Die Planung des Mahnmals zur Erinnerung an den Raub jüdischen Eigentums in Bremen zur Nazi-Zeit geht in die nächste Runde: Für die Prüfung des Alternativstandorts zwischen Weserarkaden und Wilhelm-Kaisen-Brücke sollen nun Planungsgelder vom Senat freigegeben werden. Eine entsprechende Vorlage des Kultursenators für die Senatssitzung liegt dieser Redaktion vor. Darin bittet der Senat den Finanzsenator, Geld für die weitere Planung zu bewilligen. Maximal 50 000 Euro sollen zur Verfügung stehen für Experten, sie sollen ermitteln, ob der Bau des Mahnmals auf dem Treppenabsatz möglich und wie teuer das wäre.
Im März 2017 hatten sich der Senat und die zivilgesellschaftliche Initiative um den einstigen taz-Redakteur Henning Bleyl nach jahrelanger Kontroverse auf einen Standort geeinigt. Der Kompromiss sieht vor, dass das Mahnmal auf den Stufen der Schlachte erbaut wird. Auch der Beirat Mitte stimmte diesem Vorschlag Anfang April 2017 zu.
Eine Kostenschätzung ergab im Herbst 2018, dass das Mahnmal an der Schlachte etwa 660 000 Euro kosten würden. Dies ist der Bauweise geschuldet: Die Stufen um das Mahnmal herum sollen erhöht werden, das Kunstwerk soll von oben und vorne einsehbar sein. Zudem soll es in den Hochwasserschutz eingebettet sein und einen barrierefreien Zugang zur Schlachte geben. 40 000 Euro würden auf das Kunstwerk selbst entfallen.
Standort neben den Weserarkaden, nicht an der Schlachte
Den zweiten Standort neben den Weserarkaden brachten Bleyl, der das Projekt ehrenamtlich betreut, die Jüdische Gemeinde Bremen und Evin Oettingshausen als Person, die das Kunstwerk entworfen hat, im April 2019 in die Diskussion. Das Mahnmal könnte neben der Treppe, die hoch zur Straße führt, gebaut werden. Der Treppenabsatz würde sich dadurch verkleinern.
Würde das nicht die ohnehin schon lange Diskussion nur noch weiter verzögern? "Die Verzögerung sollte man in Kauf nehmen", sagt Bleyl. Schließlich gehe es um ein Mahnmal, das langfristig stehen soll. Auf die paar Monate komme es da nicht an, vor allem nicht in Betracht der Vorteile des zweiten Standorts. Aus Bleyls Sicht sprechen drei Gründe für den Alternativstandort: Erstens wirke das Kunstwerk dort besser, weil die Wand neben den Arkaden eine Höhe von sechs Metern statt nur zweieinhalb Metern aufweise. Zweitens wäre der Bau dort vermutlich deutlich günstiger als an der Schlachte, die mehr 660 000 Euro seien "schon eine echte Hausnummer", meint Bleyl. Drittens seien die Arkaden auch der Ort, an dem früher die Ladekräne gestanden hätten, die die Binnenschiffe entluden. Bremen spielte während der nationalsozialistischen Herrschaft als Logistik- und Hafenstadt eine wichtige Rolle bei dem Transport von enteignetem jüdischem Besitz.
Dass der Senat das Geld für die Prüfung des Alternativstandorts freigibt, darf angenommen werden. In der Koalitionsvereinbarung von SPD, Grüne und Linke heißt es, dass der zweite Standort auf seine Eignung geprüft werde – damit "eine gleichwertige Entscheidungsgrundlage" zum Schlachte-Standort vorliegt. Das Finanz- und das Kulturressort wollten sich vor der Senatssitzung, in der über die Vorlage abgestimmt wird, nicht äußern. Bis Redaktionsschluss blieb unklar, ob das Thema diesen Dienstag oder erst am 18. Februar auf der Tagesordnung des Senats steht.
Wenn der zweite Standort geprüft wurde, müssen die politischen Akteure bewerten, welcher der beiden Orte es werden soll. Anschließend muss dafür das notwendige Geld vom Senat bewilligt werden. Danach bedarf es laut Senatsvorlage bis zum Baubeginn eines Vorlaufs von circa 16 Monaten, etwa für Genehmigungen oder der Vergabe von Aufträgen. Eine weitere zeitliche Einschränkung: Wegen des Hochwasserschutzes könne nur in den Monaten April bis September gebaut werden. Damit dürfte ein Baubeginn 2021 ambitioniert sein.
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