Skeptische Stimmen gibt es in Deutschland fast schon rituell vor dem 27. Januar, dem Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz: Dass Gedenkfeiern zur Pflichtübung verkommen und gerade diejenigen nicht erreicht werden, die Aufklärung nötig hätten, sind häufig geäußerte Bedenken. Peter Zimmermann vom Verein Rosenak-Haus hat für Dienstag, 26. Januar, 19.30 Uhr, 'eine besorgte Einrede' angekündigt, die er gleich mit zwei Fragezeichen versehen hat: 'Erinnern gegen Erinnern? Wettbewerb der Gedenktage?' Er wird seine Rede an einem jüdischen Ort halten, der nun für die Nachwelt erhalten wird - im Rosenak-Haus, Kolpingstraße 7, dem einstigen Gemeindehaus, benannt nach dem Rabbiner Leopold Rosenak.
Auch die Bremer Synagoge brannte in der Nacht auf den 10. November 1938. Das Pogrom ist Thema der Medieninstallation 'Befehlengehorchentöten' im Forum Kirche, Hollerallee 75, am Dienstag, 2. Februar, 18.30 Uhr. Befehlen, gehorchen, töten - das steht auch für Krieg. 'The Memory Landscape of the Bombarded German Cities' heißt ein Vortrag in englischer Sprache, den Gilad Margalit aus Haifa am Donnerstag, 28. Januar, um 17.30 Uhr im Europapunkt in der Bürgerschaft hält. Über Rechtsextremismus in Krisensituationen spricht Lorenz Knorr tags darauf um 19.30 Uhr in der Villa Ichon, Goetheplatz 4.
Im Forum Kirche, Hollerallee 75, hält Martin Rooney am Dienstag, 19. Januar, um 20 Uhr auf Einladung des Evangelischen Bildungswerkes einen Vortrag über 'Jorge Semprun und das KZ Buchenwald'. Das noch recht neue Buch über Aumunder Juden ('Die H. ist Jüdin!') wird am Dienstag, 2. Februar, um 19.30 Uhr dort von Ingbert Lindemann vorgestellt.
Sichtbare Zeichen des Gedenkens gehören in vielen Stadtteilen zum Alltag - in Form von 'Stolpersteinen'. Otto Polak, der als Kind den gelben Stern tragen musste, war dabei, als Gunter Demnig Steine mit den Namen seiner Familienangehörigen an deren letzter Bremer Adresse ins Pflaster einließ. Der Zeitzeuge aus der Neustadt, Christ jüdischer Herkunft, wird am 27. Januar um 20 Uhr im Rathaus über 'Leben und Überleben in Bremen und Umgebung' sprechen. Batsheva Dagan, die als Rednerin angekündigt war, kann aus gesundheitlichen Gründen nicht kommen.
Projektleiterin Barbara Johr von der Zentralstelle für Politische Bildung zeigt am Mittwoch, 10. Februar, um 19 Uhr im Wallsaal der Zentralbibliothek den in Locarno preisgekrönten Dokumentarfilm 'Stolpersteine' von Dörte Franke. Die Filmemacherin hat Demnig in mehreren Ländern bei der Arbeit begleitet. 'Die 400 Bremer Steine sind inzwischen Teil eines Europa-Projektes', sagt Barbara Johr. Der Eintritt kostet fünf, ermäßigt drei Euro.
Als Nachbar des jüdischen Friedhofs in Hastedt wird Bürgerschaftspräsident Christian Weber am Sonntag, 24. Januar, um 11 Uhr eine Führung zu den Gräbern jüdischer Bremerinnen und Bremer leiten. Er erwartet an der Deichbruchstraße 14 auf die, die mitkommen wollen. Zwei Mal, um 12 und um 15 Uhr, führt Ulla Nitsch eine Gruppe durch das Schulmuseum, Auf der Hohwisch 61-63 in Hastedt: 'Bremer Kindheit und Jugend im Nationalsozialismus' ist das Thema. Der Eintritt kostet fünf, ermäßigt 2,50 Euro.
