Es sieht aus wie ein aufgeschlagenes Ei, und um im Bild zu bleiben, wird dem Ei gerade das Eigelb herausgesaugt. Tatsächlich ist es eine verputzte Kuppel aus Backsteinen, die auf der Baustelle vor dem Bahnhof bei Erdarbeiten aufgetaucht ist. Durch das Loch im Dach ist Wasser zu sehen, das jetzt abgepumpt wird.
Doch zu welchem Bau hat die Kuppel gehört? Und müssen nun möglicherweise die Bauvorbereitungen auf dem Bahnhofsvorplatz gestoppt werden, weil die Archäologen auf den Plan treten?
„Es sind Überreste des früheren Stadtbades“, erklärt Dieter Bischop vom Landesamt für Archäologie. Der Gründerzeit-Bau stamme aus dem Jahr 1877. „Zunächst war es eine Badeanstalt nur für Männer, zehn Jahre später wurde für die Frauen angebaut, das war damals ja streng getrennt.“
Das Gewölbe, mehr als sechs Meter tief im Boden gelegen, wird der Rest vom Kesselhaus der Badeanstalt sein, vermutet Bischop. So hat er es jedenfalls aus alten Plänen abgelesen.
Als für die Damen vor dem Bahnhof noch einmal gebuddelt wurde, um ein weiteres Schwimmbecken zu schaffen, sei ein Schatz gefunden worden: rund 1300 Silbermünzen und ein schlichter Silberring aus dem Anfang des 15. Jahrhunderts, die heute im Focke-Museum aufbewahrt werden. Nach Darstellung des Archäologen gehörte die Fläche, wo heute der Bahnhof steht, damals zur Bürgerweide. „Kann sein, dass einer der Viehhändler seine Einnahmen vergraben hat.“
Kaum jemand in Bremen weiß wohl noch, dass es vor dem Bahnhof mal eine Badeanstalt gab. Sie hat sogar den Krieg überdauert, erzählt Bischop. Mit Schäden zwar, aber schwimmen gehen konnten die Bremer dort trotzdem noch. Der Archäologe vermutet, dass die Becken irgendwann in den 50er- oder 60er-Jahren verfüllt wurden; über den Rest dann viel Erde drauf, sodass jetzt plötzlich eine Kuppel des Baus zutage treten konnte.
Archäologischen Wert hat der Fund nur bedingt, betont Bischop. Dafür seien die Mauerreste nicht alt genug. Es reiche, sie mit Fotos zu dokumentieren, und das sei bereits geschehen.
Wäre es anders, würden die Archäologen ihren Finger heben und wegen irgendwelcher bedeutsamer Artefakte die Bauarbeiten stoppen, um zu sichern, was zu sichern ist. Dann würde für die offenbar nie enden wollende Geschichte der Bebauung des Bahnhofsvorplatzes ein weiteres Kapitel aufgeschlagen. So aber können die Arbeiten wohl weiter vorangetrieben werden. Aus der Brache, die jahrelang zum großen Ärger der Stadt unberührt blieb, ist endlich eine Baustelle geworden.