Im ersten Halbjahr haben sich Kunden deutlich häufiger über die Deutsche Post und ihre Wettbewerber beschwert als im Jahr zuvor. Bei der Bundesnetzagentur gingen bis Ende Juni mehr als 10.000 schriftliche Beschwerden ein, wie die Behörde mitteilte. 2019 waren es im gleichen Zeitraum rund 8700 Beschwerden.
Rund die Hälfte der kritischen Meldungen betrafen Pakete, häufigstes Thema waren Probleme bei der Zustellung. Das ist erstaunlich, da nach Aussagen von Paket-Dienstleistern die Zustellung bei Privathaushalten in den Hochzeiten der Corona-Krise besser klappte als in anderen Zeiten, da viele Menschen sich mehr zu Hause aufhielten. Weitere 35 Prozent der Beschwerden bezogen sich auf Briefe. Anders als im Paket-Bereich dürfte sich hier der übergroße Teil der Beschwerden auf die Dienstleistung der Deutschen Post beziehen, die bei Briefen einen Marktanteil von mehr als 80 Prozent hat.
Wer Probleme hat beim Erhalt von Briefen oder Paketen, kann sich bei der Bundesnetzagentur melden, die als Regulierungsbehörde zuständig ist für die Post- und Paketbranche. Offen ist allerdings, ob sich aus den seit Langem steigenden Beschwerdezahlen tatsächlich auf eine schlechtere Qualität der Dienste schließen lässt. Womöglich war vielen Bürgern ja lange gar nicht bekannt, dass sie sich offiziell beschweren können.
Bei der Post kann man den Anstieg nicht nachvollziehen: Dort stelle man vielmehr einen Rückgang von Beschwerden fest, sagte ein Sprecher – „und dies trotz der großen coronabedingten Herausforderungen, die teils zu berechtigten Beschwerdeanlässen geführt haben“. Das könne daran liegen, dass sich die Beschwerdezahlen der Netzagentur auf die gesamte Branche bezögen. Im Verhältnis zu den insgesamt abgewickelten Sendungen sei die Zahl der Beschwerden weiterhin sehr gering, betonte die Post – auf eine Million Sendungen komme gerade einmal eine Beschwerde.
Paket in die Mülltonne geworfen
Auch bei der Bremer Verbraucherzentrale laufen momentan wenig Beschwerden auf. Annabel Oelmann sagte: „Bei einem Fall ging es um ein Paket, das für 50 Euro in die USA gehen sollte. Nach zwei Tagen war es weg.“ Ansonsten seien es die Probleme, die die Menschen auch auf der Internetseite www.post-aerger.de der Verbraucherzentrale schildern. „Da wird das Paket zum Beispiel in die Mülltonne geworfen, oder man findet eine Karte im Briefkasten mit dem Hinweis ‚Empfänger nicht angetroffen‘, obwohl dieser daheim war“, ergänzte Oelmann.
In den Monaten von März bis Mai gab es bei DHL ein Paketaufkommen, das das Unternehmen sonst nur in den Monaten November oder Dezember hat. Laut Dienstleistungsgewerkschaft Verdi habe man auf diese Situation nicht sofort mit zusätzlichen Mitarbeiterin reagieren können. „Wenn dann auch noch Mitarbeiter coronabedingt ausfallen wie zum Beispiel im DHL-Verteilzentrum Hemelingen, kann man das nicht so schnell mit anderen Kräften, die vielleicht aus der Zeitarbeit sind, kompensieren“, fügte Thomas Warner, Verdi-Fachbereichsleiter für Postdienste in Bremen, hinzu.
Zumal zusätzliche Kräfte ja auch erst mal eingearbeitet werden müssten. Um die Paketflut zu bewältigen, habe DHL in den letzten Monaten in zwei Wellen ausgeliefert: die erste Runde vormittags, die zweite bis in den Abend hinein.
Die Zeitschrift „Chip“ berichtet aktuell von Problemen bei Hermes: Es gebe Fälle, bei denen die Zustellung vom Verteilzentrum an die Haustür nur vorgetäuscht werde. Der daheim sitzende Kunde erhielt die Nachricht „Empfänger nicht angetroffen“. So konnte Hermes zwei Tage Zeit bei Sendungen von Onlineshops gewinnen. Mit einem Testpaket hatte „Chip“ die gleiche Erfahrung gemacht.