Verbrechen, die NS-Ärzte an Kindern verübten, werden im Krankenhaus-Museum am Klinikum Bremen-Ost in einer Sonderausstellung unter anderem des Arbeitskreises Bremen 'Kinder vom Bullenhuser Damm' dokumentiert: 'Entwertet - ausgegrenzt - getötet' ist der Titel der Dokumentation. Die Vernissage ist am Sonntag, 24. Januar, um 16 Uhr im Kulturensemble im Park, Züricher Straße 40. Die Ausstellung läuft bis 7. März und wird von Vorträgen begleitet. Eine Tagesfahrt zur Gedenkstätte Bullenhuser Damm in Hamburg ist für Sonntag, 28. Februar, geplant. Jutta Bartling aus dem Arbeitskreis, die neue Seemannspastorin, nimmt Anmeldungen entgegen - unter E-Mail an bartling@kirche-bremen.de oder unter 4 67 58 41.
Ein polnischer Jugendlicher, Walerjan Wróbel, ist 1942 von einem Bremer Sondergericht zum Tode verurteilt worden. Professor Christoph Schminck-Gustavus spricht im Strafkammersaal des Landgerichts, Domsheide 16, am Mittwoch, 27. Januar, um 9 Uhr über dieses juristische Verbrechen. Im Hörsaal des GWI an der Uni hält Sabine Offe um 16 Uhr den Vortrag 'Trauma im kulturellen Gedächtnis. An der Grenze des Übersetzbaren?' Die pazifistische katholische Gruppe Pax Christi gedenkt der Opfer von Auschwitz um 19 Uhr in der Krypta von Unser Lieben Frauen unter dem Motto 'Schweigen ist verboten - Sprechen ist unmöglich'.
Über den 'Widerstand der kleinen Leute' kann Karl-Heinz Roth einiges sagen - er stellt am Mittwoch, 3. Februar, um 19.30 Uhr in der Landeszentrale für politische Bildung, Osterdeich 6, die Ergebnisse der Forschung vor. Hans-Peter Klausch spricht dann über den 'Widerstand der einfachen Soldaten in den Disziplinar- und Strafeinheiten der Wehrmacht'. Tags darauf gibt es um 20 Uhr im Bürgerhaus Weserterrassen einen Vortrag über 'Schwarze Häftlinge im KZ Neuengamme' und um 19.30 Uhr im Willehad-Saal der St.-Johannis-Schule, Domsheide, einen Film über die deutsch-polnische Versöhnung.
In der Buchhandlung Leuwer am Wall 171 geht es am Donnerstag, 11. Februar, um Karsten Wiechmann, einen überlebenden 'Moorsoldaten' des Straflagers Esterwegen. Fotos, Briefe und andere Dokumente ehemaliger russischer Kriegsgefangener sind ab Mittwoch, 24. Februar, 19 Uhr, im Wallsaal der Zentralbibliothek zu sehen. Die Ausstellung heißt 'In deutschem Gewahrsam'.
Das gesamte Programm zum Gedenktag steht im Internet unter www.lzpb-bremen.de und www.erinnernfuerdiezunkunft.de. Anmeldungen sind nicht nötig, der Eintritt bis auf wenige Ausnahmen frei. Die Studienfahrt 'Jüdisches Leben in Berlin', 13. und 14. Februar, ist bereits ausgebucht. Näheres bei Michael Scherer unter 0421/361-2098. Das Projekt Stolpersteine Bremen braucht finanzielle Förderung, unter anderem für Publikationen. Kontakt: Barbara Johr, Landeszentrale für politische Bildung, Osterdeich 6, 28203 Bremen, Telefon 0421/361-2626, E-Mail barbara.johr@lzpb.bremen.de. Mehr über den Verein Rosenak-Haus, Kolpingstraße 7, unter www.rosenak-haus.de, Telefon 0421/2761774.
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