chefin. Und das schlechte Betriebsklima? Diese Wahrnehmung teilt Baden nicht. Sicher, auf die Beschäftigten seien in den vergangenen Jahren Veränderungen zugekommen. „Die Abläufe sind kurz und knackig“, die Mitarbeiter müssten teilweise „eine hohe Schlagzahl“ bewältigen. Dass deswegen der Haussegen schief hängt, sei jedoch unzutreffend. So falsch wie die Unterstellung, seit Herbst 2018 habe ein Drittel der Mitarbeiter den Bremer Bädern den Rücken gekehrt.
An diesem Punkt steht nun Aussage gegen Aussage. Während Martina Baden von „zehn bis zwölf Prozent innerhalb der vergangenen zwei Jahre“ spricht, bestätigt die Betriebsratsvorsitzende Martina Heße auf Anfrage des WESER-KURIER die Angaben aus der Arbeitnehmerschaft. „Das kommt hin, das lässt sich auch aus unseren Unterlagen nachvollziehen“, sagt Heße. Das Betriebsklima? „Nicht gut. Das ist Fakt.“
Allerdings behauptet auch Heße nicht, dass die Geschäftsführung der alleinige Quell des Frustes ist. Die Abwanderung von Fachkräften habe auch mit dem Gehaltsgefälle zu tun, das zwischen den Badstandorten im Großraum Bremen besteht. Noch jedenfalls. In einigen Freizeiteinrichtungen des Umlandes lässt sich deutlich besser verdienen als bei der Bremer Bäder GmbH. Das ändert sich wahrscheinlich zum 1. Mai. Dann tritt eine neue, inzwischen fast unterschriftsreife Tarifstaffel in Kraft, die den 270 Beschäftigten Gehaltsverbesserungen bringen soll. Laut Martina Baden stellt Bremen dafür rund eine Million Euro an jährlicher zusätzlicher Verteilungsmasse zur Verfügung. „Dann sind wir auf dem Arbeitsmarkt wieder wettbewerbsfähiger“, hofft die Geschäftsführerin.
Staatsrat hält sich bedeckt
Ihre Kritiker im Betrieb und im organisierten Schwimmsport werden voraussichtlich weiter mit ihr auskommen müssen. Sozialstaatsrat Jan Fries, der den Aufsichtsrat der Bäder-GmbH leitet, strebt dem Vernehmen nach eine Vertragsverlängerung mit Martina Baden an. Der alte Kontrakt mit Baden stammt aus dem Jahr 2012 und läuft Ende des Monats aus. Nach außen hält sich Fries bedeckt. Über seinen Sprecher lässt er mitteilen: „Die Bremer Bäder stehen derzeit vor einer Herkulesaufgabe. Unter engen finanziellen Rahmenbedingungen werden das Bäderkonzept und die umfassende Sanierung des Vegesacker Bades umgesetzt. Außerdem wird eine neue Tarifstruktur verhandelt.“ Dabei habe die Geschäftsführung „viele Fragen zu klären, und ich kann verstehen, dass der Prozess mit einer gewissen Unruhe im Betrieb verbunden ist“, so Fries. Am Ende gingen die Bremer Bäder gestärkt aus dem Wandel hervor.