Ein Drittel der Bremer Mieterhaushalte ist durch Wohnkosten übermäßig belastet. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der Arbeitnehmerkammer. Die Einrichtung hat hierfür insgesamt 3351 Mieter und Eigentümer in Bremen und Bremerhaven zu ihrer Wohnsituation befragt. Wer mehr als 37 Prozent seines Nettoeinkommens für die Warmmiete zahlt, befindet sich laut Arbeitnehmerkammer im kritischen Bereich.
Der aktuellen Befragung zufolge überschreitet sowohl in Bremen als auch in Bremerhaven ungefähr jeder dritte Haushalt diesen Wert. Unter den Arbeitnehmern ist es in Bremen jeder fünfte. Daraus lässt sich schließen, dass es insbesondere einkommensschwache Gruppen sind – etwa Hartz-IV-Bezieher –, die vergleichsweise viel für ihre Wohnungen zahlen. Einen durchschnittlichen Anstieg der Mietbelastung habe es seit der vorherigen Befragung im Jahr 2016 aber nicht gegeben, sagt Elke Heyduck, Geschäftsführerin der Arbeitnehmerkammer.

Warmmiete pro Quadratmeter in den Bremer Stadtteilen.
Das Bauressort warnt vor Panikmache. Der relevante Wert für die Behörde sei ohnehin die Bruttokaltmiete. "Hier ist es uns gelungen, die durchschnittliche Mietbelastung unter 30 Prozent zu drücken", sagt Bausenatorin Maike Schaefer (Grüne). 2014 lag der Wert laut dem Bremer Mikrozensus noch bei 30,5 Prozent, 2018 bei 29,7 Prozent. Eine Mietpreisdeckelung, wie sie die Fraktion der Linken zuletzt auch für Bremen gefordert hatte, stehe deshalb im Bauressort momentan nicht zur Diskussion, sagt Behördensprecher Jens Tittmann.
Die durchschnittliche Bestandskaltmiete – also das, was ein Haushalt mit bestehendem Mietvertrag und ohne Nebenkosten monatlich bezahlt – beträgt in Bremen laut Mikrozensus 2018 5,91 Euro pro Quadratmeter. "Das ist eine harte Zahl, die ist für uns wichtig", so Tittmann. Auf der Basis von Warmmieten, wie sie die Arbeitnehmerkammer in ihrer Befragung ermittelt hat, könne die Baubehörde nicht arbeiten. Wenn man die Kostenbelastung für ein Auto ermittle, müsse man auch zwischen dem Fahrzeug und den Spritpreisen unterscheiden, sagt Tittmann.
Alleinerziehende leben am teuersten
"Für uns ist relevant, wie viel unsere Mitglieder am Monatsende tatsächlich zahlen", sagt dagegen Heyduck. Deshalb habe die Arbeitnehmerkammer die Warmmieten ermittelt. Dieser Berechnung zufolge sind Alleinerziehende und alleinstehende Senioren in Bremen am stärksten durch Wohnkosten belastet. Beide Gruppen investieren demnach 43 Prozent ihres Einkommens in die Miete. Prozentual am wenigsten zahlen laut Bericht Paare unter 65 Jahren (24 Prozent) und Familien (28 Prozent).
Der Studie zufolge liegt die durchschnittliche Warmmiete in Bremen bei 10,50 Euro, in Bremerhaven bei 8,63 Euro pro Quadratmeter. Auch hierbei handelt es sich um Bestandsmieten. In Bremen gibt es den Angaben zufolge die höchsten Warmmieten in den Stadtteilen Mitte und Schwachhausen, wo ein Quadratmeter fast zwölf Euro kostet. Auch in Horn-Lehe, Walle, Findorff, der Neustadt und der Östlichen Vorstadt liegen die Quadratmeterpreise demnach deutlich über zehn Euro. Am wenigsten würden die Menschen in Woltmershausen, Blumenthal und Vegesack (ungefähr neun Euro) bezahlen.

An ihrem Einkommen gemessen, sind die Bremer in Stadtteilen mit niedrigen Quadratmeterpreisen am stärksten durch die Miete belastet. So zahlen Haushalte in Woltmershausen laut Studie 40 Prozent ihres Nettoeinkommens für die Miete, während es in Mitte 27 Prozent sind. Als "soziale Spaltung" bezeichnet die Arbeitnehmerkammer diese Unterschiede. Ein wichtiges Korrektiv auf dem Mietmarkt seien deshalb Wohnungen in genossenschaftlicher und öffentlicher Hand. Laut Bericht liegen die Preise hier deutlich unter denen privat vermieteter Wohnungen.
