Der 25. Dezember ist bei Familie Rosenbaum eine Institution. An diesem Tag versammeln sich alle zwanzig Familienmitglieder zum Weihnachtsgansessen. „Die Gans ist sozusagen unser Heiligtum“, sagt Sarah Klich. Rosenbaum ist der Nachname ihrer Großeltern. Neben diesem Heiligtum, musizieren die Rosenbaums gemeinsam, sie spielen Spiele und lachen. Sie genießen die Zeit, die sie zusammen haben. „Vor allem meinen Großeltern Reinhard und Martha ist das wichtig“, sagt Klich. Vermissen werden es in diesem Jahr aber alle Rosenbaums. Wegen der Pandemie und des Lockdown sieht das Fest auch bei ihnen anders aus.
Die aktuellen Verordnungen für das Bundesland Bremen erlauben es der Familie nicht, gemeinsam die Gans zu vertilgen. Darauf verzichten, die Weihnachtszeit zusammen zu genießen, wollen Rosenbaums aber genauso wenig, wie auszulosen, wer zu den Auserwählten am 25. Dezember zählt. Stattdessen entzerren sie die Weihnachtstage.
„Meine Tante Petra Solbt hat sich etwas ausgedacht, um meinen Großeltern eine Freude zu machen“, sagt Sarah Klich. Bei der Ministerpräsidentenkonferenz nannte Markus Söder Weihnachten das Fest der Familie, und genau das sei es für Sarah Klichs Opa Reinhard Rosenbaum. Da ihm die Familienzeit besonders wichtig ist, hat Klichs Tante einen lebendigen Adventskalender organisiert.
„Jeden Tag kommt jemand anders aus der Familie zu Besuch, bringt ein kleines Geschenk vorbei oder ruft an“, sagt Klich. So kann sogar ein Rosenbaum Teil der Vorweihnachtszeit sein, den es an den Bodensee verschlagen hat und der dadurch sonst zu weit weg wäre. Vor einigen Tagen war Sarah Klich selbst an der Reihe, sie besuchte die Großeltern gemeinsam mit ihrem Freund. Sie sprachen über alte Zeiten: Opa Reinhard habe als junger Mann schon einmal Weihnachten alleine verbringen müssen, da er als Flüchtling gerade erst in Deutschland angekommen war.
Gespannt, wer sich melden wird
Normalerweise trifft sich die Familie mehrmals an den Feiertagen: „Am 24. hat meine Cousine Geburtstag, da feiern wir mittags gemeinsam und abends jeder bei sich“, sagt Klich. Am ersten Weihnachtsfeiertag gibt es dann das jährliche Gänseessen. „Wir verbringen den ganzen Tag zusammen“, sagt Klich.
Dank des Kalenders freuen sich die Großeltern nun trotzdem jeden Tag und sind gespannt, wer sich melden wird. Feiern werde aber wohl jeder für sich – auch am 25. Dezember. „Die Eltern meines Freundes gehören zur Risikogruppe, daher werden er und ich wohl nur mit meinen Eltern feiern, statt wie sonst gemeinsam“, sagt sie.
Die Großeltern würden von Klichs Onkel eingeladen, zu einem Heiligen Abend zu dritt. „Außerdem haben sie sich eine kleine Gans besorgt, die sie am 25. zu zweit essen“, sagt Sarah Klich. An den anderen Feiertagen werden die Familienmitglieder vermutlich nacheinander und unter Einhaltung der Corona-Regeln bei den Familienoberhäuptern vorbeischauen, um zumindest ein bisschen gemeinsam Weihnachten zu feiern.
Da Reinhard Rosenbaum gesundheitlich angeschlagen ist, sei es für ihn besonders schwer, auf das Fest zu verzichten. „Man weiß ja nie, wie viele Feste es noch gibt“, sagt Klich, auch wenn sie darüber nicht aktiv nachdenken möchte. Sie hofft, im kommenden Jahr wie gewohnt mit allen feiern zu können. Auch mit der heiligen Gans.
Weihnachtsfest im Lockdown
Vom 24. bis 26. Dezember sind Feiern im „engsten Familienkreis“ möglich – selbst wenn dadurch mehr als zwei Hausstände oder fünf Personen zusammenkommen. Stattdessen können bis zu vier weitere Personen aus anderen Hausständen mitfeiern. Zur engsten Familie gehören laut Definition der Ministerpräsidentenkonferenz Ehegatten und Partner nichtehelicher Lebensgemeinschaften, Lebenspartner, Verwandte in gerader Linie, Geschwister, Geschwisterkinder und der dazugehörige Haushalt.