
897 Alkohol- und Drogenkranke wurden im Suchtberatungszentrum der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Bremerhaven 2009 behandelt. Das sagt der Jahresbericht der Beratungsstelle, der am Donnerstag im Gesundheitsausschuss der Stadt Bremerhaven diskutiert wurde. 55 Prozent der Abhängigen weisen eine Alkoholkrankheit auf. Damit ist Alkoholabhängigkeit das größte Problem – 342 Menschen gelten als alkoholkrank.
„Das Problem ist, dass Alkohol legal zu erwerben ist und dass die Grenze fließend ist. Es ist üblich, Alkohol zu trinken, wenn man in Gesellschaft ist oder zum Entspannen. Dann kommt die Arbeitslosigkeit oder bei jungen Menschen Zukunftsangst, weil die Arbeitsmarktlage schlecht ist. Es gibt eine Resignation und der Alkoholkonsum steigt zum Ausgleich“, so Köster.
Männer scheitern am eigenen Anspruch
Männer glauben, sie müssten ihre Familien versorgen – bei zunehmender Arbeitslosigkeit können sie diesem Anspruch nicht gerecht werden. 77 Prozent der Abhängigen sind Männer, 58 Prozent arbeitslos. „Fast alle Arbeitslosen leiden unter ihrer Situation, fühlen sich ausgegrenzt und haben Selbstwertprobleme. In Folge dessen werden Suchtmittel kompensatorisch eingesetzt“, heißt es in dem Bericht. „Es trifft eher Männer, weil die Gesellschaft andere Ansprüche an sie hat“, sagt Köster. „Es ist bei Männern anerkannter, Alkohol zu trinken.“
Weniger erfreulich ist die erneute Zunahme von Cannabiskonsum. Während die Anzahl der Suchtkranken auf diesem Gebiet zuletzt sank, gab es einen Anstieg von 39 Personen im vergangenen Jahr. Rund 131, meist jugendliche, Personen werden als abhängig eingestuft. Die jüngsten Konsumenten waren erst 15 Jahre alt.
Schüler und Azubis rauchen Cannabis
Dabei handelt es sich um zahlreiche Auszubildende, aber auch Schüler und Schülerinnen. „Es sind noch immer mehr Jungs, aber im Jugendbereich zeigt sich, dass Mädchen langsam nachziehen“, sagt Bärbel Köster, Suchtberaterin und Therapeutin bei der AWO. Häufig fühlen sich die Jugendlichen unter einem Gruppenzwang, sie wollen „cool“ und „krass“ sein, so Köster. Aus gelegentlichem Konsum kann so eine Abhängigkeit entstehen. „Dazu kommen dann vielleicht Probleme in der Familie, weil die Eltern selbst schon Drogen einnehmen.“
Erfasst sind auch Heroin- und Kokainabhängige, denn beide Drogen zählen zu den harten Drogen. Während es 2008 noch 81 Heroinsüchtige gab, waren es im vergangenen Jahr 70. Das macht elf Prozent der Fälle aus. Kokainabhängige waren es im vergangenen Jahr 33 und damit eine Person weniger als im Vergleichsjahr 2008. Das macht fünf Prozent aus.
Insgesamt stieg die Anzahl der Suchtmittelkonsumenten von 871 auf 897. Eingerechnet sind dabei auch jene Menschen, die den Ersatzstoff Methadon bekommen – im Jahr 2009 289 Personen. Im Schnitt waren die Kranken 36 Jahre alt. Der Jüngste war 15, die älteste zu behandelnde Person 80 Jahre alt.
Dunkelziffer deutlich höher
176 Suchtkranke vermittelte die AWO an stationäre Einrichtungen, weil die Sucht zu groß war und das soziale Umfeld zu schwach, um den Menschen ambulant zu helfen. Alarmierend für die AWO: Zwar ließen sich 900 Menschen behandeln, die Zahl der Abhängigen ist aber mindestens doppelt so hoch. Viele würden sich keine Hilfe suchen.
Der Gesundheitsausschuss der Stadt Bremerhaven prüft den Bericht derzeit. „Wir müssen die Missstände sehen und dann überlegen, was zu tun ist. Vielleicht müssen wir die Suchtprävention stärken“, sagt Ilsabe Zöllner, Sprecherin des Ausschusses.
Laut Weltgesundheitsorganisation gelten jene Drogenkonsumenten als süchtig, die es nicht mehr schaffen, von allein aufzuhören, wenn sie das möchten. „Sobald die Kontrolle verloren geht, ist man süchtig“, sagt Köster.
Kontrolle geht verloren
Bei Jugendlichen ist die Einschätzung schwierig. Wenn Jugendliche zweimal im Monat auf einer Party Cannabis rauchen, gelten sie noch nicht als abhängig. „Bei Jugendlichen spricht man häufig von Missbrauch. Von einem zeitweisen Gebrauch geht es in Missbrauch über, nicht in Sucht“, erklärt Köster. Abhängig sei, wer entweder unkontrolliert am Wochenende Cannabis konsumiere oder beispielsweise schon jeden Tag welches bräuchte.
Beim Alkohol gibt es deutlichere Grenzen. Männer vertragen bis zu 40 Gramm Alkohol am Tag, das entspricht etwa vier Glas Bier oder Wein. Frauen können bis zu 30 Gramm zu sich nehmen. Köster: „Wer das Maximum ausreizt, sollte aber auch Tage oder Wochen ganz ohne Alkohol haben, sonst geht es schnell zur Sucht übrig.“
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