Energieberater Raymond Krieger über die Vorteile der Wärmedämmungen und ihre Finanzierbarkeit „Viele falsche Informationen im Umlauf“

Herr Krieger, lohnt sich die Wärmedämmung eines Hauses?Raymond Krieger: Das fragen die Allermeisten und ich kann darauf eigentlich immer nur eine Antwort geben: Ja, es ist erstmal immer sinnvoll dafür zu sorgen, dass die Wärme im Inneren des Hauses bleibt und nicht ungehindert nach außen entweichen kann. Die Frage der Finanzierbarkeit und ab wann der in das Haus investierte Betrag sich amortisiert hat, ist etwas ganz anderes, was man nur individuell beantworten kann, da diese Zeitspanne von vielen Faktoren abhängt.
08.03.2018, 00:00 Uhr
Lesedauer: 4 Min
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„Viele falsche Informationen im Umlauf“
Von Frank Hethey

Herr Krieger, lohnt sich die Wärmedämmung eines Hauses?

Raymond Krieger: Das fragen die Allermeisten und ich kann darauf eigentlich immer nur eine Antwort geben: Ja, es ist erstmal immer sinnvoll dafür zu sorgen, dass die Wärme im Inneren des Hauses bleibt und nicht ungehindert nach außen entweichen kann. Die Frage der Finanzierbarkeit und ab wann der in das Haus investierte Betrag sich amortisiert hat, ist etwas ganz anderes, was man nur individuell beantworten kann, da diese Zeitspanne von vielen Faktoren abhängt. Aber mit dieser Frage konfrontiert, antworte ich auch immer öfter: Ich hätte Autohändler werden sollen. Niemand fragt, wann sich der Kauf eines neuen Autos rentiert hat. Es geht um ihr Haus, das ist kein Wirtschaftsbetrieb, da geht es um eine Stätte des Lebens, in der man sich wohlfühlen soll.

Man sollte das zu sanierende Haus also nicht wie eine reine Geldanlage sehen?

Genau, es geht hier um weit mehr als nur um das Geld – oder sollte es zumindest. Beim Finanziellen gibt es auch einige Hilfen, die oft übersehen werden. Zudem sind bezüglich der Wärmedämmung hier sehr viele falsche Informationen im Umlauf, die Angst machen vor den Sanierungsmaßnahmen. Eine fachlich korrekt ausgeführte Dämmung vermindert den Heizenergieverbrauch, verhindert Schimmel und sorgt obendrein für eine Steigerung der Wohnbehaglichkeit.

Lässt sich rein aus Sicht der Umwelt für ein durchschnittliches, normal beheiztes Haus die Energieersparnis beim Heizen in Prozentzahlen taxieren?

Man geht bei einer dem Stand der Technik ausgeführten Dämmmaßnahme von einem Einsparpotenzial in der Größenordnung von sicher 20 bis 30 Prozent aus. Dies ist allerdings von Objekt zu Objekt unterschiedlich.

Sie erwähnten gerade Fördermöglichkeiten. Welche gibt es da, die vielleicht auch noch nicht jeder kennt?

In Bremen haben wir den großen Vorteil, dass es ein eigenes Programm „Wärmeschutz im Gebäudebestand“ gibt, welches vor kurzem für die Bremer Bürger nochmals verbessert und attraktiver wurde. Hierbei gibt es pro Quadratmeter Dämmfläche einen direkten Zuschuss, zum Beispiel bei einer Dämmstärke von 16 Zentimetern dann 16 Euro. Auch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) vergibt neben den zinsverbilligten Darlehen mit Tilgungszuschuss auch direkte Zuschüsse als Auszahlung auf die Investitionssumme. Dies wissen der Laie und auch viele Handwerker nicht.

Worauf sollte man generell achten?

Es sollte immer mit einem Fachbetrieb gearbeitet werden. Zusätzlich sollte man die Sanierung immer über ein Förderprogramm der KfW abwickeln, da man so die unterstützende Baubegleitung in Anspruch nehmen kann. Hierbei betreut ein Sachverständiger das gesamte Vorhaben, dokumentiert und berät auch die ausführenden Handwerker. Das Honorar dieses Sachverständigen wird bis zu einer Höhe von 8000 Euro zur Hälfte von der KfW bezuschusst. Und auch der verbleibende Eigenanteil mindert sich noch entsprechend dem Förderprogramm der Maßnahme. So hat man mit relativ geringen Mehrkosten aber eine deutlich höhere Sicherheit in dem gesamten Vorhaben, von Anfang bis Ende, und kann beruhigt schlafen. Aber auch abseits der Baubegleitung sollte sich jeder von unabhängigen Fachleuten beraten lassen, da zu diesem Thema sehr viel Unsinn verbreitet wird.

Was ist das obskurste Gerücht, das Ihnen zu Ohren gekommen ist, wovon sich Ihres Wissens auch wirklich Leute haben beeinflussen lassen?

Ich denke, dass die Sonne Häuser im Winter nicht mehr aufheizen kann, wenn die Außenwände verkleidet sind. Ich schlage jedem vor, der mal testen möchte, wie gut das doch angeblich bei ungedämmten Häusern funktioniert, er solle diese Tage die Heizung auslassen und genießen, wie gut die flach stehende Sonne das Haus aufwärmt. Schlicht lächerlich.

Woher kommt Ihrer Ansicht nach die Angst vor Styropor am Haus?

Es gab einige, wenige Brände. Und ja, Styropor ist brennbar. Aber 86 bis 90 Prozent aller Hausbrände entstehen im Inneren. Wenn das Styropor außen anfängt zu brennen, ist es meist eh zu spät. Und zudem müssen erhebliche Temperaturen erreicht werden, damit das Styropor im verputzten System erstens überhaupt vom Feuer erreicht wird und zweitens zu brennen beginnt. Zudem gibt es neben Styropor auch die inzwischen nur minimal teurere Mineralwolle, die denselben Dämmzweck erfüllt und nicht brennbar ist. Die Auswahl des Materials liegt alleine bei ihnen.

Gibt es abseits der Kosten überhaupt ein Gegenargument, das sie als triftig anerkennen, wenn es um eine Dämmung der Außenwände geht?

Ja, die Ästhetik. Ich bin da ja eher emotionslos als Ingenieur. Aber ich kann nachvollziehen, dass Menschen, denen die Optik eines Hauses sehr wichtig ist, hier starke Skrupel verspüren. Das mag auf verklinkerte Häuser zutreffen oder auch auf die schöne Stuckfassade eines Altbremer Hauses, denn hier greift eine Dämmung natürlich erheblich ins historische Erscheinungsbild ein. Hier sollte eher auf die Innendämmung oder andere Maßnahmen als Alternative umgeschwenkt werden, wenn die Außendämmung als die oft effizienteste und einfachste Methode nicht in Frage kommt. Nichtsdestotrotz gibt es kein Argument dafür, ein Haus in keiner Weise gegen Wärmeverlust nach außen zu schützen.

Haben Sie auch einen Ratschlag für Mieter?

Prinzipiell ist es ja so, dass Modernisierungen im energetischen Bereich umlagefähig sind. Die Frage ist nur: Was sind energiesparende Maßnahmen und was sind instandhaltende Maßnahmen? Wenn die Hausfassade neu verputzt wird und dabei eben Styropor oder Mineralwolle zum Wärmeschutz verbaut wird, so ist zu prüfen, was in die Instandhaltung, also die Sowieso-Kosten gehört, und was tatsächlich zur Modernisierungsmaßnahme zu rechnen ist. Hier sollte kritisch hingeschaut werden.

Das Gespräch führte Gerald Weßel

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