Polizei Bremen und Bundeswehr proben ab Dienstag zwei Tage lang gemeinsam den Anti-Terror-Kampf – die Linke ruft zur Gegendemo auf.
In Bremen und fünf anderen Ländern üben Polizei und Bundeswehr ab Dienstag zwei Tage lang gemeinsam den Anti-Terror-Kampf. An der als „Getex“ (Gemeinsame Terrorismusabwehr-Exercise) bezeichneten Aktion nehmen auch Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, das Saarland und Schleswig Holstein teil.
Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) hatte nicht gezögert, als sich im vergangenen Jahr die Innenministerkonferenz auf eine gemeinsame Übung mit der Bundeswehr einigte. „Deutschland steht ganz klar im Fokus des Terrorismus„, sagt er. “Die Bedrohungslage wird seit Jahren als sehr ernst eingestuft, aber die abstrakte Gefährdung ist längst Realität geworden.„ So sei es im vergangenen Jahr in Deutschland zu fünf Attentaten mit einem islamistischen Hintergrund gekommen. 14 Menschen seien dabei getötet und Dutzende schwer verletzt worden. “Eine intensive Vorbereitung der Sicherheitsbehörden ist daher unerlässlich“, so Mäurer.
Aus diesem Grund wollen Polizei und Bundeswehr nun den Ernstfall proben. Das geplante Szenario: Terroranschläge etwa an einer Schule, einem Bahnhof und an einem Konsulat – und das gleichzeitig in mehreren Städten. In dem Szenario sind die Polizeikräfte komplett gebunden, sodass sie Hilfe der Bundeswehr anfordern können. Jedes Bundesland entscheidet dann selbst, ob und in welcher Form es die Streitkräfte um Unterstützung bittet. Diese stehen dabei unter der Leitung der Polizei. Beim Innensenator soll ein Krisenstab eingerichtet werden. Die Polizei Bremen wird einen Führungsstab mit etwa 20 Beamten einberufen. Die Terror-Szenarien werden nur in der Theorie geprobt. Bei der sogenannten Stabsrahmenübung geht es nach Angaben des Verteidigungsministeriums um die länderübergreifende Kommunikation, Koordination und den Test von Alarmketten. Panzer werden also nicht über Bremens Straßen rollen.
Kritik von der Linken
Die Linke kritisiert den Einsatz der Bundeswehr im Inland und ruft gemeinsam mit dem Bremer Friedensforum für Dienstag, 16 Uhr, zu einer Protestaktion beim Polizeipräsidium in der Vahr auf. Der Bremer Senat gebe offen zu, dass die Bundeswehr in diesem Übungsszenario konkret polizeiliche Aufgaben übernehmen solle. Das stelle eine Aufgabenvermischung dar, die im Grundgesetz so nicht vorgesehen sei, heißt es in dem Aufruf zur Kundgebung. Es drohe eine zunehmende Militarisierung von Innenpolitik und Polizeiarbeit.
Die Bremer FDP-Fraktion hatte die geplante Übung in einer Anfrage an den Senat zuletzt als „sicherheitspolitisch fragwürdige Veranstaltung“ bezeichnet. Gleichwohl hielt Bremen an der Teilnahme fest. „Insbesondere Stadtstaaten werden schnell an ihre Ressourcengrenzen stoßen, sodass durch die Teilnahme an dieser Übung die Möglichkeiten der Unterstützung und die Kommunikation mit der Bundeswehr ausgelotet werden können“, hieß es in der Antwort auf den Fragenkatalog der Liberalen.
Bei zeitgleichen Anschlägen in unterschiedlichen Städten könnten die Unterstützungsanforderungen von Bremen an andere Bundesländer nicht in dem Maße gewährleistet werden, wie es notwendig wäre, heißt es aus der Innenbehörde. Zudem verfüge Bremen nicht ausreichend über gepanzerte Transportfahrzeuge, um etwa eine große Anzahl von Personen aus gefährdeten Bereichen zu bergen oder zu evakuieren. Somit könne die Notwendigkeit entstehen, Unterstützung durch Kräfte der Bundeswehr anzufordern.
Einsatz der Bundeswehr im Notfall auch ohne Grundgesetzänderung
Im WESER-KURIER hatte Rolf Gossner, Publizist und Vorstandsmitglied der Internationalen Liga für Menschenrechte, die Übung in einem Gastkommentar kritisiert. Innere Sicherheit, Gefahrenabwehr und Strafverfolgung seien auch im Fall von Terroranschlägen Aufgabe der Polizei und nicht der Bundeswehr. „Soldaten sind keine Hilfspolizisten“, so Gossner. Und sie seien nicht dazu da, den akuten Personalmangel bei der Bremer Polizei auszugleichen.
Seit Jahren wird über den Einsatz der Truppe im Inland politisch gestritten. Union und SPD hatten sich im Juli 2016 im Weißbuch zur Sicherheitspolitik auf den Kompromiss verständigt, dass die Bundeswehr bei Anschlägen mit katastrophalen Folgen auch ohne Grundgesetzänderung eingesetzt werden kann. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte beim Amoklauf von München 100 Feldjäger und Sanitäter in Bereitschaft versetzen lassen, weil die Polizei zunächst von einer „akuten Terrorlage“ ausging.

Innensenator Ulrich Mäurer
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte den Einsatz der Bundeswehr im Inland auch nach dem Berliner Terroranschlag im vergangenen Dezember ins Spiel gebracht – und damit deutliche Kritik auf sich gezogen. Die strenge Trennung von Armee und Polizei in Deutschland hat historische Gründe, die auf die Ereignisse in der Zeit der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus zurückgehen. Es sei gut, dass die rechtlichen Optionen auf Stabsebene einmal durchgespielt würden, sagte der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels (SPD). Es müsse dabei aber klar sein, dass nach dem Grundgesetz die Hürden für den exekutiven Einsatz der Bundeswehr im Inneren „aus guten Gründen“ sehr hoch seien. „Die Bundeswehr ist keine operative Polizeireserve.“
Dass die Bundeswehr den Terrorfall im Inland übt, ist nicht neu. Seit 2004 finden etwa alle zwei Jahre große Katastrophenschutzübungen von Polizei, Technischem Hilfswerk, Rettungsdiensten, Feuerwehr und eben auch der Bundeswehr mit jeweils unterschiedlichen Szenarien statt.