Die Jahre der Vorbereitung sind vorbei. Am Mittwoch hat Bürgermeisterin und Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) im Rathaus den Startschuss für die elektronische Rechnung gegeben. Von jetzt an können Firmen, die für die Stadt gearbeitet haben, ihre Rechnung per Internet elektronisch und damit papierlos einreichen. Ab 2020 sind Lieferanten sogar dazu verpflichtet. Alle Länder und Kommunen müssen ab Herbst 2019 E-Rechnungen akzeptieren. So schreibt es die entsprechende Richtlinie der Europäischen Union (2014/55/EU) vor. Bremen ist damit also nun ein Jahr schneller am Start.
Für Handwerksbetriebe und Handelsfirmen hat Bremen die Plattform Zerika geschaffen, in der dann die E-Rechnungen auflaufen sollen. Diese wiederum sollen dann das einheitliche Format mit dem Namen „XRechnung“ haben, auf das man sich im IT-Planungsrat geeinigt hat. Karoline Linnert sagte zum Start: „Bei der Umsetzung mussten wir alle Betriebe im Auge haben: sowohl den ganz kleinen Handwerksbetrieb, bei dem die Rechnungen womöglich abends am Küchentisch gemacht werden, als auch die größeren Unternehmen.“
Sowohl die Bremer Handwerkskammer als auch die Handelskammer waren von Anfang an mit eingebunden, um das Projekt auf den Weg zu bringen. Beide Kammern werden jetzt und auch in Zukunft den Firmen Beratung geben bei der Erstellung der elektronischen Rechnungen. Sowohl Stadt als auch Wirtschaft sollen von der E-Rechnung profitieren. Finanzstaatsrat Henning Lühr sagte: „Ziel ist es, dass die Firmen in der Hälfte der Zeit ihr Geld erhalten sollen, als das jetzt der Fall ist.“
Lühr bat dabei aber gleichzeitig um Verständnis, dass das noch nicht sofort der Fall sein werde und man sich auf dem Weg dorthin befinde. Auf der anderen Seite werde auch die Verwaltung davon profitieren. Das Finanzressort geht durch die E-Rechnung von Ersparnissen von rund 2,7 Millionen Euro pro Jahr aus – konservativ gerechnet. Die EU hat das Digitalisierungsprojekt mit 650 000 Euro gefördert. Das entspricht drei Vierteln der Gesamtkosten. Das Finanzressort arbeitet dabei mit zwei IT-Unternehmen zusammen: Governikus aus Bremen programmierte die notwendige Software, die Firma Dataport stellt die Rechnerleistung zur Verfügung.
Bremen hat die Vorreiterrolle übernommen
Beim Startschuss im Kaminsaal des Bremer Rathauses ging es durchaus humorvoll zu. So kokettierte Linnert ein wenig und sagte scherzhaft an die Hauptgeschäftsführerin der Handwerkskammer, Martina Jungclaus, gerichtet: „Hätten Sie gedacht, dass wir das wirklich pünktlich hinbekommen?“ Und der zuständige Referatsleiter im Finanzressort, Rainer Heldt, trug in einem Zwiegespräch zusammen mit seinem Kollegen mit einer gesunden Portion Selbstironie vor, was eine Verwaltung in drei Jahren alles an Vorlagen und Bestimmungen schreiben muss, um ein solches Projekt auf den Weg zu bringen. Am Ende waren dafür mehr als 2500 Seiten Papier notwendig, damit in Zukunft bei der Rechnung alles papierlos wird.
Dass viel Papier notwendig war, lag auch daran, dass Bremen beim Projekt E-Rechnung für den Bund die Vorreiterrolle eingenommen hatte. Der Verwaltungsexperte und Dozent für E-Government an der Fernuni Hagen, Peter Klinger, sprach im Rathaus positiv über das Projekt: „Und ansonsten gehe ich mit Lob sehr sparsam um.“ Er kritisierte in seinem Vortrag, wie Verwaltungen benachbarter Kommunen bei Projekten solcher Art in der Vergangenheit lieber gegeneinander als miteinander gearbeitet hätten.
Für die Akzeptanz von digitalen Angeboten gab Klinger unter anderem zwei Anregungen. Zum einen sollte doch jemand, der einen neuen Pass abholt, kostenlos ein Lesegerät dazu erhalten. Zum anderen forderte er: „Warum bietet eine Verwaltung ihre digitalen Leistungen im Internet nicht kostenlos an? Die Gebühren dafür sind doch auch jetzt schon eh nicht kostendeckend.“ Für Martina Jungclaus von der Handwerkskammer ist die E-Rechnung erst der Anfang. Sie will die gute Zusammenarbeit nutzen und gern als Nächstes mit der Verwaltung auch die Digitalisierung von Vergabe- und Bieterverfahren angehen.