Weniger Drogendelikte, weniger Diebstähle: Die Sicherheitslage rund um den Bremer Hauptbahnhof hat sich deutlich verbessert. Das geht aus der Antwort des Senats auf eine Anfrage der Bürger in Wut (BIW) hervor. Demnach ist die Zahl der Straftaten binnen eines Jahres um knapp 30 Prozent zurückgegangen. Gleichzeitig stieg die Zahl der Körperverletzungen.
Zwischen dem 1. Januar und dem 30. Oktober 2017 registrierte die Polizei 1037 Delikte. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es bereits 1467 Straftaten gewesen. Die stärksten Rückgänge verzeichnete die Innenbehörde bei Diebstählen (-38,5 Prozent) und Drogendelikten (-37,7 Prozent). Zudem sei es gelungen, einige Täter in Haft zu nehmen, heißt es in der Antwort des Senats. Allerdings hat sich die Zahl der Körperverletzungen leicht erhöht: Sie stieg von 185 auf 203 Fälle. Die Zahl der Sexualstraftaten wuchs von zwei auf 13. Diesen Trend bringt der Senat in Zusammenhang mit dem verschärften Sexualstrafrecht. 2016 war die Schwelle herabgesetzt worden, ab der eine Handlung unter Strafe steht. So wird nun auch das „Begrapschen“ strafrechtlich geahndet.
Im vergangenen Jahr hatte die Polizei ihre Präsenz rund um den Hauptbahnhof deutlich verstärkt. Der Fokus liegt seitdem auf der Bekämpfung des Drogenhandels. Als eine Maßnahme sei hierbei auch der Ausbau der Videoüberwachung für den Bahnhofsbereich im nächsten Jahr zu sehen, sagt Polizeisprecherin Franka Haedke. Das Innenressort plant, die Zahl der Kameras am Bahnhof aufzustocken, um eine flächendeckende Auswertung in Echtzeit zu ermöglichen. „Ziel ist es, die Straßenkriminalität an den sogenannten Hot Spots zu bekämpfen“, so Haedke. Dabei sei es der Polizei gelungen, diese Kriminalität durch spezialisierte Ermittlungen zurückzudrängen. Das geschehe in enger Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft, um die Täter schnell aus dem Verkehr ziehen zu können. „Es ist unsere Absicht, den Druck auf die Szene weiter aufrechtzuerhalten.“
Bundespolizei lobt Videoüberwachung
Im Inneren des Hauptbahnhofs ist die Bundespolizei für die Sicherheit zuständig. Auch hier beobachtet deren Sprecher Holger Jureczko eine Entspannung der Lage. Endgültig lasse sich das zwar erst zum Jahreswechsel belegen, „aber unser Eindruck ist, dass die Zahl der Straftaten zurückgegangen ist“, sagt er. Unsicher sei der Bahnhof aber auch in der Vergangenheit nicht gewesen. Die Aufklärungsquote der Bundespolizei lag 2016 im Bereich der sogenannten Rohheitsdelikte, zu denen im Wesentlichen Körperverletzungen und Raub zählen, bei etwa 89 Prozent. 197 der 221 Fälle konnten die Beamten lösen. Dafür verantwortlich sei unter anderem die hohe Streifendichte im Bahnhof. „Hinzu kommt, dass hier alle Beschäftigten wie eine große Familie zusammenhalten“, sagt Jureczko. Dieses „Frühwarnsystem“ funktioniere sehr gut. Meist seien die Beamten schon vor Ort, bevor etwas passiere.
Pro Tag sind 140.000 Reisende im Bremer Bahnhof unterwegs. Laut Jureczko werden sie durch das Gros der Straftaten nicht gefährdet. Meistens spielten sich die Szenen zwischen alkoholisierten Personen ab. Etwa unter Fußballfans, in den 24-Stunden-Kneipen des Bahnhofs oder unter Disco-Besuchern auf dem Heimweg.
Im vergangenen Jahr registrierte die Bundespolizei im Inneren des Bahnhofs etwa 150 Gepäckdiebstähle. 16 Prozent der Fälle konnten die Beamten aufklären. Damit ist die Quote zwar gering, in Bremen lag sie damit im vergangenen Jahr aber etwa zehn Prozent über dem Bundesschnitt, so die Polizei. „Die geringe Aufklärungsquote ist auch darin begründet, dass die Opfer die Täter oft gar nicht bemerken“, sagt Jureczko. „In diesem Segment erhoffen wir uns für das laufende Jahr eine deutliche Verbesserung durch die ausgebaute Videoüberwachung.“
Seit November vergangenen Jahres sind im Bahnhof 88 Kameras in Betrieb. Aus Sicht der Bundespolizei hat sich der Ausbau der Überwachung innerhalb kürzester Zeit bewährt. Jureczko sieht in der Anlage „eine Zeitmaschine, mit der wir 30 Tage in die Vergangenheit reisen können“. Seiner Meinung nach bringen die Kameras Verbesserungen in vielen Bereichen. Etwa beim Taschendiebstahl. Oft seien sich die Reisenden nicht sicher, ob sie bestohlen wurden. Mithilfe der gespeicherten Videobilder lasse sich diese Frage schnell beantworten.
Als hilfreich erwies sich die Anlage auch im Fall eines herrenlosen Koffers auf dem Bahnsteig. „Wir waren kurz davor, den Bahnhof zu räumen“, berichtet Jureczko. Ein Blick auf den Monitor zeigte den Beamten dann aber deutlich, dass ein Mann das Gepäckstück bei der Verabschiedung von seiner Familie auf dem Gleis vergessen hatte. Die Polizei alarmierte das Zugpersonal, nur wenige Minuten später war der Fall erledigt – und die Beamten konnten den Bahnsteig wieder freigeben.
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