
Jungen Leuten fehlt das urbane Flair in Bremen. Für sie verliere die Stadt zusehends an Reiz, heißt es in einer am Mittwoch vorgestellten Studie des Marktforschungsunternehmens Empirica. Die 20- bis 30-Jährigen vermissten eine lebendige, kreative Atmosphäre und zögen lieber nach Hamburg, Hannover, Leipzig oder Berlin, wo sie mehr Vielfalt, Szene-Kneipen und Impulse für ihre persönliche Weiterentwicklung fänden. Weder in den Bereichen Medien und Internet, noch bei Kultur oder Gastronomie könne Bremen punkten, schreiben die Autoren. Besonders bitter: Sogar Oldenburg, Osnabrück und Münster schneiden laut Studie bei den Jüngeren aus dem westlichen Niedersachsen besser ab.
„Leider nehmen jüngere Menschen Bremen nicht mehr so wahr, wie wir das gerne hätten“, sagte Thomas Tietje, Brebau-Geschäftsführer und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Wohnungswirtschaft Bremen-Bremerhaven. Der Zusammenschluss von zwölf Wohnungsunternehmen hatte die Studie mit dem Titel „Schwarmstadt Bremen?“ in Auftrag gegeben. Die Debatte über Schwarmstädte wurde vor Jahren von Empirica angestoßen. Vorstandsmitglied Harald Simons erklärte den Begriff: Insbesondere junge Leute flögen wie Vögel aus den Regionen auf und landeten als Schwarm in relativ wenigen Städten.
Aber an Bremen fliegen die Schwärme überwiegend vorbei, glaubt man der Studie. Im Gegensatz etwa zu Münster schaffe es die Hansestadt auch nicht, aus ihrem Hinterland junge Menschen anzuziehen. „Bremen hat überhaupt kein Hinterland für die 25- bis 35-Jährigen“, sagte Simons. Zwar sei die Wanderungsanalyse für Bremen nicht negativ, räumen die Autoren mit Blick auf die Jahre 2010 bis 2015 ein. Aber in allen untersuchten Altersgruppen zwischen 20 und 34 fielen die Wandergewinne deutlich niedriger aus als zum Beispiel in Oldenburg, Osnabrück und Braunschweig.
Und das habe nichts mit der relativ hohen Arbeitslosigkeit in Bremen zu tun, betonte Simons. Für Personen mit abgeschlossener betrieblicher Ausbildung oder Studium gebe es hier eine breite Auswahl an Jobangeboten. Auch die Lage auf dem Wohnungsmarkt erkläre nicht die schwache Zuwanderung von Berufsanfängern. Denn im Vergleich zu anderen Großstädten seien Mieten und Preise für Einfamilienhäuser in Bremen günstig.
„Die hoch mobilen Berufsanfänger zwischen 25 und 30, die einen Wohnort suchen, entscheiden vor allem nach der Attraktivität einer Stadt“, sagte Simons. Bremen sei ihnen nicht hip genug, so gelte das Bremer Viertel als überaltert, und in der Neustadt, Findorff oder Walle sähen sie lediglich „zarte Ansätze“ für coole Szeneviertel. Dabei bezog er sich auf eine nicht-repräsentative Befragung von Bloggern, Start-ups und alteingesessenen Unternehmen. In Oldenburger und Osnabrücker Stadtteilen hingegen habe sich eine bei Jüngeren beliebte Szene entwickelt.
Bremen fehle ein positives Alleinstellungsmerkmal – etwas, das es gegenüber anderen Städten auszeichne, kritisieren Interviewte der Studie zufolge. Die Stadt stehe für nichts, es gebe weder Trends noch Trendmacher. „Bremen hat kein schlechtes Image, Bremen hat gar kein Image“, zitieren die Autoren aus ihren Befragungen. Alle Gesprächspartner hätten eine lethargische Stimmung in der Stadt ausgemacht – „Verzagtheit und Veränderungsmüdigkeit“. Als mögliche Ursachen nennt die Empirica-Analyse den langjährigen Strukturwandel und die Haushaltsmisere.
Dabei könne die Hansestadt durchaus mit ihrer Lebensqualität punkten, befand Simons. Mit kurzen Wegen etwa und attraktiver Bausubstanz. Positiv sei auch die Debatte über die „Zukunft Bremen2035“, sie müsse sich aber auch in Verwaltungshandeln niederschlagen. Die Bremer Verwaltung gelte jedoch als risiko- scheu. Sie setze auf Kompromisse, statt Konflikte durchzustehen, um Neues zu ermöglichen.
Thomas Tietje von der Arbeitsgemeinschaft würdigte die Studie als wichtigen Beitrag zur Bremer Zukunftsdebatte. „Wir müssen uns mit der Kritik auseinandersetzen.“ Er sei dennoch zuversichtlich, dass viele Projekte, etwa die geplante Attraktivierung der Innenstadt, dem Image Bremens zugute kämen. Politik, Verwaltung und Institutionen müssten aber an einem Strang ziehen. Es sei Aufgabe der gesamten Stadtgesellschaft, Bremen wieder für alle Generationen attraktiv zu gestalten.
Ob Bahnhof, Marktplatz, Weserstadion oder Schlachte: Das Bremer Stadtbild hat sich im Laufe der Zeit erheblich verändert. Wir berichten über vergessene Bauten, alte Geschichten und historische Ereignisse.
Welcher Verein wann in Bremen oder der Region spielt und wie die Begegnung ausgegangen ist, erfahren Sie in unserem Tabellenbereich. Auch die Ergebnisse der Spiele der höheren Ligen finden Sie dort.
job4u ist die regionale Plattform, wenn es um Lehren und Lernen geht. Neben dem WESER-KURIER, der Handelskammer und der Handwerkskammer Bremen machen sich hiesige Firmen für junge Leute stark.