
Carsten Sieling ist ein akribischer Mensch. Ein Zahlenfuchs, und das muss er auch sein, wenn der 56-Jährige das Amt des Bürgermeisters übernimmt. Seine Hauptaufgabe wird sein, Bremen auf ein solides finanzielles Fundament zu stellen. Ein hartes Stück Arbeit, von dem alles, wirklich alles abhängt.
Komplexe Themen bevorzugt
Sieling hat den Fleiß und manchmal auch die Besessenheit eines Mannes, der sich nach seinem Realschulabschluss und der Lehre als Industriekaufmann über den Zweiten Bildungsweg zum Studium der Wirtschaftswissenschaften durchgekämpft hat. Er gräbt sich förmlich in die Themen ein, bevorzugt in hochkomplexe. Er ist ein Experte, zuletzt in Finanzen. Er doziert, belehrt und weiß es besser. Ist dann aber auch wieder ein überaus freundlicher, zugewandter und bescheidener Mensch. So jedenfalls beschreiben ihn Menschen, die privaten Umgang mit ihm haben.
In die SPD ist er 1976 eingetreten, in eine Partei, die ihm schon aus dem Herzen sprach, als er noch Jugendlicher war. Von der Zeit damals schwärmt Sieling noch heute. Mitreißende Jahre, seien das gewesen, Willy-Jahre, mit einem Willy Brandt als charismatischer Führungsfigur.
Carsten Sieling ist in der Hauptstadt kein Hinterbänkler, war es von Anfang an nicht. Der Sozialdemokrat ist Mitglied im wichtigen Finanzausschuss und sitzt stellvertretend im noch wichtigeren Haushaltsausschuss. Fraktion und Partei halten offenbar große Stücke auf ihn. Er ist vor vier Jahren in den Bundesvorstand der SPD gewählt worden.
Vor allem aber steht er einer mächtigen Gruppierung vor: Sieling ist Sprecher der Parlamentarischen Linken seiner Bundestagsfraktion. Kurios, wer sein Kontrahent ist: ein gebürtiger Bremer, Johannes Kahrs. Er führt den Seeheimer Kreis in der SPD-Fraktion, die sogenannten Kanalarbeiter vom konservativen Flügel.
Regierungschef eines Bundeslandes, auch wenn es das kleinste ist – das schlägt dann doch die Arbeit im Bundestag und bietet noch einmal ganz neue Perspektiven. Sieling kann irgendwann mal der Mann werden, der Bremen gerettet hat, denn so wie es zurzeit ist, kann es nicht weitergehen: Mehr als 20 Milliarden Euro Schulden und eine Zinslast, die so erdrückend ist, dass kaum mehr gestaltet, nur mehr verwaltet wird. Die Bildung im Argen. Armut. Soziale Spaltung. Politische Lähmung. Das ist die Situation.
Einer, der lange überlegt
Viel dazu wird in Berlin entschieden, wenn der Bund und die Länder einen neuen Finanzausgleich auf den Weg bringen. Carsten Sieling war von seiner Fraktion im Bundestag dafür ausgeguckt worden, diese Verhandlungen zu koordinieren. Das kommt nun anders. Künftig ist er einer von denen, die koordiniert werden. Einer aus der Ministerpräsidentenrunde. Mit dem Vorteil freilich, dass er als ausgewiesener Finanzpolitiker wahrscheinlich besser Bescheid weiß als die anderen.
Viel wird in Berlin entschieden, aber eben nicht alles. Sieling wird gewählt, damit er Bremen auch in anderer Hinsicht aus den Fängen befreit. Er muss für Aufbruch stehen, für Entschlossenheit und Tatkraft. Tugenden, die Sieling, wie man hört, nicht in die Wiege gelegt wurden. Er gilt als Zauderer, der, weil er gründlich sein will, manchmal zu lange überlegt.
Dieses Mal aber soll er schnell ja gesagt haben, als er gefragt wurde, ja zum Amt. Der neue Bremer Bürgermeister wird Carsten Sieling sein.
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