Gesundheitswesen Solidarisch wirtschaften

Eine teilweise Übernahme von Fixkosten im Gesundheitswesen könnte Krankenhäusern helfen, wirtschaftlich zu arbeiten. Gastautor Arno Gahrmann vergleicht das Prinzip mit dem der Bahncard.
04.03.2023, 05:00 Uhr
Lesedauer: 2 Min
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Von Arno Gahrmann

Die Insolvenz der Convivo-Pflegeheime wird vom Unternehmen damit begründet, dass ihnen zu wenig Pflegepersonal zur Verfügung steht, um ihre Bettenkapazität rentabel auszuschöpfen. Vor einem ähnlichen Problem stehen diejenigen Kliniken und ihre Abteilungen, deren Auslastung geringer ist als benötigt beziehungsweise als ursprünglich veranschlagt. Betriebswirtschaftlich ausgedrückt: Die vereinnahmten Fallpauschalen (quasi Festpreise für bestimmte Leistungen) übersteigen zwar die laufenden Ausgaben für Personal und Material, doch dieser Überschuss reicht nicht, um die fixen Kosten für Miete beziehungsweise Kreditkosten, Unterhalt, Beheizung und (energetische) Sanierung zu decken.

So vor wenigen Jahren auf Sylt. Dort wurde gegen den Widerstand von Bevölkerung und lokaler Politik die Geburtsstation der Nordseeklinik, die einzige der Insel, geschlossen und den Frauen vom Krankenhausbetreiber ernsthaft angeboten, rechtzeitig vor ihrem Termin eine Klinik der Gruppe in Hamburg aufzusuchen.

Diesen Kostendruck, auch abzulesen an den bis zur „blutigen Entlassung“ verkürzten Verweildauern und an der chronischen Überlastung des Personals, will die Politik nunmehr durch eine teilweise Übernahme dieser sogenannten Vorhaltekosten herausnehmen. Damit würde dieser Fixkostenblock nicht mehr wie ein drohendes Damoklesschwert über den Kliniken schweben und sie statt auf Kostensenkungsmaßnahmen stärker auf ihre eigentlichen medizinischen und pflegerischen Aufgaben konzentrieren lassen, ohne dass der Anreiz zu Effektivität verloren ginge.

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Eine solche teilweise Übernahme der fixen Kosten erscheint ohnehin bei Betrieben angebracht, auf deren Erhalt Menschen angewiesen beziehungsweise daran interessiert sind. Man kennt sie als Grundkosten bei Strom und Gas und als Bahncard: Wer sie kauft, beteiligt sich an den fixen Kosten der Bahn und erhält im Gegenzug rabattierte Fahrkarten, die zudem eine vermehrte Nutzung fördert.

Auch die „solidarische Landwirtschaft“ wurzelt in solcher Grundsicherung: Die Verbraucher übernehmen mit festen Beträgen einen Teil der Hofkosten, bezahlen dafür niedrige Preise und können sich darauf verlassen, dass ihr Hof sie auch künftig mit erwünschter Nahrung versorgt. Solche Verlässlichkeit wünschen sich beispielhaft auch viele Speditionen, Pendler und Touristen von der mehrfach eingestellten Fährverbindung von Cuxhaven nach Brunsbüttel – wie wäre es mit einem Mix aus Fährcard und staatlichen Zuschüssen?

Zur Person

Unser Gastautor

ist Wirtschaftsingenieur und emeritierte Professor der Hochschule Bremen. Er unterrichtete dort unter anderem Betriebswirtschaftslehre im Studiengang Pflegemanagement.

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