Wenn die Deutsche Post einen Brief befördert, soll der eigentlich am nächsten Tag beim Empfänger sein. Doch das scheint in Bremen in manchen Ecken Wunschdenken zu sein. Ein Leser (Name ist der Redaktion bekannt) machte darauf aufmerksam, dass er immer wieder Briefe mit einem Tag Verspätung erhält. Gerade in diesen Tagen, in denen die Gutscheine für FFP2-Masken verschickt werden, erhalte die Briefzustellung eine zusätzliche Bedeutung.
Das Beispiel ist kein Einzelfall, wie aus einer parlamentarischen Anfrage der FDP-Fraktion ans Bundeswirtschaftsministerium hervorgeht. Demnach brauchten Briefe bei der Deutschen Post zuletzt länger als früher. So waren im dritten Quartal 2020 noch 85,4 Prozent der Sendungen am nächsten Werktag beim Adressaten. Das sind 2,3 Prozentpunkte weniger als 2019. In den Jahren zuvor hatte es zwar auch Rückgänge gegeben, diese waren aber schwächer.
Die Post begründet die negative Entwicklung mit der Corona-Pandemie. Wegen Covid-19 sei es zu „Abweichungen“ gekommen, etwa durch geänderte Transportprozesse, sagt ein Konzernsprecher. Durch Abstandsregelungen können demnach zum Beispiel in Briefzentren mitunter weniger Beschäftigte arbeiten als zuvor, dadurch wiederum werden weniger Briefe bearbeitet und es bilden sich Rückstände.
Verzögerungen kann es beim konkreten Bremer Beispiel aber auch durch das Arbeitsaufkommen geben, wie Thomas Warner als Verdi-Fachbereichsleiter für Postdienste erläutert: „Wenn die Briefzusteller ihre Höchstarbeitszeit erreicht haben, sollen sie abbrechen und zurückfahren. Mit den Briefen, die sie nicht mehr zustellen konnten, sollen sie am nächsten Tag an der gleichen Stelle weitermachen. Doch da kommen dann ja noch die Briefe vom neuen Tag hinzu.“ Außerdem sollen sie nun auch kleine Pakete zustellen. Gleichzeitig kritisiert Warner, dass zu viele Zusteller einen zeitlich befristeten Vertrag erhalten: „Das ist für manchen dann unattraktiv, der sich dann lieber eine andere Tätigkeit sucht.“ Von diesen Befristungen soll die Post laut Warner Abstand nehmen, wenn sie langfristig Mitarbeiter binden möchte.
Laut Deutscher Post haben in Bremen die meisten Zusteller einen unbefristeten Vertrag. „Im letzten Jahr haben wir aufgrund des Lockdown sowie zur Bewältigung der hohen Sendungsmengen in der Weihnachtszeit zusätzliche Mitarbeiter befristet eingestellt“, sagt ein Postsprecher. Bei Interesse haben sie gute Chancen auf eine längerfristige Beschäftigung. Da die Zusteller fünf Tage pro Woche arbeiten, gebe es für den sechsten Tag mindestens einen Vertreter. Eine Schicht solle 8,5 Stunden dauern. Verdi berichtet dagegen von Arbeitseinsätzen mit zehn Stunden pro Tag oder noch länger. Die Überstunden werden laut Post ausgeglichen.
Wegen Corona gebe es laut dem Postsprecher eine Änderung: „Zur Reduzierung von sozialen Kontakten arbeiten unsere Zusteller in Bremen derzeit im Zwei-Schichtsystem. Das bedeutet, es gibt eine wöchentliche Früh- und Spätschicht. Entsprechend werden Briefe und Pakete am Tag auch mal später als gewöhnlich zugestellt.“ Eine Verzögerung gebe es dadurch aber nicht, es werde nach wie vor taggleich zugestellt.
Die Größe der Zustellbezirke sei in den vergangenen Jahren an die Sendungsmengen angepasst worden. Seit 2000 ist die Briefmenge in Deutschland um mehr als 18 Prozent gesunken, wie aus Zahlen der Universal Postal Union hervorgeht. Die Deutsche Post strebt daher für die Zukunft die Zustellung nur noch an fünf Tagen an. Dazu muss aber das Postgesetz geändert werden. Das wird vor der Bundestagswahl jedoch nicht mehr passieren.
Briefporto bleibt bei 80 Cent
Das Porto für einen Standardbrief wird wohl bei 80 Cent bleiben. Mitbewerber hatten geklagt, weil das Postgesetz nicht die Art der Berechnung erlaube, mit der die Deutsche Post die Erhöhung begründet hatte. Die Bundesregierung will das Postgesetz so ändern, dass bei der Portoerhöhung alles beim Alten bleibt. Die nächste Erhöhung soll 2022 kommen.
Wovon Verbraucher profitieren: Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch auch, dass künftig alle Post- und Paketdienstleister am Schlichtungsverfahren der Bundesnetzagentur teilnehmen müssen. Bisher ist die Teilnahme nur freiwillig. Der Paketdienstleister Hermes machte schon vorher mit, der Marktführer Deutsche Post DHL nicht.