
Bremen. Über dem Türgriff baumelt ein kleines Schild. "Elterngespräch" steht darauf. Was hinter der Tür geschieht, bleibt verborgen. Im besten Fall läuft hier jetzt ein Dialog, bei dem sich beide Gesprächspartner gegenseitig zuhören und wertschätzen können. Ein Gespräch auf Augenhöhe. Läuft es nicht so gut, könnte Unbehagen in der Luft liegen. Oder die Stimmung konfliktgeladen sein.
Elterngespräche und Gespräche zwischen Schülern, Eltern und Lehrern gehören zum Arbeitsalltag von Lehrkräften. "Nicht alle Lehrerinnen und Lehrer sind darüber besonders erfreut", weiß Irene Beier. Sie hat einen Leitfaden geschrieben, der den Pädagogen Orientierung für einen gelungenen Dialog bietet. Der Titel des Buches: "Gespräche auf Augenhöhe". Die Autorin ist damit, wie sie sagt, in eine Lücke gestoßen. Wenn es um Gesprächsführung in ihrem Beruf geht, müssten Lehrer lange nach fundierter Lektüre suchen. Die meisten hätten während ihres Studiums nicht sehr viel zu diesem Thema gelernt, sagt Irene Beier. "Kommunikation und Gesprächsführung sind leider kein fester Bestandteil der Lehreraussbildung. Und je höher die Schulklassen sind, umso weniger sind Psychologie und Kommunikationstheorien Bestandteil des Studiums, es geht mehr um die fachlichen Inhalte." Da wundere es einen nicht, fügt die Autorin hinzu, wenn Kommunikation häufig leider schiefgehe.
Es waren die Lehrer selbst, die die Lilienthalerin darauf brachten, für ihren Berufsstand einen anschaulichen Ratgeber zu schreiben. Gut zwei Jahre ist es her, dass Irene Beier schon einmal am großen Esstisch ihrer Wohnküche vor dem Laptop saß und einen Leitfaden für Elterngespräche formulierte.
Damals richtete sich das praxisnahe Buch an Erzieherinnen und Erzieher in Kindertagesstätten, die auf die Gesprächssituation mit Müttern und Vätern professionell vorbereitet sein wollen. Langjährige Einblicke und Erfahrungen ließen Irene Beier zur Autorin werden.
Seit mehr als 25 Jahren arbeitet sie in verschiedenen Einrichtungen in leitender Position. Die Sozialpädagogin, die sich auch zur systemischen Familienberaterin ausbilden ließ, leitet bei Mercedes in Sebaldsbrück die Krippe "Sternchen". Darüber hinaus ist sie als Dozentin tätig. Als ihr erstes Buch erschienen war, fragte der Landkreis Osterholz bei ihr an, ob sie nicht speziell für den Übergang von der Kindertagesstätte zur Grundschule für Erzieherinnen und Grundschullehrer eine Fortbildung anbieten könne.
Irene Beier erarbeitete ein Konzept, das sie den Pädagogen an vier Nachmittagen vorstellte. Seitens der Lehrer sei dann die Frage aufgekommen, ob es solch einen Gesprächsleitfaden nicht auch für ihre Berufsgruppe gebe. "Als sie immer wieder fragten, habe ich es dem Verlag vorgeschlagen", erzählt die Autorin. Der biss erneut an, und ein halbes Jahr später hatte Irene Beier ihr zweites Buch geschrieben.
Wieder sind etliche Beispiele aus der Praxis eingeflossen. Beier hat Lehrer aller Klassenstufen interviewt, sich den Alltag schildern lassen und jede Menge Einblicke bei den Kommunikationsfortbildungen gewonnen, die sie für Lehrerinnen und Lehrer anbietet. Das krasseste Beispiel, sagt sie, das auch im Buch geschildert wird, sei ein Fall von Telefonterror gewesen, "der aber gut ausging".
Der erste Teil ihres Buches liefert theoretisches Grundlagenwissen. Gefolgt von der Darstellung verschiedener Gesprächsformen und Tipps für die gelungene Vorbereitung, Planung und Führung von Gesprächen. Außerdem lenkt die Autorin den Blick auf die Schüler und die Frage, wie Lehrer sie wahrnehmen. "Was sie hören und was sie auch hören könnten." Beier nennt ein Beispiel: Weigere sich ein Schüler mit den Worten "Nee, mach ich nicht", die Hausaufgaben zu erledigen, könne dies auch bedeuten, dass der Schüler keine Ahnung habe, wie er das hinbekommen soll. Es gehe darum, erläutert Irene Beier, dass Lehrer Aussagen von Schülern nicht auf sich persönlich beziehen. "Das ist schwer, ich weiß, aber es hilft." Neben Checklisten für Gespräche, Fragebögen und Formularen zum Herunterladen bietet das Buch etliche Übungen.
Während ihrer Fortbildungen sei ihr besonders aufgefallen, dass Lehrer offenbar ungern Klartext reden, berichtet Irene Beier. "Weil sie unangenehme Dinge nicht sagen mögen, reden sie drum herum." Das habe auch damit zu tun, dass Lehrer sich verantwortlich fühlen, wo sie es gar nicht sein müssen.
Ein weiteres Beispiel aus der Praxis schildert eine Situation, in der eine Lehrerin unverhofft und heftig von Elternseite verbal angegriffen wurde. Das mache einen fassungslos, weiß die Autorin.
In so einer Situation seien Eltern übergriffig. "Weil sie aufgeregt sind, vergreifen sie sich im Ton." Für betroffene Lehrer müsse es dann einzig darum gehen, die Situation für sich selbst in den Griff zu bekommen. Inhaltliches Argumentieren sei in solch einer Situation ohnehin nicht möglich. Und zuhören müsse man auch nicht. Helfen könne vielmehr, sich für solche Szenen mit einem Satz zu wappnen, den man für sich selber gut benutzen kann. Der könnte zum Beispiel lauten: "Nicht in diesem Ton!"
Das Buch "Gespräche auf Augenhöhe" von Irene Beier ist bei Klett/Kallmeyer erschienen. Das 120 Seiten zählende Werk gibt es im Buchhandel zum Preis von 17,95 Euro.
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