Kronen. Damit kennt sich Maximilian Salzer aus. Nicht mit den majestätischen goldenen Behauptungen oder mit der Währung. Und nein, auch nicht mit den Kronen im Mund. Baumkronen – darum geht es! Die prägen Salzers Alltag, auch jetzt wieder, an diesem Freitagvormittag: Der 24-Jährige steht auf einer Hebebühne, fährt langsam in die Höhe, zehn Meter, zwölf, 15, bis ihn Äste und Blätter umgeben. Von dort oben hat man einen herrlichen, weiten Blick über Oberneuland. Er aber interessiert sich nur für das, was unmittelbar vor seinen Augen ist: den Baum.
Salzer ist Geschäftsführer des Bremer Baumdienst (BBD), einem 1999 von seinem Vater Dirk Salzer gegründeten Unternehmen für Dienstleistungen rund um Baum- und Grünflächenpflege sowie Garten- und Landschaftsbau. Mit seinem 20-köpfigen Team ist er vor allem in Bremen, Niedersaschen und Hamburg für private und öffentliche Auftraggeber unterwegs. In den Wallanlagen, auf dem Gelände des Club zur Vahr und auf etlichen Privatgrundstücken sind sie im Einsatz, um Grün zu pflegen. Und jetzt, an diesem Freitag, eben in Oberneuland.
Es ist Sommer, und für Salzer heißt das: Der Baumbeschnitt hat Saison. Was im Frühling wuchs und gedieh ist mittlerweile zu lang. Die Schattenspender nehmen Licht, finden die Nachbarn, und nun soll der BBD die überstehenden mächtigen Äste behutsam vom Stamm trennen. Die Motorsäge heult auf, und wenige Sekunden später segelt das Gehölz an einem Strick befestigt nach unten.
Beeindruckende Eichen
„Mensch, Du packst ja noch fester zu als Vaddern!“, ruft ein Nachbar, der das Spektakel schon eine Weile beobachtet hat und der Maximilian Salzer jetzt, nach getaner Arbeit, die Hand reicht. Salzer zuckt lächelnd mit den Schultern, dann gehen die beiden rein ins Haus, besprechen, was im Garten gemacht werden muss. Stammkunden wie diesen hat der BBD viele. „Alle zwei bis drei Jahre sind Kontrolle und Pflege bei einem Baum notwendig“, sagt der 24-jährige zertifizierte Baumkontrolleur, der auch staatlich geprüfter Fachagrarwirt für Baumpflege ist. „Bei alten Bäumen mit vielen Höhlungen im besten Fall sogar zwei Mal im Jahr.“ Hier, in Oberneuland, stehen besonders viele dieser alten Gewächse.
Im Moment gibt es viel für den BBD zu tun. „Städte, Kommunen, aber auch Eigentümer, erkennen wieder stärker den Wert gepflegten Grüns“, sagt Salzer. Weil Pflanzen das Wohlbefinden steigern, Schatten spenden, für reine Luft sorgen. Und weil sie den Wert von Immobilien steigern. Auch den eigenen Garten lassen sich immer mehr Menschen planen und anlegen. „Im Gartenbau nimmt die Nachfrage spürbar zu.“
Klar, das Neugestalten von Grün macht Salzer Spaß. Richtig ins Schwärmen aber kommt er, wenn es um alte Bäume geht. Nicht selten hat er mit Exemplaren zu tun, die 200 bis 300 Jahre alt sind, Buchen zum Beispiel; und bei der Pflege von Naturdenkmälern war der BBD auch schon für mehr als 400 Jahre alte Eichen zuständig. Für letztere hat Salzer am meisten übrig. „Wenn man vor so einer richtig alten Deutschen Eiche steht, die Jahrhunderte überdauert hat – das ist schon beeindruckend“, sagt der Geschäftsführer. In seinem eigenen Garten allerdings findet sich kein einziger Baum. Noch nicht, fügt er grinsend hinzu. „Wenn ich meinen nächsten Garten plane, dann wird es dort auf jeden Fall eine Menge Bäume geben.“
Im Moment bleibt dem 24-Jährigen sowieso kaum Zeit für Gartenarbeit. Sein Arbeitsalltag beginnt meist um halb sechs am Morgen in der Firma in Oyten, anschließend ist er viel unterwegs in den Gärten und Grünanlagen seiner Kunden und Auftraggeber. Im Fernstudium setzt der 24-Jährige sich mit dem Thema Urban Forestry auseinander, dem Schutz und der nachhaltigen Entwicklung von Grünräumen in Städten. In seinem Auslandsjahr in Australien hat er als Treeworker gearbeitet. Bäume, das kann man nicht anders sagen, stehen schon lange im Mittelpunkt seines Alltags.
