Firmen und Jungunternehmer bieten Workspace an Schreibtische in Cafés mieten

Bremen. Arbeitsplätze, die man mieten kann oder in Cafés angeboten werden – eine Bewegung, die in vielen Städten längst Tradition hat, kommt in Bremen dafür mit neuen Konzepten und Kombinationen in Schwung.
09.08.2013, 05:00 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Von Stefanie Grube

Bremen. Arbeitsplätze, die man mieten kann oder in Cafés angeboten werden – eine Bewegung, die in vielen Städten längst Tradition hat, kommt in Bremen dafür mit neuen Konzepten und Kombinationen in Schwung.

Brain and Breakfast, so haben die beiden Designer die Planungsphase genannt, in der sie ihr Café-Konzept entwarfen. Da hatten Saskia Burghardt und Christian Leon schon den Zuschlag für den Raum in der Lloyd-Passage in der Bremer Innenstadt. Hier sollte, so der Plan, ein Café entstehen, das auch ein Workspace ist: "Hier kann man, ob allein oder im Team, mit WLAN-Verbindung in Ruhe arbeiten", so Leon.

Das Licht ist hell, die Musik bleibt leise im Hintergrund, hinter der Theke wird das Wasser durch die Espresso-Maschine geschickt. Seit dem 22. Juli ist das "Noon" von donnerstags bis sonntags geöffnet. Kleine Tische und Sofas sorgen für die Café-Atmosphäre, ein größerer Tisch mit mehreren Stühlen für ein artgerechtes Arbeiten mit Laptop und Co. Hier kann arbeiten, wer Selbstständiger oder Freiberufler ist, Menschen, die sich austauschen wollen; Burghardt und Leon stellen diesen Aspekt ihres Cafés in den Vordergrund. Sie legen Wert darauf, dass ihr Raum wandelbar ist, eine "Open-Source-Idee" als Raum, so Leon.

Laut einer Erhebung im Auftrag der Internetplattform Deskwanted gibt es in Deutschland 230 Coworking-Einrichtungen. Das "Betahaus" in Berlin, 2009 eröffnet, ist wohl das deutsche Vorzeigeprojekt der modernen Bürogemeinschaft. Schreibtische können hier tage-, wochen- oder monatsweise gemietet werden. Wer dann neben wem sitzt, ist rein zufällig. Das kann gut passen und Synergieeffekte hervorrufen, inhaltlich und menschlich – muss es aber nicht.

Das Café "Noon" in Bremen ist kein klassischer Coworking-Platz. Daher nennen Burghardt und Leon ihr Arbeitsplatzangebot auch Workspace. Ist das eine neue Gruppe von Menschen, denen selbst der gemietete Schreibtisch in einem Büro zu fest ist?

"Ich habe gar nicht den Eindruck, dass das Treibende bei den Raum-Konzepten der Bedarf ist", sagt Lara Goldsworthy vom Klub Dialog, einem Verein der Kreativwirtschaft in Bremen. "Es geht mehr um die Idee, dass die Leute aus der Kreativbranche das ausprobieren wollen – und dann schauen, wie es ankommt." Eine Studie des Bremer U-Instituts unterstützt Goldsworthys Beobachtungen: "Der klassische Unternehmer blickt eher auf die Bedürfnisse des Marktes und entwickelt daraus sein Angebot. Der Kreativunternehmer arbeitet dagegen eher aus einer inneren Bedürfnisstruktur heraus."

Auch in der Alten Schnapsfabrik in der Bremer Neustadt soll ein Workspace-Café entstehen. Im Oktober werde es so weit sein, sagt Majo Ussat, der die Funktion eines Sprechers der vielen Kreativ-Unternehmen innehat, die sich in der Alten Schnapsfabrik zusammengetan haben. Auch innerhalb der verschiedenen Firmen werden Schreibtische vermietet, über Facebook. "Das Café soll neben einem reinen Workspace auch Info-Punkt für die Alte Schnapsfabrik sein: Wo ist noch ein fester Schreibtisch frei?", sagt Ussat. "Aber auch: Wer sucht gerade einen Texter für ein Projekt? Wo werden Freelancer gebraucht?"

Andrea Kuhfuß sieht Bedarf in beiden Bereichen, Workspaces und Coworkingspaces, "eben je nach Arbeit und Projekt, an dem man sitzt", sagt sie. Kuhfuß ist Innovationsmanagerin bei der Wirtschaftsförderung Bremen, ihr Büro ist ebenfalls in der Alten Schnapsfabrik. "Für das eine Projekt sucht man vielleicht eher den Austausch und geht in ein Café", sagt sie. Hat man eine klare Aufgabe, mietet man sich vielleicht eher für einen Zeitraum einen festen Schreibtisch. "Wir haben selbst drei Tische in unserem Büro vermietet, die waren sehr schnell vergeben", sagt Kuhfuß. Dort sitzen jetzt Grafikdesigner und Texter. In ihrem Büro würden die Tische aber nur langfristig vermietet, nicht tageweise: "Wir sind kein Vermietungsunternehmen", sagt Kuhfuß und weist darauf hin, dass Vermietungen auch organisatorische Arbeit sind.

Diese Arbeit hat "Noon" nicht. Das Café soll ein Raum sein, in dem Arbeitende den ganzen Tag verbringen können. Aber es ist auch ein Unternehmen, das sich finanzieren muss: "Wir müssen hier auch ganz normal Miete zahlen", sagt Saskia Burghardt. Das muss passen. Zum Beispiel: Wenn jemand den ganzen Tag in dem Café sitzt, "dann wären zehn Euro neben dem Essens-Konsum auch okay", sagt sie. Die Designer üben den Spagat zwischen Gastronomie und Workspace. Ihren Raum haben sie über die Zwischenzeitzentrale bekommen, die Immobilie soll in zwei Jahren abgerissen werden. "Mal schauen", sagt Leon. Jetzt bleibt abzuwarten, ob die Bremer den Workspace annehmen. Und Leon und Burghardt wollen im Gegenzug auf die Ideen der Besucher reagieren. Lara Goldsworthy sieht die Bremer Café-Konzepte inhaltlich auf dem Erfolgsweg: "Bremen ist vielleicht langsamer als andere Städte, aber die Ideen sind dafür innovativ und eigen."

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