Für eine Reihe von Mietern in Bremen von Deutschlands größtem Immobilienkonzern Vonovia scheint es eine nicht enden wollende Geschichte zu werden. Wegen ihnen will das Unternehmen bis vor den Bundesgerichtshof (BGH) ziehen. Deshalb wurde nun vor der Ersten Zivilkammer des Bremer Landgerichts verhandelt. Dabei ging es konkret um drei Fälle. Es gibt aber noch etwa 30, die ähnlich gelagert sind. Vonovia hatte die Gebäude renoviert und anschließend den Mietern eine Mieterhöhung ins Haus geschickt. Der Wohnungskonzern hielt die Erhöhung für rechtens, weil es sich um eine energetische Modernisierung gehandelt habe.
Fehlende Details
Die Mieter sahen in der Begründung die ausgeführten Arbeiten nicht ausreichend detailliert aufgelistet. So konnten sie am Ende auch nicht nachvollziehen, ob alle Kosten einer energetischen Modernisierung zuzurechnen sind oder einer herkömmlichen Instandsetzung. Bei einer energetischen Modernisierung hat der Wohnungsbesitzer das Recht, einen Teil der Kosten auf die Miete aufzuschlagen. Seit 2019 können das bis zu acht Prozent sein, vorher waren es noch elf Prozent. Da sich alle Fälle auf Arbeiten vor 2018 beziehen, hatte Vonovia elf Prozent aufgeschlagen. Bei einem Mietvertrag, über den der WESER-KURIER berichtete, führte das zu einem Anstieg der Kaltmiete von 40 Prozent.
Ein Großteil der Mieter hatte vor der Zweiten Zivilkammer des Bremer Landgerichts Erfolg. Die Richter ließen wegen mangelnder Chancen auf Erfolg auch keine Berufung zu. Dagegen geht Vonovia vor und will vor der Ersten Zivilkammer die Zulassung einer Revision erreichen. Bei der mündlichen Anhörung schloss sich der Vorsitzende Richter Andreas Helberg grundsätzlich den Kollegen der Zweiten Zivilkammer an: „Bei einer energetischen Modernisierung müssen die Kosten für die Mieter nachvollziehbar, ohne groß Kenntnisse dafür haben zu müssen, in die einzelnen Gewerke aufgeschlüsselt werden.“ Dies ist nach Ansicht von Helberg und den beisitzenden Richterkollegen nicht der Fall gewesen. Er kritisierte beispielsweise einen Posten, der eine sechsstellige Summe ausmachte. Hier hätte Vonovia beispielsweise auflisten sollen, was denn der Gerüstaufbau gekostet habe. Das sei nur einer von mehreren Punkten, denen es an der schlüssigen Nachvollziehbarkeit fehle. Der BGH hat 2018 festgelegt, wie die Kosten dargelegt werden müssen. Vor dem Bremer Landgericht vertrat der Anwalt der Vonovia aber die Ansicht, dass dieses Urteil nicht ausreiche.
Tochterfirmen verrichten Arbeit an den Häusern
Anwalt Valentin Weiß, der die Mieter vertritt, verwies in der mündlichen Verhandlung auch darauf, dass es sich bei den ausführenden Baufirmen um Töchter von Vonovia handele. Diesen Punkt kritisieren inzwischen mehrere Mietervereine in Deutschland: Vonovia lasse die Arbeiten an den Häusern durchweg von Tochterfirmen übernehmen. Die wiederum beauftragen Subunternehmer. „Wir würden gern mal die Rechnungen der Subunternehmer sehen und nicht die Rechnung, die die Vonovia-Tochterfirma den Mietern präsentiert“, sagt Knut Unger, Sprecher des Mietervereins Witten und Umgebung. „Dazu führen wir gerade Auseinandersetzungen mit Vonovia.“ Dem Aktienunternehmen diene dies als zusätzliche Wertschöpfung, wie Unger sagt: „Das funktioniert auch, wenn es mal nicht so gut mit den Mieten laufen sollte.“
Am 5. Februar will die Erste Zivilkammer verkünden, ob sie die Revision zulassen will. Auf Anfrage des WESER-KURIER wollte sich Vonovia nicht zu dem Fall äußern – erst nach dem Richterspruch. In Bremen gehören dem Immobilienkonzern laut Geschäftsbericht von 2018 insgesamt 11 846 Wohnungen.