Jetzt also im großen Stil, mit einem eigenen Unternehmen, seit er vor einem Jahr das Geschäft von seinem Vater übernommen hat. „Im Grunde genommen geht es vor allem darum, die Natur an die Anforderungen des Menschen anzupassen und für Verkehrssicherheit zu sorgen.“ Wer Bäume besitzt, ist laut Paragraf 823 Absatz 1 im Bürgerlichen Gesetzbuch dazu verpflichtet, dafür zu sorgen, dass sie Personen und Sachen nicht beschädigen können. Mit der Tochterfirma Baumblick kümmert sich Salzer darum, Gutachten zu Bäumen zu erstellen, um ihren Wert zu ermitteln oder um zu prüfen, ob die Verkehrssicherheit noch gegeben ist. Höhlungen, Risse, Käfer – sie können ein Hinweis darauf sein, dass etwas nicht stimmt.
Um das herauszufinden, gibt es neben der reinen visuellen Begutachtung auch verschiedene andere Methoden, etwa den Resistograph. „Dabei handelt es sich um eine Bohrwiderstandsmessung“, sagt Salzer. „Wir bohren in den Baum und erkennen anhand des Drehwiderstands, ob das Holz im Stamm verfault ist.“ Bei der Schalltomografie hingegen werden 24 Sensoren rund um den Stamm angebracht, die sich untereinander Schall zusenden. „Dadurch entsteht eine grafische Darstellung, die Aufschluss über den Zustand des Baumes gibt.“ Ist ein Stamm marode, muss der Baum so schnell wie möglich gefällt werden – bei besonders hohen Bäumen keine günstige Angelegenheit, vor allem, wenn die Wurzel mit entfernt werden muss. „Was in der Krone ist, ist in etwa auch an Wurzelwerk vorhanden“, gibt der zertifizierte Baumkontrolleur zu bedenken. „In erster Linie versuchen wir aber, den Baum so lange wie möglich zu erhalten.“
Blick für Bäume auch im Urlaub
Zur aktuellen Jahreszeit steht der Baumschnitt im Vordergrund. Der Fuhrpark dafür mit Steigern und Hebebühnen stammt von der Partnerfirma Liftvermietung Nord. 300 Kubikmeter Schnittgrün kommen durchschnittlich im Monat zusammen. Während Stammholz gelagert und beispielsweise an Tischlereien verkauft wird, ist das Schnittgut vor allem Energiemasse, etwa für Biogasanlagen. Und auch, wenn Salzer vor allem mit Holz als Biomasse in seinem Geschäftsalltag zu tun hat – seine Begeisterung für den Beruf bezieht sich weniger auf das Handelsgut als vor allem auf das, was in der Umwelt verbleibt. „Mich fasziniert, dass man etwas mit seinen eigenen Händen tun kann, was Spuren in der Natur hinterlässt“, sagt Salzer, „sowohl unmittelbar sichtbar, als auch nachhaltig, weil die Pflege den Pflanzen gut tut.“ Sein Blick auf die Natur hat sich durch seine Arbeit verändert: Als er vor Kurzem im Urlaub in Spanien eine Kiefer mit eingerissenem Kronenstamm entdeckt hat, hat er den Hotelbetreiber darauf aufmerksam gemacht und Tipps zur weiteren Vorgehensweise gegeben. Und auch sonst lässt ihn das Thema nicht los. „Ich überlege eigentlich immer, wenn ich mir Bäume anschaue, was man mit etwas Pflege alles daraus machen könnte.“
Apropos daraus machen: Salzer muss auch schon wieder weiter. Aus Oberneuland nach Rotenburg, um am Nachmittag den Garten eines Kunden neu zu planen. Ob Salzer für die Zukunft eine Vision für BBD hat? „Ich halte es da mit den Bäumen“, sagt er und grinst, „wir setzen auf ein kontinuierliches, natürliches Wachstum.“