Einen Senator zu haben, der mit dem Bürgermeisteramt gleichzeitig noch einen nicht ganz unwichtigen Job zu erledigen hat, kann in einigen Fällen ein Nachteil sein. Es kann aber auch ein Vorteil sein. Dem Bürgermeister schlägt man schließlich schwieriger Wünsche ab, wissen sie in der Kulturbehörde. Natürlich ist es nicht nur der Bürgermeister-Bonus, aber es war offenbar in den Verhandlungen für den Haushalt der Jahre 2020 und 2021 auch kein Nachteil, dass mit SPD-Bürgermeister Andreas Bovenschulte („Ich habe Bock, die Rolle des Kultursenators ernst zu nehmen“) ein erklärter Fan der Szene an der Hausspitze steht. Das Ergebnis: Auch die Kultur profitiert von den knapp 400 Millionen Euro, die Bremen ab 2020 jährlich zusätzlich ausgeben kann.
Jeweils rund zehn Millionen Euro mehr pro Jahr für die Theater, Museen, Veranstaltungsorte, den Literaturbetrieb und all die freien Künstler: So steht es im Eckwerteplan für den künftigen Etat, den Bovenschulte zusammen mit Kultur-Staatsrätin Carmen Emigholz am Mittwoch vorstellte. Es ist der vorläufige Plan des Ressorts, über den erst noch die Kulturdeputation am Dienstag, 10. März, beraten soll. Die Grundaussage des Entwurfs lautet: Es gibt mehr Geld für alle. „Es ist die größte Erhöhung in den letzten 20 Jahren“, präzisiert Bovenschulte, „ein richtiger Schluck aus der Pulle.“
In konkreten Zahlen sieht dieser „Schluck“ so aus: Statt wie bisher bei rund 82 Millionen pro Jahr soll der Kulturetat für Stadt und Land – ohne die Ausgaben von Bremerhaven – dann bei rund 92 Millionen Euro pro Jahr liegen (Gesamtetat/Jahr rund 7,7 Milliarden Euro). Erhöht werden mit 5,2 Millionen Euro für das Jahr 2020 und 5,4 Millionen Euro für 2021 vor allem die konsumptiven Mittel im städtischen Haushalt, also das Geld, mit dem die kulturellen Institutionen dauerhaft gefördert werden. Der andere Teil der Mittel, je 3,3 Millionen Euro, wird für Tariferhöhungen benötigt.
„Kultur darf nicht das Sahnehäubchen sein"
Bovenschulte: „Wir stehen dazu, die Vielfalt von Bremens Kulturlandschaft in ihrer ganzen Breite erhalten zu wollen.“ Mehr als 100 Stellen im Kulturhaushalt könnten mit den zusätzlichen Mitteln finanziell besser ausgestattet werden. „Wir können nun nach Jahren der Stagnation die Situation entspannen“, sagte er. Das sei auch nötig, um die zuletzt zusammengesparte kulturelle Infrastruktur zu erhalten. Zielrichtung der künftigen Unterstützung der Kultur, so steht es auch im Förderbericht, ist es, den Schwerpunkt auf die institutionelle Förderung der verschiedenen Sparten zu legen.
Bovenschulte: „Kultur darf nicht das Sahnehäubchen sein. Unser Anspruch ist, dass sie ein Grundnahrungsmittel ist.“ Konzerte, Theater und Ausstellungen als wichtige Faktoren, die Bremen als Stadt attraktiv machen und auch nach außen ins Umland strahlen, die andererseits aber auch unerlässlicher Kitt in den Stadtteilen sind für das gesellschaftliche Leben und den Zusammenhalt der dort lebenden Menschen: Beides gehört für das Ressort zum Verständnis des Kulturbegriffs. Hinzu kommen der kunstimmanente Eigenwert und das Vermögen, die Reflexion über aktuelle gesellschaftliche Prozesse in ganz eigenen Kategorien abzubilden.
Carmen Emigholz betonte, Ziel der Etatsteigerung sei auch, die Situation der im kulturellen Bereich Beschäftigten zu verbessern. „Das wird sich dann auch auf die Angebote auswirken“, sagte die Staatsrätin. Zu einem Schwerpunkt sollen künftig die Entwicklung des Tabakquartiers mit dem Fokus auf der freien Kulturszene werden, ein anderer ist Bremens Bewerbung um den Unesco-Titel „City of Literature“.
Mehr Geld soll in den kommenden beiden Jahren vor allem in den Bereich der Stadtkultur fließen, jährlich rund 1,1 Millionen Euro sind veranschlagt. Aber auch Theater und Museen erhalten zusätzliche Mittel. Unter anderem das Kultur Büro Bremen Nord (plus 339 000 Euro/Jahr) und Veranstaltungszentren wie der Schlachthof (plus 150.000 Euro/Jahr) und Lagerhaus (plus 120.000 Euro/Jahr) profitieren, aber auch die Shakespeare Company (plus 200.000 Euro/Jahr) oder der Kunstverein der Kunsthalle (plus 400 000 Euro/Jahr) und die Bürgerhäuser (insgesamt plus 200.000 Euro/Jahr).
Mehr Geld, so steht es in dem Entwurf des Ressorts, soll es künftig auch für die freien Projekte geben. Die Struktur des bisherigen globalen Budgets von 105 000 Euro wurde geändert und erhöht, der Solidarpakt von rund 400.000 Euro aufgelöst. Künftig stehen 900.000 Euro (für 2020) und 1,3 Millionen Euro (für 2021) bereit. „Wir wollen mit unserem Entwurf deutlich machen, dass jede kulturelle Einrichtung versteht, dass sie in der Stadt gewollt ist“, sagte Carmen Emigholz. Die erhöhten Budgets seien nötig, „um beweglich zu bleiben“. Emigholz: „Für mich ist dieser Etatentwurf insgesamt eine unglaubliche Sache.“ Insgesamt sei der Kulturetat zwar nach wie vor gering im Vergleich zu denen anderer Ressorts. „Aber wir können mit relativ wenig Geld Enormes machen.“