Hemelingen. Wo einst Rennpferde ihre Bahnen zogen, herrscht heutzutage gähnende Leere, oder? Nicht ganz. Das Gelände und seine Zukunft zwischen der Vahr und Hemelingen inmitten von Bremen war nicht nur Gegenstand einer Volksabstimmung, durch die eine Wohnbebauung demokratisch verneint worden ist, sondern ist auch heutzutage noch eine Baustelle in vielerlei Hinsicht, denn so lange der Runde Tisch, besetzt mit Vertretern unterschiedlichster Natur, tagt und die endgültige Entscheidung über Verwendung und Ausgestaltung dieser grünen Oase noch aussteht, soll das Gebiet dennoch nicht verkommen – weder wortwörtlich noch in Sachen ausbleibender Chancen zur Nutzung.
Die Zwischenzeitzentrale (ZZZ) Bremen ist Ansprechpartner für alle, die temporär Ideen auf dem Gelände umsetzen möchten. Auf einer Galop de Porc getauften Webseite finden sich alle Informationen. Der Name soll dabei auch Programm sein: Galop de Porc steht für Schweinsgalopp, womit umgangssprachlich eine schnelle Umsetzung beschrieben werden soll. „Es können im Rahmen der Zwischennutzung Ideen im ‚Schweinsgalopp‘ umgesetzt werden, ohne dass ein langwieriger Entscheidungsprozess abgewartet werden muss“, definiert es die Webseite.
Im Schweinsgalopp
Julian Essig, zuständig für die Freiraumplanung bei der ZZZ, stellte kürzlich dem Regionalausschuss Rennbahngelände Projekte vor, die seit dem Start am 30. August 2020 stattgefundenen, geplant und abgelehnt wurden. Der Regionalausschuss besteht aus Vertretern aus der Vahr und Hemelingen. Erfolgreich abgelaufen ist zum Beispiel die Testfahrt eines Roboters des Deutsches Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI), der auf dem teils unebenen Gelände im Nordwesten des grünen Fleckens seine Fähigkeit zur Navigation und Fortbewegung unter Beweis gestellt hat. Ein anderes Beispiel ist ein Bürgerfest, doch hinzukommen auch regelmäßig wiederkehrende Events, denn Zwischennutzung heißt nicht sofort auch einmalig: Hier wäre das Hippodrom électrique zu nennen, bei dem auf einer vorgegebenen Strecke elektrisch angetriebene Gefährte, wie Zwei-, Drei- oder Vierräder um die Wette fahren. Zu den ebenfalls langfristig angelegten und bereits laufenden Projekten zählen zum Beispiel eine Crossgolf-Range oder eine Bogenschießanlage. Doch auch Initiativen, die sich dem Natur-, Tier- und Umweltschutz widmen, sind schon vertreten. „Wir haben bereits eine bunte Mischung vor Ort, die aber gerne noch ausgebaut werden kann“, so Julian Essig.
Jede Idee werde geprüft und zusammen schaue man, ob die Idee umgesetzt werden könnte. Dabei müssen die angedachten Projekte allerdings einige Kriterien erfüllen. Unter anderem: Zwischennutzungen dürfen die noch zu erarbeitenden langfristigen Ideen und Planungen des Runden Tisches nicht verhindern oder einschränken. Das heißt, dass aufgestellte Bauten entweder mobil oder wieder abbaubar sein müssen. Die Nutzung darf zudem eine andere Nutzung weder beeinträchtigen noch ausschließen. Sie solle stattdessen einen Mehrwert für das Areal aufweisen und offen für alle sein. Der Fokus solle in der Regel auf innovativen Angeboten liegen, die zudem für die Anwohner in der Nachbarschaft des Rennbahngeländes bereitstehen. Und schlussendlich wohl das für viele Entscheidende: Die laufenden Kosten müssen selbst getragen werden, alle Auflagen zum Umweltschutz müssen erfüllt sein und die Verkehrssicherheit muss allzeit gegeben sein. Und ganz kostenlos ist die Nutzung an sich auch nicht, denn „über den Daumen gepeilt kann man sagen, dass es 50 Cent pro Quadratmeter und Jahr kostet“, sagt Essig.
Nutzung ist nicht komplett kostenlos
Bei kommerziellen Vorhaben komme zudem eine Umsatzbeteiligung hinzu. Die vollständige Aufzählung aller Faktoren und Bedingungen mitsamt Erläuterungen findet sich auf der Homepage der ZZZ zum Rennbahngelände. Auch zurzeit seien zahlreiche Projekte in der Planung oder auch schon in Vorbereitung, um das bestehende Angebot auf dem Gelände tageweise oder anhaltend zu erweitern. Wegen wahrscheinlicher Nichterfüllung sind auch zwei Ideen bereits abgelehnt worden. Das wären: ein Naturwohnmobilstellplatz sowie eine angedachte Kombination aus Wohnen und Ateliers für Künstler. Beide wurden vor allem aufgrund des Wohncharakters abgelehnt, der untrennbar dabei gewesen wäre. Denn Wohnen ist in der Volksabstimmung ja verneint worden. Allerdings brachte dies den Regionalausschuss Rennbahngelände zum Nachdenken. Hier wolle man fraktionsintern beraten, ob hier nicht bei Zwischennutzungen andere Vorgaben gelten könnten. Allerdings lagen in der Vergangenheit auch nicht alle Enttäuschungen für Ideenträger an den Konzepten an sich, sondern vielmehr auch an den Begleitumständen. So mussten ein Weihnachtsmarkt sowie ein Gottesdienst coronabedingt abgesagt werden. Für alle Projekte gilt derzeit: Ende 2022 endet die Zwischennutzung und innerhalb von drei Monaten kann auch zuvor schon Schluss sein.
Weitere Informationen
Das Rennbahngelände ist, obschon es nicht aus allen Richtungen verschlossen ist, nicht frei zugänglich. Zudem darf es momentan so oder so nur auf vordefinierten Routen durchquert werden. Dies hat versicherungstechnische Gründe. Weitere Informationen finden sich im Internet unter www.galop-de-porc.de