Um 15 Uhr war er weg, spurlos verschwunden. Fast zwei Jahre ist es her, dass Unbekannte im Heimatmuseum Schloss Schönebeck in Bremen-Vegesack einen Schrumpfkopf stahlen. Einbruchsspuren gab es nicht; die Diebe mussten während der Öffnungszeiten gekommen sein, mitten am Tag.
Bis heute, sagt Christa Nolte, Rechnungsführerin des Museums, habe sich keine Spur ergeben. Dass das Ausstellungsstück eines Tages wieder auftauche, glaube sie inzwischen nicht mehr. Hätte das Exponat besser gesichert werden müssen? Nolte bezweifelt, dass das einen Unterschied gemacht hätte. Der Schrumpfkopf hatte sich in einer Vitrine befunden, die Diebe entfernten Schrauben und eine Glasscheibe. Alle umliegenden Gegenstände – ein Schildkrötenpanzer, die Zähne eines Sägefischs, Figuren aus Peru und ein Schiff aus Kautschuk – rührten die Unbekannten nicht an. „Da hatte es jemand speziell auf dieses Stück abgesehen“, sagt Nolte. „Wenn es jemand wirklich darauf anlegt und so gezielt vorgeht, lässt sich ein Diebstahl schwer verhindern.“
Der Dresdner Fall bestätige sie in dieser Überzeugung. „Eine solche Tat lehrt uns, dass es kaum möglich ist, für absolute Sicherheit zu sorgen“, sagt Christa Nolte. Ähnlich äußert sich Frank Schmidt, Direktor der Museen Böttcherstraße. Natürlich gebe es in den von ihm geleiteten Museen die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen, die auch regelmäßig überprüft würden – ein Restrisiko aber bleibe. „Ein Museum ist kein Banktresor“, sagt Schmidt. „Und wäre es einer, wären die Werke nicht mehr öffentlich zugänglich.“
Entsprechend groß ist Schmidts Mitgefühl mit den Dresdner Museumsmitarbeitern: „Natürlich denkt man daran, was die Kolleginnen und Kollegen jetzt durchmachen“, sagt der Direktor in Bremen. Der Juwelen-Diebstahl habe ihn schockiert, er sei „fassungslos“.
Öffentlichkeit schützt
Darüber hinaus fehle ihm jedes Verständnis für das Vorgehen der Diebe, so Frank Schmidt. Denn: „Werke von dieser Bekanntheit sind eigentlich unverkäuflich.“ Je berühmter ein Werk sei, je größer sein Wiedererkennungswert, desto schwerer lasse es sich zu Geld machen. “Niemand kann etwa die ‚Mona Lisa’ verkaufen oder öffentlich versteigern lassen.“
Um den – auch unbeabsichtigten – Handel mit gestohlenen Objekten zu verhindern, gebe es das sogenannte Art Loss Register, ein internationales Verzeichnis gestohlener Kunst. Jedes vermisste Werk ist dort mit Bild aufgeführt; Händler und Auktionatoren sind verpflichtet zu überprüfen, ob ihnen angebotene Werke dort gelistet sind.
In der Bremer Kunsthalle will man sich nicht weiter zum Raub in Dresden und zu den eigenen Sicherheitsmaßnahmen äußern. „Wie man sich vorstellen kann, sind wir alle von dem Raub überrascht und schockiert“, sagt Direktor Christoph Grunenberg. Die Weserburg war am Dienstagnachmittag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Der verschwundene Schrumpfkopf aus Vegesack ist kein Einzelfall. Immer wieder werden Exponate, aber auch sakrale Gegenstände gestohlen. Zuletzt etwa waren aus der Kapelle des Birgittenklosters im Bremer Schnoor eine Reliquie der Heiligen Birgitta von Schweden, eine Hostienschale, eine Hostiendose und eine Monstranz entwendet worden. Einzig die Reliquie tauchte wenige Tage später wieder auf; ein Mann brachte das Exponat zurück ins Kloster. Er gab an, das Stück gekauft zu haben.
Für Aufsehen sorgte auch der Fall eines im Jahr 2013 aus dem Bremer Dom-Museum entwendeten Bischofsrings. Den Dieb plagten später Gewissensbisse, er gestand seine Tat.
Allein 2016 gab es nach Angaben der Katholischen Nachrichten-Agentur bundesweit mehr als 2000 Einbrüche in Kirchen und Kapellen. Allerdings hätten die Täter es nur selten auf sakrale Gegenstände abgesehen; meistens geht es nach Angaben von Polizei und Versicherung um Geld, etwa um Münzen aus dem Opferstock.
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