Für die Verkehrspolitik ist 2018 ein Schicksalsjahr. Doch Bund und Länder tun viel zu wenig für die dringend notwendige Verkehrswende. 2018 wird auch als das Jahr in Erinnerung bleiben, in dem „Dieselgate“ immer neue Einblicke in die Betrugsmanöver der deutschen Autohersteller gewährt hat. Trotzdem schützen die Regierungen die Autowirtschaft, statt die Förderung des Umweltverbundes auszuweiten.
Für den Radverkehr hat 2017 als 200. Jubiläumsjahr neuen Schwung gebracht. Der Radverkehr erfährt viel verbale Belobigung und Ermutigung, trotzdem kommt die Fahrradförderung viel zu langsam voran; auch Bremen muss seine Fahrradförderung vervielfachen. Zudem bleibt der Fußverkehr, obwohl bei nahezu allen Mobilitätsvorgängen in der Stadt direkt beteiligt, das Stiefkind der Verkehrspolitik. Keine andere Verkehrsart ist so unmittelbar von der Qualität öffentlicher Räume abhängig und trägt gleichzeitig so sehr zur Belebtheit öffentlicher Räume bei.
Fußgänger sind sehr sensibel gegenüber den allgegenwärtigen Beeinträchtigungen: zugeparkte Gehwege, Gehen neben schnell fahrenden Autos, langes Warten beim Queren, kein Platz zum Stehen und Sitzen. Das sind alltägliche negative Erlebnisse, die den Menschen gesundes, genüssliches Gehen verleiden. Wichtig wären mehr Haltestellen und dichtere Takte im öffentlichen Verkehr und dadurch geringere Zeitverluste beim Zu- und Abgang und Umstieg.
Wie schön wären viele kleine und große Plätze für Aufenthalt und Kinderspiel, mit Sitzmöglichkeiten, als Treffpunkte im Quartier. Wenn der stehende oder sitzende Fußgänger eine angemessene Aufmerksamkeit bekäme und der ungehinderte Verkehrsfluss des Gehens ein kategorischer Imperativ für Politik und Planung wäre.
Wie schön wäre es, wenn das Bau-, Planungs- und Straßenrecht das Primat des Gehens konkret in vielen Reglungen auch umsetzen würden, bei der Gestaltung von Straßen, Kreuzungen und Einmündungen, bei der Festlegung verträglicher Geschwindigkeiten, bei den Regelungen zum Abstellen von Kfz, beim Aussperren des allgemeinen Kfz-Verkehrs aus sensiblen Gebieten. Wenn das Baurecht autofreies und damit erschwinglicheres Wohnen massiv fördern würde.
Wie reif wäre eine Verkehrspolitik, die die Menge des Kfz-Verkehrs festlegte, so wie man auch für andere Umweltgifte Grenzwerte festlegt. Und die ihn dann wirklich drastisch zu reduzieren und die eingesparten Fördermilliarden für eine intelligente und vernetzte Mobilität in „Städten für Menschen“ einsetzen würde.
Unser Gastautor Heiner Monheimhat 25 Jahre in Ministerien für eine Verkehrswende gearbeitet. 1995 wechselte er in die Wissenschaft, seit 2007 betreibt er das Institut für Raumentwicklung und Kommunikation in Trier.