Die Neustadt quillt über von parkenden Autos. Das ist seit Jahren nicht mehr nur alleiniges Problem der engen Viertel-Gassen. Während das Stadtteilparlament um Lösungen ringt, kämpfen Anwohner mit unterschiedlichen Schwierigkeiten: Die einen beklagen illegal parkende Autos, die andere Verkehrsteilnehmer und Rettungsfahrzeuge behindern. Andere beschweren sich über die scheinbar blinde Kontrollwut der städtischen Parkraumüberwacher.
Sven Schwenker ist einer der Neustädter, die bei diesem Thema mehr Augenmaß fordern. „Die Kontrolleure zwingen uns Anwohner in der Thedinghauser Straße, komplett auf der Fahrbahn zu parken, doch das führt nun zum totalen Chaos“, beklagt der Bremer Straßenbahnfahrer. Er hat Verständnis für das Ansinnen des Beirates, besonders die Kreuzungsbereiche im Stadtteil durch stärkere Kontrollen wieder frei von Wildparkern zu bekommen. Einen entsprechenden Beschluss hatte das Stadtteilparlament, wie berichtet, erst vor wenigen Monaten an die Innenbehörde gerichtet.
Doch nun sei durch die Kontrolleure aus den Fugen geraten, so Schwenker, was in der Neustadt gemeinhin umgangssprachlich als „Duldung“ bezeichnet wird: Das illegale aufgesetzte Parken, um mehr Autos als es regelkonform möglich wäre, an den Straßenrändern unterzubringen, ohne die Fahrbahn komplett zu verstopfen. „So wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben, das ist viel zu eng“, schimpft Schwenker und zeigt auf die Autos, die sich nur noch mühsam einen Weg zwischen den beiden parkenden Autoreihen durch die Straße bahnen können. Unflätige Beschimpfungen zwischen den Verkehrsteilnehmern seien inzwischen an der Tagesordnung, hat der Neustädter beobachtet. Sven Schwenker wünscht sich daher, dass das aufgesetzte Parken an der Thedinghauser Straße legalisiert wird. „Schließlich behindert man doch niemanden, wenn man das gepflasterte Stück zwischen Bordsteinkante und Radweg in Anspruch nimmt“, findet er.
In der Innenbehörde bewertet der Leiter des Senatorenbüros, Nicolai Roth, das ganz anders: „Das Parken auf dem Sicherheitsstreifen ist unzulässig und kostet 15 Euro Bußgeld.“ Würden Radfahrer durch ein parkendes Auto behindert, koste es sogar 25 Euro. Zahlreiche Autofahrer haben offenbar in den zurückliegenden Monaten ein entsprechendes „Knöllchen“ erhalten.
Beschwerden im Ortsamt
Im Ortsamt haben sich deswegen bereits einige Anwohner der Thedinghauser Straße über die vermeintliche Kontrollwut der städtischen Parkraumüberwacher beschwert, gibt Ortsamtsleiterin Annemarie Czichon auf Nachfrage Auskunft. „Die Leute wünschen sich zwar, dass an den Kreuzungen kontrolliert wird, am sonstigen Straßenrand aber alles bleiben soll, wie es ist“, beschreibt sie das Dilemma. Rechtlich sei das allerdings nicht möglich, weiß die studierte Juristin. „Das Ordnungsamt hat zwar einen Ermessensspielraum, ob es eingreift, aber wenn es sich dafür entscheidet, muss es alle Regelverstöße ahnden und darf nicht Einzelne herauspicken“, stellt dazu auch Nicolai Roth aus der Innenbehörde klar.
Insgesamt seien die Kontrollen in der gesamten Neustadt „aufgrund von Anwohnerbeschwerden“ verschärft worden, betont Roth. Fanden im Januar 2016 noch an 16 Tagen pro Monat Parkraumüberwachungen statt, waren es im Januar 2017 bereits 24 Kontrolltage in dem gleichen Zeitraum. „Derzeit wird nach Auskunft des Ordnungsamtes im Rahmen der personellen Möglichkeiten fast täglich in der Neustadt kontrolliert“, sagt der persönliche Referent des Innensenators. Das Ziel sei ganz klar, Parkverstöße zu ahnden, die die Feuerwehr- und Rettungseinsätze sowie andere Verkehrsteilnehmer und Fußgänger behindern können.
Diese Art der Behinderung hat Schwenker besonders in den Kreuzungsbereichen zur Meyerstraße sowie zum Kirchweg ausgemacht. Und dort, so zeigt es ein Ortstermin am Abend, scheinen die regelmäßigen Kontrollen weniger Eindruck als entlang der restlichen Thedinghauser Straße hinterlassen zu haben: Bis fast in die Kreuzung hinein stehen die Fahrzeuge und nehmen die Sicht und den notwendigen Platz zum sicheren Abbiegen für andere Verkehrsteilnehmer. „Da kommt man nur noch mit Harakiri-Methoden durch“, konstatiert Schwenker und beobachtet einen roten Kleintransporter, der nur knapp zwischen den parkenden Autos durchpasst.
„Die Vernunft der Autofahrer hält sich leider manchmal sehr in Grenzen“, beschreibt Andreas Desczka von der Bremer Berufsfeuerwehr das Phänomen, das regelmäßig Rettungseinsätze erschwert. Aus der Gartenstadt Süd lägen ihm derzeit keine aktuellen Beschwerden von Einsatzkräften vor, „aber in der gesamten Neustadt gibt es das Problem der zu vollen Straßen“, so der Pressesprecher.
Anwohner Schwenker ist besonders wichtig, dass bei den Kontrollen „gleiches Recht für alle“ gilt. Er wünscht sich daher von der Stadtteilpolitik einen offenen Dialog darüber, wie man in den Neustädter Straßen die Verkehrssicherheit aufrecht erhalten und zeitgleich der Parkplatznot gerecht werden kann. Der Beirat hat bereits Ende März genau dafür eine Planungskonferenz zum „ruhenden Verkehr“ abgehalten. Eine Auswertung mit entsprechenden Handlungsempfehlungen steht allerdings noch aus.
Vermutlich gleich nach den Sommerferien werde sich der Verkehrsausschuss des Stadtteilparlamentes Mitte August mit der Situation in der Gartenstadt Süd befassen, teilt Annemarie Czichon mit. Und: Es gebe auch positive Stimmen aus der Bevölkerung zu hören, die die verschärften Kontrollen begrüßen. Die Ansichten im Stadtteil zu dem Thema ließen demnach weiterhin eine kontroverse Diskussion erwarten.
Jetzt sichern: Wir schenken Ihnen 1 Monat WK+!