Logistik Viel Platz für noch mehr Güterzüge

Millioneninvestition in Bremerhaven: Direkt an der Einfahrt zum Containerterminal in hat die Hafeneisenbahn acht neue Gleise erhalten.
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Viel Platz für noch mehr Güterzüge
Von Peter Hanuschke

Bremerhaven. Wenn sich Honoratioren der Stadt bei zwei Grad und Schneeregen vor einer Lok für ein Gruppenfoto postieren, muss es schon einen guten Grund geben. Den gab es am Freitag auch: Der neue Hafenbahnhof Imsumer Deich in Bremerhaven ist fertiggestellt. Mit Beginn des Winterfahrplans der Deutschen Bahn am 10. Dezember wird die neue Anlage der Bremischen Hafeneisenbahn in Betrieb genommen.

Damit ist der Eisenbahn-Hafen in Bremerhaven auf weiteres Wachstum ausgelegt. Schon in der Gegenwart soll er für noch reibungslosere Transportabläufe in der Seestadt sorgen: Am Imsumer Deich, direkt an der Einfahrt zum Containerterminal, sind jetzt acht neue elektrifizierte Gleise mit Nutzlängen von bis zu 761 Metern freigegeben - dadurch können komplette Güterzüge noch optimaler auf die Schiffsabfahrten und -anläufe hin „sortiert“ werden.

Infrastruktur für 770 Züge pro Woche

„Das ist ein guter Tag für unsere Häfen“, sagte Wirtschafts- und Häfensenator Martin Günthner (SPD) im Festzelt, das direkt neben den neuen Gleisen stand. Und es sei eben auch ein guter Tag für die Nutzer der Gleisanlagen, wandte sich Günthner an die Kunden, die unter den etwa 150 Gästen aus Politik und der gesamten Hafenwirtschaft anwesend waren. „Wir werden mit der neuen Gleisanlage unsere Dienstleistungsfähigkeit enorm steigern.“ Zudem sei die Hafeneisenbahn durch diese Infrastruktur auf künftiges Wachstum ausgelegt.

Durchschnittlich werden in den bremischen Häfen pro Woche etwa 650 Züge abgefertigt. Ziel ist es, durch die Verbesserung der Infrastruktur bis zu 770 Züge wöchentlich abfertigen zu können. Mit rund 37000 Zugankünften und -abfahrten im Jahr, davon etwa 29000 in Bremerhaven, zählt die Bremische Hafeneisenbahn laut der Hafengesellschaft Bremenports hinsichtlich ihres Aufkommens zu den bedeutendsten des Kontinents.

Der Bahnhofsteil Imsumer Deich wurde im Zeitraum 2014 bis 2017 umfassend ausgebaut. Das Bundesland Bremen investierte etwa 30 Millionen Euro, um zentral im Vorfeld der Container- und Automobilterminals eine zusätzliche Vorstellgruppe zu errichten, also eine Anlage zum Sortieren der Güterzüge. Insgesamt haben die acht neuen Gleise eine Länge von sechs Kilometern. Durch die Einzelnutzlänge von bis zu 761 Meter sollen insbesondere die Vorstellkapazitäten für Containerzüge nachhaltig erhöht werden. Die neuen Gleise sind komplett mit einer Oberleitung überspannt. Die Europäische Union hat den Bau mit insgesamt 3,7 Millionen aus dem sogenannten TEN-T Programm (Förderung des transnationalen Verkehrsnetzes) gefördert.

Die bremischen Häfen verfügen als traditioneller Eisenbahn-Hafen über eine Schieneninfrastruktur mit einer Gleislänge von rund 200 km. Mit ihren Bahnhöfen in Bremerhaven, Bremen-Grolland und Bremen-Inlandshafen bildet sie eine Schnittstelle zwischen dem Hinterland und den wasserseitigen Umschlagterminals. Mit den Bahnhofsteilen Kaiserhafen, Nordhafen, Imsumer Deich und Weddewarder Tief sowie eigenen Gleisen im vorgelagerten Bahnhof Bremerhaven Speckenbüttel der DB Netz AG verfügt die Hafeneisenbahn in Bremerhaven über Gleisanlagen von 76 Kilometer Länge, wobei 45 Kilometer elektrifiziert sind.

Vor dem Hintergrund der Prognose eines mittelfristig weiter steigenden Seegüterumschlags wurde von 2013 bis 2015 zunächst der Bahnhofsteil Kaiserhafen in Bremerhaven für etwa acht Millionen Euro und kofinanziert von der Europäischen Union ausgebaut. Hierzu wurden zwölf Gleise auf bis zu 750 Meter verlängert und weitere Gleise elektrifiziert. „Die Realisierung der Baumaßnahme Kaiserhafen erleichtert seit 2015 die terminalnahe Ein- und Ausfahrt insbesondere von Autozügen - der Rangieraufwand wurde verringert und andere Bahnhofsteile spürbar entlastet“, so Robert Howe. Im Zusammenhang mit dem aktuellen Gleisausbau Imsumer Deich sprach Bremenports-Geschäftsführer von einer Aufgabe, die man „mit großen Respekt in Angriff genommen hat“. Der Baugrund sei alles andere als geeignet gewesen. Durch etwa 50000 Tonnen Sand habe das kompensiert werden können. „Unsere Großväter hätten wahrscheinlich gesagt, dass man die Gleisanlagen überall bauen könne, nur nicht dort.“

Umzug der „Powermovers“

Außerdem musste die US Army dazu bewogen werden, dass die 950th U.S. Army Transportation Company, die auch als „the Powermovers“ bekannt und für den Transport sämtlicher Güter der amerikanischen Truppen in Nordeuropa verantwortlich ist, in ein neues etwas außerhalb des Hafengeländes liegendes Domizil zieht. Denn der bisherige Standort - das über 75 Jahre alte Gebäude, das von 1945 bis 1993 vom Militärsender AFN (American Forces Network) genutzt wurde - war genau dort, wo die neuen Gleisanlagen hinsollten.

Mit dem Ausbau der Gleisanlagen Imsumer Deich sind die Investitionen ist die Hafeneisenbahn aber noch nicht abgeschlossen: So sollen unter anderem im hafennahen DB-Bahnhof Speckenbüttel eine zusätzliche Gleisgruppe vollständig elektrifiziert und ein neues IT-System der Hafenbahn installiert werden. Eine Hafeneisenbahn bringe aber nur etwas, wenn auch das hintergelagerte DB-Schienennetz einwandfrei funktioniere, so Günthner. Deshalb erwartet er, dass die Deutsche Bahn sich besser auf die nächsten Stürme vorbereitet und es nicht erneut zu tagelangen Ausfällen kommt.

Was das Foto anging, sah man den beiden Protagonisten im Gleisbett, Senator Martin Günthner sowie Bremenports-Chef Robert Howe, die eher unangenehmen Witterungsbedingungen nicht unbedingt an. Vielleicht lag das an den Weichen - denn die sind mit Heizungen ausgestattet.

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