Das Herz schlägt durchschnittlich 2,5 Milliarden Mal im Leben eines Menschen und pumpt etwa fünf Liter Blut im gesamten Körper – Tag und Nacht. Bei allen anderen Säugetieren sind es durchschnittlich eine Milliarde Herzschläge pro Lebenszeit. Diese und viele andere Informationen rund um das lebenswichtige Organ lernen die Besucher der Ausstellung „Herzzeit“ im Universum Bremen. Das Besondere dabei: Die Besucher unternehmen eine Reise – im wortwörtlichen Sinne – in den menschlichen Körper.
So können Arterien und Herzhöhlen dank begehbarer Modelle erkundet werden. „Das ist zum Beispiel eine Ablagerung von Fetten“, sagt Christine Schorr, Bildungsreferentin im Universum, und deutet auf eine weiß-gelbe Masse aus Kunststoff, die an den Wänden des überdimensionalen Blutgefäßes klebt. „Ärzte haben solche Ablagerungen in manchen Fällen schon bei Kindern ab zehn Jahren entdeckt“, fügt sie hinzu. Diese führen später zur Atherosklerose, einer chronischen Krankheit. Sie werde nicht nur durch genetische Veranlagung, sondern auch durch falsche Ernährungsgewohnheiten begünstigt.
Herzen verschiedener Tiere
An den Wänden des Ausstellungsraums stehen Glasgefäße. Drinnen, in einer durchsichtigen Flüssigkeit, sind Herzen verschiedener Tiere aufbewahrt: vom riesigen Organ eines Elefanten bis zu dem winzigen einer Zwergspitzmaus. Letzteres ist viel kleiner als ein Zahn. Neben jedem Gefäß steht ein Kopfhörer, damit hört man das Schlagen des Herzens. Einem wahren Herzrasen entspricht der normale Zustand bei einer Maus. „Je kleiner die Tiere, desto schneller die Herzfrequenz“, erklärt Schorr.

So groß ist das Herz eines Löwen. Willfried Meier hört durch den Kopfhörer den Ruhepuls des Tiers.
Ziel der Ausstellung ist es, das Herz sichtbar und erlebbar zu machen: für die Erwachsenen, aber auch für die Kinder. „Wir wollen die Verantwortung vor allem unter Kindern und Jugendlichen fördern“, erläutert der AOK-Sprecher Jörn Hons. Gerade Jugendliche sollten schon früh sensibilisiert werden, meinen die Experten. „Es ist völlig falsch, dass man erst mit 60 mit der Prävention anfängt“, sagt Rainer Hambrecht, Vorsitzender der Stiftung Bremer Herzen und Chefarzt am Herzzentrum Bremen. Die Achtsamkeit müsse man schon als Kind lernen. „Man muss verstehen, wie empfindlich die Strukturen dieses Organs reagieren“, fügt er hinzu.
Auf virtueller Reise
Die Konsequenzen ungesunder Lebensstile können gravierend sein: Fast 770 Infarktpatienten meldet die AOK Bremen/Bremerhaven fürs Jahr 2016. „Dabei muss man bedenken, dass wir einen Marktanteil von etwa 32 Prozent im selben Jahr hatten: Die Zahl der Patienten im Bundesland dürfte also dreimal so hoch sein“, erläutert der AOK-Sprecher Jörn Hons. Bundesweit schneide Bremen schlecht ab. Und soziale Bedingungen wie Armut und Wohnumfeld bestimmen das Herzinfarktrisiko, wie eine Studie der Stiftung Bremer Herzen kürzlich belegte. Auch auf den Arbeitsmarkt wirke sich das aus, sagt Hons. Herzkrankheiten zählten zwar nicht zu den häufigsten Ursachen von Arbeitsausfall, aber sie sorgten immerhin für eine relativ lange Abwesenheit des Erkrankten: zwischen 14 und 25 Tagen. Sowohl die Krankenkasse als auch die Stiftung haben die Ausstellung gesponsert.
Damit die Besucher ein Gefühl für die Verletzlichkeit, aber auch für die Kraft dieses Organs bekommen, haben die Veranstalter mehrere Installationen und Aktionen vorbereitet. Sonntags, sonnabends und an Feiertagen werden beispielsweise um 14 und 16 Uhr öffentliche Sezierungen eines Schweineherzens angeboten. Das Herz aller Säugetiere sei grundsätzlich ähnlich aufgebaut, es ändere sich nur die Größe, erläutern die Mitarbeiter im Raum. Durch eine Videokamera werden die Bilder des offenen Herzens auf die Wand projiziert.

Prof. Dr. med. Rainer Hambrecht mit einem überdimensionalen Stent in der Ausstellung.
Wem eine Sezierung doch etwas zu realistisch ist, der kann eine virtuelle Reise innerhalb des menschlichen Körpers unternehmen. Durch Datenbrille, Kopfhörer und Joysticks tauchen die Besucher in ein dreidimensionales Herz ein. Rote Wände, die um einen herum pulsieren; auf der rechten Seite eine Klappe weißes Gewebes, die sich im Herzrhythmus öffnet und schließt: Mit der 3-D-Brille entsteht das Gefühl, genau mittendrin zu sein. Man schwebt dann mit den Erythrozyten, den kleinen roten Plättchen, in den Blutgefäßen. Amüsierend ist es eigentlich auch für diejenigen, die warten und dabei andere beim Staunen und Umdrehen im leeren Raum beobachten. Schließlich macht die virtuelle Realität nicht nur Kindern, sondern auch Erwachsenen Spaß.