Die Baubehörde führt in einem Papier an, dass 60 Prozent der Bremer Wohnungen von privaten Kleineigentümern vermietet würden. Diese hätten in der Regel ein Interesse an stabilen Mieten und langfristigen Verträgen. Zudem heißt es in dem Papier, dass jede fünfte Mietwohnung in Bremen der Gewoba oder der Brebau gehöre. Dadurch habe die Stadt ein wichtiges Gestaltungspotenzial auf dem Markt. Heyduck merkt jedoch an, dass insbesondere das Wohnungsangebot der Gewoba stark ausgelastet sei, also nur wenige Wohnungen frei sind. Viele Familien würden zudem innerhalb der Gewoba umziehen. Für Neumieter sei es deshalb schwierig, dort unterzukommen.
Hohe Eigentumsquote in Bremen
Auch deshalb begrüße die Arbeitnehmerkammer das Vorhaben der rot-grün-roten Koalition, den Anteil von Sozialwohnungen bei Neubauten auf 30 Prozent zu erhöhen, teilt Geschäftsführerin Heyduck mit. Von den 170 000 Wohnungen in Bremen werden aktuell 6900 öffentlich bezuschusst. Die Baubehörde bemühe sich, diesen Anteil zu erhöhen, sagt Tittmann. "In der Überseestadt werden quasi täglich neue Sozialwohnungen fertiggestellt."
Auch die Gartenstadt Werdersee führt Tittmann als aktuelles Projekt an. Außerdem verfüge Bremen über einen hohen Anteil an Wohnungen, die nicht als Sozialwohnungen deklariert seien, aber unter dem dafür vorgeschriebenen Bestandsmietpreis von 6,50 Euro pro Quadtratmeter lägen. Um einkommensschwachen Haushalten und Stadtteilen zu helfen, müsse zudem das Wohngeld stärker beworben werden, fordert die Arbeitnehmerkammer. "Es unterstützt die Haushalte kurzfristig und viele Anspruchsberechtigte verzichten mangels Kenntnis darauf", so Heyduck.
Ein weiteres Ergebnis der Befragung: Vergleichsweise viele Bremer leben in den eigenen vier Wänden. Den Angaben zufolge sind gut 39 Prozent der Haushalte in einer eigenen Wohnung oder dem eigenen Haus ansässig – unter den Arbeitnehmerhaushalten ist es in Bremen und Bremerhaven jeder zweite. Im Vergleich zu anderen Stadtstaaten sei das ein sehr hoher Wert, heißt es in dem Bericht. Eigentümer verdienen demnach mehr als Mieterhaushalte (durchschnittlich 3500 Euro gegenüber 2200 Euro netto) und wenden prozentual weniger davon für Wohnkosten auf (zwanzig Prozent).
Den hohen Anteil der Bremer Eigentümer hebt auch die Bausenatorin hervor. "Wir haben in den vergangenen zehn Jahren die Anzahl der Baugenehmigungen verdreifacht", so Schaefer. Da Eigentümer laut Befragung weniger durch Wohnkosten belastet sind, sei auch der Zuschuss von 15 000 Euro, den Bremen für den Eigentumserwerb in einkommensschwachen Stadtteilen zahlt, ein sinnvolles Instrument, sagt Heyduck. Dieser Anreiz sei wichtig, da dem Bericht zufolge aktuell nur jeder siebte Bremer Miethaushalt für ein Eigenheim spart.
Neben den Wohnkosten hat die Arbeitnehmerkammer ermittelt, wie zufrieden die Menschen in den einzelnen Stadtteilen sind. Auch hier sind Unterschiede zwischen den eher bürgerlichen und den sozial schwächeren Gebieten erkennbar. Während in der Östlichen Vorstadt und in Findorff mehr als 90 Prozent der Befragten die Nahversorgung (Lebensmitteleinkauf und Ärzte) positiv bewerten, sind es in Woltmershausen 65 Prozent. In anderen Bereichen unterscheiden sich die Zahlen noch deutlicher. So ist jeder achte Gröpelinger (13 Prozent) zufrieden mit der Sicherheit und Sauberkeit in seinem Stadtteil; in Schwachhausen hingegen liegt die Zufriedenheit bei 83 Prozent.
+++ Dieser Text wurde aktualisiert um 21:23 Uhr +++