Am Ende ist es doch schneller gegangen als gedacht. Lürssen hat am Sonntagabend den Kaufvertrag für die insolvente Elsflether Werft unterschrieben. Damit wird die Bremer Werftengruppe auch die "Gorch Fock", das Segelschulschiff der Deutschen Marine, fertigbauen. Diesem Vertrag muss am Mittwoch noch der Gläubigerausschuss der Elsflether Werft zustimmen, was voraussichtlich nur noch ein formaler Akt sein wird. Wenn dies erfolgt ist, könnte nach Informationen des WESER-KURIER die "Gorch Fock" bereits am Mittwochnachmittag von der Fassmer-Werft das kurze Stück auf der Weser zur Lürssen-Werft verholt werden.
Über die Kaufsumme ist Stillschweigen vereinbart worden. Aus dem Umfeld des Gläubigerausschusses ist ein Preis von 3,57 Millionen Euro genannt worden, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtet. Dafür übernimmt Lürssen die insolvente Werft mit ihren 130 Mitarbeitern. Für Arbeiten an der „Gorch Fock“ seit der Insolvenz im Februar würden weitere 800.000 Euro gezahlt. Zu diesen Zahlen äußerte sich weder der Sprecher der Elsflether Werft noch der Sprecher der Lürssen-Werft. Bevor der Gläubigerausschuss nicht dem Verkaufsvertrag zugestimmt hat, werde Lürssen sich ohnehin nicht offiziell äußern, hieß es von dem Bremer Traditionsunternehmen.
Axel Birk, Vorstand der Elsflether Werft AG, sagte über den Verkauf: „Die regionale Wirtschaft an der Unterweser wird nachhaltig gestärkt. Das maritime Know-how der hoch motivierten Belegschaft bleibt erhalten, unsere sehr gut ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden eine Bereicherung für die Lürssen-Gruppe sein.“ Der Aufsichtsratsvorsitzende der Elsflether Werft, Pieter Wasmuth, ergänzte: „Es ist uns gelungen, die Elsflether Werft an eine respektable deutsche Werftengruppe zu verkaufen. Sowohl für die Gläubiger als auch für die Mitarbeiter ist das eine hervorragende Lösung. Gleichzeitig wird auch der öffentliche Auftraggeber profitieren, denn die Weiterführung des Instandsetzungsauftrags des Segelschulschiffs ,Gorch Fock' wird ermöglicht." Laut Wasmuth fügt es sich nun bestens zusammen: Denn die einstige Bauwerft des Schiffes, Blohm+Voss in Hamburg, gehört heute ebenfalls zur Lürssen-Gruppe.
In seinem Hauptberuf ist Wasmuth eigentlich beim Energiekonzern Vattenfall der Generalbevollmächtigte für Hamburg und Norddeutschland. Er und Birk als Vorstandschef begannen im Januar bei der Elsflether Werft zu retten, was noch zu retten ist. Damals sagte Wasmuth dazu: "Die Motivation war die ,Gorch Fock‘. Beim Küstenmotorschiff ,Karl‘ hätte ich es wohl nicht getan.“ Zuvor war der neue Vorsitzende der Hamburger Sky-Stiftung, der die Elsflether Werft gehörte, an Wasmuth herangetreten, ob er sich den Job vorstellen könne. Birk und Wasmuth begannen mit ihren Jobs und arbeiteten sich durch die Finanzen der Werft. Doch mit der Zeit wurde es knapp.
Insolvenz in Eigenverwaltung
Einen Monat später musste das Unternehmen Insolvenz in Eigenverwaltung beantragen. Dazu wurde vom Amtsgericht ein vorläufiger Sachwalter bestellt. Die Strafanzeigen gegen die ehemaligen Vorstände der Elsflether Werft, Klaus W. und Marcus R., wurden ebenso gestellt. Die Ermittlungen dauern an. Vor allem Marcus R. steht im Verdacht, als Werftvorstand Kredite an mehrere Firmen vergeben zu haben, die ihm selbst gehören – unter anderem an eine Goldgrube in der Mongolei. Als im Februar Rechnungen über 20 Millionen Euro nicht beglichen werden konnten, wurde die Insolvenz beantragt.
Da waren die Kosten für die Sanierung der "Gorch Fock" längst aus dem Ruder gelaufen. Die sollte ursprünglich zehn Millionen Euro kosten, woraus inzwischen mehr als 128 Millionen Euro geworden sind. Darin eingeschlossen sind wohl auch die 800.000 Euro für den Mitarbeiter des Marinearsenals. Der kontrollierte vor der Insolvenz die Rechnungen der Elsflether Werft und hatte eingestanden, von der Werft ein Darlehen in Höhe von 800.000 Euro erhalten zu haben. Auch gegen ihn ermittelt die Staatsanwaltschaft.
Für Aufsehen sorgte die "Gorch Fock" dann im Mai und Juni. Da lag das Marineschulschiff seit mehr als drei Jahren bei der Bredo-Werft in Bremerhaven. Die wollte das Schiff erst zu Wasser lassen, wenn auf dem Konto von Bredo 5,1 Millionen Euro eingegangen waren. Auf diese Summe hatte sich das Unternehmen nach einem Vergleich geeinigt. Dazu gab es im Mai ein Treffen mit Vertretern des Verteidigungsministeriums, der Werften sowie der Landesregierung von Bremen und Niedersachsen. Dort hatten sich alle Beteiligten auf diese Summe geeinigt. Ursprünglich hatte die Bredo-Werft die bisher aufgelaufenen Kosten auf 10,5 Millionen Euro beziffert. Begleitet wurde dies von einer juristischen Auseinandersetzung vor dem Bremer Landgericht und dem Oberlandesgericht. Doch schließlich wurde die "Gorch Fock" von Bremerhaven zur Fassmer-Werft nach Berne verholt.
Der Insolvenzanwalt und Generalbevollmächtigte der Elsflether Werft, Tobias Brinkmann, sagte am Montag: „Wir werden jetzt die Übergabe der Werft und des Instandsetzungsauftrags an der 'Gorch Fock' zum Monatsende vorbereiten. Für das laufende Insolvenzverfahren ist das ein bedeutender Schritt: Die Betriebsfortführung der Elsflether Werft AG erweist sich damit als vorteilhaft sowohl für die Gläubiger als auch für unsere Kunden und Mitarbeiter. Sie sichert die Zukunft des Unternehmens.“ Fortgeführt werden auch die strafrechtlichen Ermittlungen gegen die ehemaligen Werft-Vorstände.
Seitens des Verteidigungsministeriums gab es am Montag keine ausladenden Kommentare. Der zuständige Sprecher sagte dem WESER-KURIER über den Lürssen-Kauf: "Wir beobachten die Schritte genau." Lürssen will den Traditionssegler 2020 fertig saniert an die Marine übergeben damit diese endlich wieder den Offiziersnachwuchs auf dem Schiff ausbilden kann. Bis dahin werden 200 Kadetten auf der „Alexander von Humboldt II“ ausgebildet.
+++ Der Text wurde um 20.16 Uhr aktualisiert +++
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