Bremen. Viele junge Leute sind mit der Qualität ihrer Berufsausbildung unzufrieden. Jeder Fünfte bricht seine Lehre sogar vorzeitig ab. Das geht aus einer Untersuchung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) hervor.
Besonders hoch ist demnach die Abbrecherquote im Handwerk. Dort wirft jeder Vierte vorzeitig hin. Mit sieben Prozent vergleichsweise niedrig sei dagegen die Abbrecherquote im öffentlichen Dienst. Dazu zählt zum Beispiel die Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten.
Untersucht hatte das BIBB die Ausbildungsverhältnisse in insgesamt 51 Berufen aus allen Branchen, die etwa 80 Prozent aller Ausbildungsverträge abdecken. Im Durchschnitt aller Fälle wurde der Lehrvertrag nach zwölf Monaten vorzeitig beendet. Erstmals berechneten die Forscher dabei auch die Kosten, die den Betrieben durch die vorzeitige Vertragskündigung entstehen. Im Schnitt hatten sie bis dahin netto rund 6800 Euro in den Nachwuchs investiert, sagt Felix Wenzelmann, der Autor der Studie. Den Vorteil der billigen Arbeitskraft hat er dabei berücksichtigt. Hochgerechnet auf alle von einem frühzeitigen Ausbildungsabbruch betroffenen Unternehmen summierten sich die Kosten auf insgesamt 580 Millionen Euro.
"Gesamtwirtschaftlich betrachtet fällt der Verlust jedoch bedeutend geringer aus", stellt Wenzelmann fest. "Nach bisherigen Schätzungen nimmt etwa die Hälfte der Auszubildenden nach einer Vertragsauflösung wieder einen neuen Ausbildungsplatz an. Der neue Betrieb kann hierauf aufbauen und hat somit einen geringeren finanziellen Aufwand."
Nach Ansicht der Gewerkschaften hängen die hohen Abbrecherzahlen vor allem mit der mangelnden Ausbildungsqualität in einzelnen Berufen zusammen. Das betrifft vor allem das Hotel- und Gaststättengewerbe, wie der Ausbildungsreport 2012 des Deutschen Gewerkschaftsbundes zeigt. Danach liegt in diesen Lehrberufen die Abbrecherquote sogar bei über 40 Prozent. So klagen die Auszubildenden in dieser Branche besonders oft über schlechte Anleitung und permanent viele Überstunden. Auf der Liste der 25 häufigsten Lehrberufe landen die Restaurant- und Hotelfachleute in Punkto Zufriedenheit denn auch seit Jahren auf den letzten Plätzen, gleich nach den Kochlehrlingen.
"Wir können das so nicht hinnehmen", sagt Thomas Schlüter, Hauptgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) in Bremen. "Die Betriebe müssen dringend etwas tun, wenn sie in Zukunft nicht ohne Nachwuchs dastehen wollen." Dazu gehöre nicht nur, etwa Überstunden und Wochenenddienste möglichst einzudämmen – "es geht auch darum, dass man die jungen Leute respektvoll behandelt". Einige Unternehmen hätten das immer noch nicht erkannt. Ein spezieller Leitfaden für Ausbilder, vom Verband herausgegeben, soll den Verantwortlichen auf die Sprünge helfen. Außerdem hat der Dehoga zusammen mit der Bremer Handelskammer eine sogenannte Task Force gegründet. Schlüter: "Wir besuchen auffällige Betriebe und sprechen die Punkte an, die verbesserungsbedürftig sind."
Es gebe auf der anderen Seite aber auch jetzt schon viele Positivbeispiele in der Branche, versichert der Verbandsgeschäftsführer: zum Beispiel Hotelunternehmen, die ihren Auszubildenden freiwillig eine höhere Vergütung zahlten und ihnen zudem eine Übernahmegarantie geben.
Eher selten werden Ausbildungsverträge in der Finanzbranche gelöst. So kommen von angehenden Bankkaufleuten auch im jüngsten DGB-Report erneut die besten Beurteilungen für die Qualität der eigenen Ausbildung. Platz zwei belegt die Ausbildung zum Industriemechaniker. Auf Rang drei und vier finden sich Mechatroniker und Industriekaufleute.