Die Koalition hat sich im März 2016 zu einem liberaleren Umgang mit Cannabis entschlossen. Passiert ist seitdem nicht viel. Zu Jahresbeginn soll der Senat nun die entsprechenden Maßnahmen beschließen.
„Anfang 2017 erwarten wir vom Senat, dass er ein entsprechendes Maßnahmenpaket beschließt“, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende und gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Kirsten Kappert-Gonther, dem WESER-KURIER.
Auch die SPD will das Thema 2017 wieder angehen, das sagte die gesundheitspolitische Sprecherin Stephanie Dehne. Bis es eine kontrollierte Cannabis-Abgabe in Bremen gibt, so wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, wird es aber noch dauern.
Zu dem Maßnahmenpaket auf Landesebene gehören folgende Punkte: Der bloße Besitz von Cannabis zum Eigengebrauch soll nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden. Zweitens: Wer nicht berauscht am Straßenverkehr teilnimmt, soll – wie beim Alkohol – grundsätzlich den Führerschein behalten können. Des weiteren soll der Eigenanbau allein für den Eigenbedarf strafrechtlich nicht mehr verfolgt werden.
Geringfügige Menge auch beim Anbau straffrei
So genannte geringfügige Mengen gäbe es dann nicht mehr nur beim Besitz von Cannabis, sondern auch beim Anbau. Bremen wäre das erste Bundesland mit so einer Regelung. Und als vierter Punkt sollen Beratungs- und Hilfsangebote im Bereich Drogenprävention überprüft und bei Bedarf ausgebaut werden. Vor allem die Aufklärung von Jugendlichen hat die Koalition dabei im Blick. Und: Wichtig sei es, Cannabis nicht als harmlose Droge zu bagatellisieren.
Diese Punkte sind in einem Antrag der SPD- und Grünen-Fraktionen formuliert, den die Bürgerschaft im März 2016 bereits beschlossen hat. Erste Änderungen im Landesgesetz waren schon für das gleiche Jahr angekündigt worden. Passiert ist seitdem nichts. „Die Meinungsbildung zu der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen in Bremen die Geringfügigkeitsgrenze angehoben werden soll, ist noch nicht abgeschlossen“, sagte Henning Maul-Backer, Abteilungsleiter Strafrecht beim Justizsenator.
Kontrollierte Abgabe im Modellprojekt bleibt Ziel
„Eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe hat nach dem Beschluss den Auftrag bekommen, diese Punkte zu bearbeiten. Jetzt ist ein dreiviertel Jahr vergangenen, und wir wollen diese Spielräume endlich nutzen“, sagte Kappert-Gonther. Und nicht nur die: Mit dem Bürgerschaftsbeschluss hat der Senat auch den Auftrag erhalten, eine Bundesratsinitiative für eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes anzustoßen. „Ziel ist, dass Bremen einen Modellversuch zur kontrollierten Cannabis-Abgabe an Erwachsene starten kann“, so Kappert-Gonther.
Der Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg war 2015 mit einem Antrag für legale Verkaufsstellen bei dem zuständigen Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte gescheitert. „Der Berliner Vorstoß hat gezeigt, dass ein einzelner Antrag ohne eine Gesetzesänderung keinen Erfolg hat“, sagte Kappert-Gonther. Auch Bremen will zunächst im Rahmen eines Modellprojektes legale und staatliche Cannabis-Abgabestellen schaffen. Darauf hat sich Rot-Grün im Koalitionsvertrag geeinigt. „Und daran wollen wir weiter festhalten“, sagte Kappert-Gonther.
Kappert-Gonther: "Drogenprohibtion ist gescheitert"
Die Bremer Gesundheitspolitikerin, die 2017 in den Bundestag wechseln will, hofft dabei auf andere Länder. Eine Mehrheit im Bundesrat müsste das Betäubungsmittelgesetz so ändern, dass es Cannabis-Modellprojekte erlaubt. Der Berliner und Bremer Vorstoß hätten dazu geführt, dass sich bundesweit die Debatte über eine Legalisierung von Cannabis weiterentwickelt habe. „Es gibt kaum noch jemanden, der das anders sieht“, sagte Kappert-Gonther. „Die strafrechtliche Drogenprohibition ist gescheitert. Sie schützt die Konsumenten nicht. Wir möchten weg von der Kriminalisierung, hin zu mehr Eigenverantwortung und Prävention.“
Berlin sei bereits Verbündeter, um eine Bundesratsinitiative zu starten, wäre außerdem die Unterstützung eines Flächenlandes hilfreich. Das könnte Nordrhein-Westfalen sein, denn auch in Düsseldorf, Köln und Münster gibt es Pläne für ein Pilotprojekt mit legalen Cannabis-Abgabestellen.
SPD braucht noch Zeit
Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD ist in ihren Prognosen zurückhaltender als ihre Kollegin von den Grünen: Das Thema Liberalisierung werde noch etwas dauern, sagte Stephanie Dehne. „Es ist schwierig, sich dafür auf Bundesebene Mehrheiten zu
organisieren. Viele wissen zu wenig über das Thema und haben Vorbehalte.“ Eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes sei nur mit der Unterstützung der SPD möglich. „Das braucht noch ein bisschen Zeit“, sagte Dehne. Aber ohne Mehrheit im Bundesrat wird es erst einmal kein Bremer Modellprojekt geben. Stephanie Dehne meint, der Rückhalt in ihrer Fraktion sei noch da. Es gebe aber einige, die es mit einer Entscheidung nicht sehr eilig hätten.