
Das erste Mal hinter dem Sollwertgeber, so nennt man den Hebel, mit dem man die Straßenbahn fahren lässt und sie bremst, lässt sich schwer beschreiben. Das war schon cool. Man vergisst aber schnell, dass hinter der eigenen Kabine noch ein paar Meter Bahn kommen. Ich habe mich damals vor allem aufs Fahren konzentriert. Das ist eine ganz neue Erfahrung, die sich auch schwer mit zum Beispiel Busfahren vergleichen lässt. Vor allem die Weichen waren eine Herausforderung. Bevor man darüber fährt, muss man prüfen, ob die auch richtig eingestellt sind. In einigen Situationen muss man sie auch selbst einstellen. Am Anfang dachte ich immer: „Demnächst wirst du entgleisen!“ Das ist mir glücklicherweise noch nie passiert, das wäre auch ein großes Drama.
Zuerst war ich nur mit der Fahrschule unterwegs. Als ich das erste Mal auch Fahrgäste dabei hatte, war ich natürlich auch ein bisschen aufgeregt und habe gehofft, dass alles klappt. Da war dann aber auch noch jemand mit dabei. Nach zwei Wochen bin ich dann zum ersten Mal alleine gefahren. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich mich schon an alles gewöhnt und war froh, dass ich endlich alleine fahren durfte. Aufgeregt war ich natürlich trotzdem.
Viele denken ja immer, Straßenbahnfahren wäre ganz leicht, weil man nur fahren und bremsen und die Türen öffnen muss. Aber das allein ist es nicht. Man muss so viel gucken und vorausplanen, das kann man sich nicht vorstellen. Wenn ich durch’s Viertel fahre, fahre ich sowieso schon sehr dicht an den parkenden Autos vorbei. Wenn dann vor mir noch jemand eine Autotür öffnet, muss ich das rechtzeitig sehen, damit ich noch bremsen kann. Straßenbahnen haben nämlich einen sehr langen Bremsweg, das ist am Anfang gewöhnungsbedürftig. Ich muss immer damit rechnen, dass jemand die Straßenbahn nicht sieht, wenn er über die Straße geht und das dementsprechend einplanen. Straßenbahnfahren erfordert sehr viel Aufmerksamkeit. Das unterschätzen natürlich viele.
Der Gedanke, selbst Straßenbahn zu fahren, war damals irgendwie da. Auch, weil ich die natürlich jeden Tag gesehen habe. Für mich war das eine kleine Herausforderung, und ich hatte das Gefühl, das passt, und ich habe da Lust zu. Bis heute bin ich damit sehr zufrieden. Als Straßenbahnfahrer erlebt man jeden Tag etwas. Ich habe mal angefangen, all diese Geschichten aufzuschreiben. Irgendwann habe ich es dann aufgegeben, weil es so viele wurden. Eine der verrücktesten Sachen, die ich bisher erlebt habe, war in der Linie 10. In der Rembertistraße stieg ein Fahrgast ein und begann auf einmal, die Fahrgäste zu schlagen. Die anderen Fahrgäste haben ihn dann innerhalb kürzester Zeit geschnappt und vor die Tür gesetzt. Ich habe dann nur noch schnell die Türen geschlossen und bin losgefahren. In so einer Situation informiert man dann eigentlich die Leitstelle, aber das ging so schnell, dass ich da nicht viel machen musste.
Ich freue mich allerdings jedes Mal sehr, wenn ich an einem Werder-Spieltag arbeite und die hüpfende Werder-Meute fahren darf. Das macht mir unheimlich viel Spaß. Da ist ordentlich was los. Das ist etwas Besonderes für mich. Da gucke ich dann auch mal weg, wenn die Leute ihre Bierflaschen mit in die Bahn nehmen. Es würde auch gar nichts bringen, da was zu sagen. Am liebsten fahre ich sowieso da, wo am meisten los ist. Die Linien 2 und 10 zum Beispiel. Oder früh morgens. Ich freue mich immer, wenn ich über die Wilhelm-Kaisen-Brücke fahre, kurz bevor der Berufsverkehr startet und ich den Sonnenaufgang sehe. Das ist wirklich immer sehr schön.
Aufgezeichnet von Kim Torster.
Fabian Wilshusen fährt seit knapp fünf Jahren die Straßenbahnen der Bremer Straßenbahn AG (BSAG). Der 32-Jährige ist eigentlich gelernter Anlagenmechaniker. Am Straßenbahnfahren gefällt ihm vor allem der Kontakt mit den Menschen, wie er sagt.
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