Singen, feiern, tanzen – und das mit 10.000 anderen Menschen etwa bei einem Udo-Lindenberg-Konzert in der ÖVB-Arena. So etwas wird es in diesem Jahr nicht mehr geben. Das kann Hans Peter Schneider, Geschäftsführer der stadteigenen Bremer Messegesellschaft M3B, aufgrund der Corona-Pandemie ausschließen. Auch das Messe- und Kongressgeschäft liege weiterhin brach und werde frühestens im dritten Quartal unter strengen Hygieneregeln starten können. Im Gegensatz zu vielen externen Unternehmen, mit denen M3B im Veranstaltungsbereich zusammenarbeite, habe die Messegesellschaft zumindest ein paar Geschäftsfelder, die zum Teil funktionieren und zum Teil neu dazugekommen sind.
„Auch wenn der Großteil an Konzerten, Kongressen und Veranstaltungen im vergangenen Jahr ausgefallen ist und auch in den nächsten Monaten ausfallen wird, können wir uns über Wasser halten“, so Schneider. So laufe beispielsweise auf dem zu M3B gehörenden Großmarkt alles weiter wie sonst. „Außerdem werden unsere Messe-Hallen auf der Bürgerweide alternativ genutzt – wegen der Corona-Situation. So tagt die Bürgerschaft in den Messehallen, und die Corona-Ambulanz, das Bürgertelefon und das Impfzentrum ist dort untergebracht.“ Etwa 30 der rund 120 Mitarbeiter der Messegesellschaft seien dafür derzeit im Einsatz und unterstützen die Behörden. Weitere 30 Mitarbeiter befinden sich in Kurzarbeit.
Neben Messe und Kongressen sowie dem Großmarkt und dem Weinhandel des Bremer Ratskellers will die M3B GmbH nun ein weiteres Geschäftsfeld an den Start bringen. Peter Schneider sagt: „Wir haben im Foyer der ÖVB-Arena ein Streaming-Studio aufbauen lassen und erarbeiten weitere digitale Übergangsmöglichkeiten für das Veranstaltungsgeschäft“ Die Nachfrage dafür sei vorhanden: „Wir bieten beispielsweise die Bremen Classic Motorshow am 6. Februar digital an.“
Der M3B-Geschäftsführer ergänzt: „Die Menschen sehnen sich zwar nach realen Veranstaltungen und nach realem Austausch, aber diese digitalen Formate sind wenigstens eine Möglichkeit, diese veranstaltungsfreie Zeit ein bisschen themenbezogen zu überbrücken.“ Hierbei sieht Peter Schneider eine wichtige Funktion: „Wir wollen damit unsere Zielgruppe bedienen und zeigen, dass wir da sind und bald mit realen Veranstaltungen wieder da sein werden.“ Durch digitale Formaten wie der Messe und dem Kongress "Leben und Tod sowie "Wissenwerte", dem Kongress für Wissenschaftsjournalisten, habe M3B bereits wertvolle Erfahrungen sammeln können.
Wegfall zumindest teilweise kompensieren
Die Installation des Streaming-Studios habe eine externe Firma übernommen, „mit der wir sonst im Bereich Licht und Ton bei Veranstaltungen zusammenarbeiten“, so Schneider. Mit diesem Auftrag werde sich das Unternehmen nicht wirtschaftlich erholt haben, aber zumindest sei das ein kleiner Lichtblick gewesen. Der Großteil der Firmen, die im Veranstaltungsbereich tätig seien, seien weiterhin auf Kurzarbeit, Novemberhilfen und Überbrückungsgelder angewiesen: „Je dichter das Geschäft am Live-Event gekoppelt ist, desto größer ist die Abhängigkeit.“ Und nur eine kleine Anzahl der Unternehmen könne mal eben ein neues Geschäftsmodell aus dem Hut zaubern, um so den Wegfall des Hauptgeschäftes zumindest teilweise kompensieren zu können.
Das Geschäft vom Geschmackslabor Messe & Eventcatering GmbH ist eng mit den Veranstaltungen der Messe GmbH verbunden. „In diesem Bereich haben wir durch die Corona-Pandemie nahezu einen Ausfall von 100 Prozent“, sagt Vertriebschef Jens Wehrenberg. Dafür eine Kompensation zu finden, sei ausgeschlossen. Der Bereich Kundenveranstaltungen sei ebenfalls mit weniger als 90 Prozent Umsatz im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit eingebrochen. Der dritte Geschäftsbereich, die Kindertagesstätten- und Schulverpflegung, funktioniere zum Teil noch.
„Natürlich wünschen wir uns, dass es so schnell wie möglich wieder mit Veranstaltungen jeglicher Art losgeht“, stellt der Wehrenberg fest. „Doch die Branche kann es sich nicht erlauben, dass leichtsinnig geöffnet wird.“ Es müssten höchste Hygienestandards gelten.
Damit man in ein paar Monaten wieder starten könne, sei es sinnvoll, wenn die Politik umgehend einen Stufenplan erstellen würde. Dieser solle klar definieren, bei welchen Inzidenzwerten welche Veranstaltungen unter welchen Standards wieder möglich sein können, fordert Wehrenberg. Das gebe Planungssicherheit: „Dabei müssten natürlich auch die Erkenntnisse mit einfließen, die wir in den vergangenen Monaten in Verbindung mit Corona gesammelt haben.“ Dazu gehöre beispielsweise, Schnelltests zu verwenden, um Veranstaltungen mit mehr Menschen wieder zu ermöglichen. Bis dahin müsse die Branche durchhalten: „Wir wollen auch langfristig für unsere Kunden da sein.“ Das bedeute, dass die Kosten weiterhin massiv runtergefahren werden.
900.000 Besucher jährlich
In normalen Zeiten kommen jährlich etwa 900.000 Besucher in die ÖVB-Arena, die Messehallen und das Kongresszentrum. Rund 8.000 Aussteller zieht es an die Bürgerweide. Im vergangenen Jahr mussten aufgrund der Corona-Pandemie nach Angaben der Messegesellschaft 90 von 122 geplanten Veranstaltungen ausfallen. Statt 900.000 zählte die Messegesellschaft 220.000 Besucher.