Bremer Behörden ermitteln nicht das erste Mal wegen sexueller Nötigung in einem Frauen-Nacht-Taxi. Der jüngste Fall, bei dem ein Fahrer übergriffig geworden sein soll, ist der dritte, mit dem sich Polizei und Staatsanwaltschaft befassen. Zwischen der Landesbeauftragten für Frauen und dem Stadtamt hat es mittlerweile ein erstes Gespräch gegeben, wie das Angebot sicherer gemacht werden kann. Das Beispiel Hannover zeigt, dass das geht.
Ulrike Hauffe ist die Jahre zurückgegangen. Die Frauenbeauftragte des Landes kommt auf drei Fälle. So oft haben Polizei und Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der sexuellen Nötigung in einem Frauen-Nacht-Taxi ermittelt, jedes Mal gegen den Fahrer. Einer von ihnen ist vom Amtsgericht zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Das war im Jahr 1999. Es ist der erste Fall, der zweite folgte 2007. Der jüngste liegt sieben Monate zurück. Seither sitzt der mutmaßliche Tatverdächtige, der bereits zweimal im Verdacht ähnlicher Taten stand, in Untersuchungshaft.
Hauffe hat inzwischen ein erstes Gespräch mit Stadtamtschefin Marita Wessel-Niepel geführt, weitere sollen folgen. Denn was Hauffe vorschwebt, um solche Vorfälle zu verhindern, bezeichnet die Amtsleiterin als rechtlich schwierig. Die Frauenbeauftragte will prüfen lassen, inwieweit Taxi-Unternehmen aufgefordert werden können, einen Verhaltenskodex von ihren Fahrern unterschreiben zu lassen. Damit, glaubt Hauffe, für mehr Sicherheit im Frauen-Taxi zu sorgen.
Eines möchte sie auf keinen Fall: dass das Angebot eingestellt wird. Damit steht sie nicht allein. Frauensenatorin Anja Stahmann (Grüne) hält ebenso am Nacht-Taxi fest. Es dürfe nicht durch einzelne Vorfälle in Misskredit gebracht werden, sagt sie. Während Hauffe mit der Stadtamtschefin weiterhin Gespräche führen will, will Stahmann mit Hauffe sprechen. Vor allem darüber, ob Konsequenzen gezogen werden müssen und welche das sein können.
Ingo Heuermann fordert keine Konsequenzen, sondern ein konsequenteres Einhalten der Bestimmungen für die speziellen Frauen-Fahrten. Der Mann vom Bremer Taxi-Ruf, einem Bündnis von 205 Unternehmen in der Stadt, kritisiert die Praxis und damit Fahrer wie Kundinnen gleichermaßen. Erstere ließen sich nämlich oft darauf ein, was letztere verlangten: sie zum Frauen-Tarif zu fahren, obwohl die Fahrt nicht wie vorgeschrieben telefonisch bestellt worden sei. Heuermann: „Damit ist der Fahrer einer solchen Tour für die Zentrale nicht erkennbar.“ Ein wichtiger Aspekt der Kontrolle und Sicherheit ginge verloren.
Was Heuermann beschreibt, erlebt Taxi-Fahrer Marco Bark bei so gut wie jeder Nachtschicht, „zwei bis dreimal mindestens“. Nach seinen Worten ginge es vielen Kundinnen nicht um Sicherheit, sondern nur darum, zum günstigeren Frauen-Tarif gefahren zu werden. Bark: „Und wenn man sich weigert und darauf hinweist, dass die Fahrt in der Zentrale bestellt werden muss, wird einem vorgehalten, gegen die Beförderungspflicht zu verstoßen.“
Manche Fahrer blieben hart, andere nicht, berichtet Bark. Denn immer weniger könnten auch nur auf eine einzige Tour verzichten, um halbwegs über die Runden zu kommen. Oder es sich erlauben, lange mit einer potenziellen Kundin am Taxistand zu verhandeln. Und weil jede Fahrt zähle, auch wenn sie wie beim Angebot für Frauen rund 20 Prozent weniger einbringe, werde die Bestimmung immer wieder außen vor gelassen und auf den Knopf für eine Fahrt zum Frauen-Tarif gedrückt.
Taxi-Fahrer in Hannover können das nicht. Aus einem simplen Grund: „Es gibt keinen Schalter, den sie umlegen können, um einen anderen Tarif einzustellen“, sagt Thomas Roprecht, Mitarbeiter eines der größten Taxi-Unternehmen der Landeshauptstadt. Zwar könnten sich die Kollegen von Kundinnen überreden lassen, aber: „Dann müssten sie die 2,50 Euro, die das Frauen-Taxi weniger kostet, aus der eigenen Tasche bezahlen.“ Also mache das niemand. Wer am Lenkrad sitze, sei für die Zentrale folglich immer erkennbar.
An einen Fall von sexueller Nötigung im Frauen-Nacht-Taxi kann sich Roprecht nicht erinnern. Genauso wenig wie Udo Iwannek, seit zwölf Jahren Sprecher der Hannoverschen Verkehrsbetriebe. Sie arbeiten mit den Taxi-Unternehmen zusammen und teilen sich den Betrag, den das Angebot weniger kostet. Wie in Bremen gibt es das Frauen-Nacht-Taxi in Hannover seit etwa 20 Jahren. Und wie in der Hansestadt können dort Kundinnen beim Bus- oder Straßenbahnfahrer ein spezielles Taxi ordern, das sie an der gewünschten Haltestelle abholt. Mit dem Unterschied: In Bremen gibt es den Service für alle und zu jeder Zeit. Auch für Männer, auch tagsüber.
Die Anfänge des Frauen-Taxis
Die damalige Frauensenatorin Sabine Uhl (SPD) kündigt an, in Bremen ein Frauen-Nacht-Taxi einrichten zu wollen. Das Angebot soll zunächst in Bremen-Nord ein halbes Jahr lang erprobt werden. Dass sie ein spezielles Nacht-Taxi will, begründet Uhl mit einer steigenden Zahl an Gewaltdelikten gegenüber Frauen.
Der Testlauf in Bremen-Nord beginnt. Das gesonderte Angebot soll ohne öffentliche Zuschüsse auskommen. Uhl will damit nach eigenen Worten verhindern, dass das Angebot wie in anderen Städten aus Geldmangel wieder eingestellt wird. Sie ist bei der ersten Fahrt eines Frauen-Nacht-Taxis als Beifahrerin dabei.
Die frühere Senatorin hält das Pilotprojekt in Bremen-Nord vor Ablauf der Frist für gelungen. Das Angebot wird nach ihren Angaben pro Woche von 60 bis 70 Frauen genutzt. Uhl will es auf ganz Bremen ausweiten. Sie beginnt, Gespräche mit Unternehmen zu führen.
Das Taxi-Angebot speziell für Frauen wird ausgeweitet, zunächst allerdings nicht auf die ganze Stadt, sondern auf den Bremer Westen.
Das Interesse am Nacht-Taxi nimmt ab. Unternehmer berichten, dass auf 5000 Fahren lediglich eine Frauen-Nacht-Taxi-Tour kommt. Das Angebot bleibt dennoch bestehen.
Die Zahl der Fahrten nimmt offenbar wieder zu. Nach Angaben von Taxi-Unternehmern ist das Angebot inzwischen zur festen Größe im Personenverkehr geworden. Zahlen nennen sie nicht. Das Frauen-Nacht-Taxi fährt mittlerweile in allen Teilen der Stadt.