Nach der Privatisierung der HSH Nordbank spielt die größte norddeutsche Landesbank NordLB Szenarien für ihre Zukunft durch. Es gebe verschiedene Modelle, teilte das niedersächsische Finanzministerium in Hannover mit. Eine Privatisierung werde nicht ausgeschlossen, konkrete Pläne gebe es aber nicht. „Es ist noch nichts entschieden“, sagte eine Sprecherin.
Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ berichtete unter Berufung auf Finanzkreise, die NordLB könne möglicherweise ebenfalls an private Investoren verkauft werden. Laut „Spiegel“ soll der von der EU-Kommission erzwungene Verkauf der HSH Nordbank an die US-Finanzinvestoren Cerberus und J.C. Flowers einen Sinneswandel in Hannover ausgelöst haben.
Die NordLB leidet ebenso wie ehedem die HSH, die zuvor Hamburg und Schleswig-Holstein gehörte, unter faulen Schiffskrediten in Milliardenhöhe. Ein Teil geht zurück auf riskante Geschäfte, die die frühere Bremer Landesbank einging. Das Institut ist inzwischen komplett in der NordLB aufgegangen, auch die Marke BLB soll demnächst verschwinden.
Zwar kehrte die NordLB 2017 in die Gewinnzone zurück. Das Institut erreichte eine Eigenkapitalquote von rund zwölf Prozent. Allerdings braucht die Landesbank frisches Kapital, um Kreditausfälle stemmen und wettbewerbsfähig bleiben zu können. Erst kürzlich hatte der Präsident des niedersächsischen Sparkassenverbandes, Thomas Mang, davon gesprochen, die NordLB befinde sich „angesichts des drückenden Schiffsportfolios in einer durchaus schwierigen Lage“.
Daher gebe es im Trägerkreis Gespräche über eine „neue Ausrichtung“, so Mang. Haupteigner der NordLB ist das Land Niedersachsen – neben Sachsen-Anhalt, dem Sparkassenverband Niedersachsen, dem Sparkassenbeteiligungsverband Sachsen-Anhalt und dem Sparkassenbeteiligungszweckverband Mecklenburg-Vorpommern.
Nach Milliardenverlusten noch im Vorjahr hatte die NordLB in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2017 einen Gewinn von 228 Millionen Euro erzielt. Im gesamten Jahr 2016 hatten Rückstellungen für faule Schiffskredite noch einen Rekordverlust von knapp zwei Milliarden Euro verursacht. Im dritten Quartal 2017 verbuchte die NordLB indes einen Verlust von insgesamt 43 Millionen Euro. Dieser hängt mit Restrukturierungskosten für die Ende August des vergangenen Jahres abgeschlossene Übernahme der Bremer Landesbank zusammen.
Stresstest im Herbst
Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) hatte noch im Dezember betont, die Landesbank sei wirtschaftlich stabil und habe weder Refinanzierungs- noch Liquiditätsprobleme. „Die Frage ist, ob sich durch verschärfte Bestimmungen der Aufsichtsbehörde weitere Anforderungen ans harte Kernkapital ergeben und man da unter Druck kommt“, sagte er damals. „Die NordLB ist nicht üppig mit Eigenkapital ausgestattet, das wissen wir.“
Laut „Spiegel“ reichen Überlegungen der NordLB von einer Veräußerung einzelner Sparten bis zum Komplettverkauf. Investoren wie Cerberus werde Interesse nachgesagt. Im Herbst stehe der nächste Stresstest an, dann prüfe die europäische Bankenaufsicht, wie krisenfest die Institute sind.
Finanzspritzen durch das Land Niedersachsen gelten ebenso wie Hilfen durch den Sparkassenverband als heikel. Die europäische Bankenaufsicht könnte eine solche staatliche Stützungsaktion als unzulässige Beihilfe ansehen. Dies engt den Spielraum der Eigentümer bei der Sanierung der Landesbank erheblich ein. Den Verkauf der HSH Nordbank hatten Hamburg und Schleswig-Holstein Ende Februar besiegelt.
Die Investorengruppe um Cerberus und J.C. Flowers soll etwa eine Milliarde Euro bekommen. Cerberus und Flowers halten künftig rund 80 Prozent des Instituts, kleinere Anteile gehen an die US-Gesellschaft GoldenTree und an Centaurus Capital aus London sowie die österreichische Bawag, die Cerberus zuzurechnen ist. Die Länder verzichten auf die Möglichkeit, vorübergehend an einer Minderheitsbeteiligung festzuhalten.
Notwendig geworden war der Verkauf durch eine Auflage der EU-Kommission, nachdem die Länder die Bank zwei Mal mit staatlichen Mitteln vor der Insolvenz gerettet hatten. Für die Länder endet damit ein Finanzdesaster, das sich über rund zehn Jahre hinzog und von zahlreichen politischen und wirtschaftlichen Fehleinschätzungen geprägt war. Den Grundstein dafür legte die Bank mit einer überzogenen Expansionsstrategie in den Jahren 2003 bis 2007.
Hamburg und Schleswig-Holstein müssen für ihr Landesbank-Abenteuer einen enormen Preis zahlen. Für Altlasten und staatliche Garantien kommen die Steuerzahler auf. Voraussichtlich werden die Haushalte mit jeweils mindestens 5,4 Milliarden Euro belastet. Darin sind noch nicht einmal alle Kosten enthalten. Die Sonderbelastung führt in den Ländern zu einer stark steigender Verschuldung.