
Was bitte haben Nirvana in einer Ausstellung über die 1980er-Jahre zu suchen? Das wird sich wohl so mancher beim Gang durch die Ausstellung „Madonna, Manta, Mauerfall“ im Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg fragen. Nirvana ist doch zweifelsohne eine Band der 90er! Aber Halt. Skeptiker werden im Museum eines Besseren belehrt: Die Band um den verstorbenen Sänger Kurt Cobain gründete sich bereits 1987. Und, das wissen noch weniger Menschen, hatte 1989 einen Auftritt im Kulturzentrum in Oldenburg.
Zu einer Zeit, als sich wirklich noch niemand für sie interessiert hat und die Eintrittskarten für ein Konzert noch zehn Deutsche Mark im Vorverkauf kosteten. Ganz anspruchslos waren die amerikanischen Grunge-Musiker aber schon damals nicht, was man ihrer Anforderungsliste für Konzerte entnehmen kann: „Eine halbe Flasche Wodka, eine halbe Flasche Whiskey (beide von bestechender Qualität)“, ist nur ein Wunsch, der darauf aufgelistet war.
Auch Klaus Lage („1000 und 1 Nacht“) hatte, so erzählt der anwesende Sänger selbst bei der Vorbesichtigung der Ausstellung am Donnerstag, Anfang der 80er einen Auftritt in Oldenburg, als ihn noch keiner kannte. „Wer berühmt werden will, muss hier also mal gespielt haben“, leitet Museumsdirektor Rainer Stamm das Naheliegende ab. Die unzähligen bunten Plattencover, die im der Musik gewidmeten Raum hängen, machen aber schnell klar, dass wahrscheinlich nicht jede erfolgreiche Karriere über Oldenburg führt. Hier versammeln sich Platten von Hubert Kah, Geier Sturzflug, Markus, Peter Maffay, Bots, Chris Rea, BAP und diversen anderen Stars des Jahrzehnts. Aufgestockt wird die Sammlung noch durch zwei handsignierte Platten von Lage, die der heutige Wahlbremer extra persönlich im Museum vorbeigebracht hat.
Es ist nicht die erste Dekadenausstellung des Museums. Den Anfang machte 2008 die 50er-Jahre-Schau „Party, Perlon, Petticoats“, es folgte 2012 „Mofa, Mode und Mao“ über die 60er-Jahre und „Demo, Derrick, Discofieber“ für das Folgejahrzehnt. In seiner 80er-Ausstellung versammelt das Museum rund 350 Objekte auf 450 Quadratmetern, räumlich aufgeteilt nach Themengruppen.
So widmet sich ein Raum zum Beispiel den Skandalen der 80er. Hier kann der Besucher einen Blick auf Teile der Hitler-Tagebücher werfen, die der „Stern“ stolz veröffentlichte, die sich aber schnell als plumpe Fälschung herausstellten. Oder aber auf ein vergrößertes Muster eines Personenbogens, den die Bevölkerung anlässlich einer Volkszählung 1987 ausfüllen sollte, was damals für viel Ärger sorgte.
Natürlich erhält auch die Mode der 80er ihren eigenen Raum. Spitze Schuhe treffen hier auf knallbunte Krawatten, Strickpullover auf Oberteile mit riesigen Schulterpolstern. Auch einige Modekataloge und Zeitschriften erinnern an stilistische Must-haves, die den Geschmack der heutigen Jugend wohl kaum noch treffen würden. „In der 'Brigitte' waren damals gute Rezepte drin“, erinnert sich ein Besucher der Vorbesichtigung.
Und es sind Momente wie dieser, den die Ausstellungsmacher bewirken wollen: Flashback-Momente, die vielleicht sogar emotionale Erinnerungen hervorrufen. „Schon jetzt können wir feststellen, wie leicht Fremde hier ins Gespräch kommen, weil sie zum Beispiel etwas entdecken, was sie auch zu Hause hatten“, sagt Kurator Michael Reinbold. „Das ist das Beste, was man mit einer Ausstellung erreichen kann.“
Auch ein nachgebautes Wohnzimmer von damals wird den einen oder anderen vielleicht an sein eigenes Zuhause erinnern. Massive Holz-Steck-Schränke, braune Sofas, ein kleiner Röhrenfernseher, und natürlich darf bei der klassischen Ausstattung auch eines nicht fehlen: der VHS-Videorekorder.
Wer in den 80er-Jahren aufgewachsen ist, wird sich sicher noch an einige Objekte aus dem Spielzeugraum der Ausstellung erinnern. Comichefte treffen hier auf Überraschungsei-Figuren, Puppenwagen auf Actionfiguren. Aus heutiger Sicht besonders absurd: Ein Spiel mit dem Titel „Mein Hund hat Flöhe“ und dem Zusatzhinweis „Ein Spiel, bei dem es in den Fingern juckt vor Spannung“.
Auch der Sport, die ersten Computer für daheim sowie das Thema Buch und Film erhalten in der Ausstellung ihren Platz. Der Raum für Design ist besonders von der Mailänder Designergruppe Memphis geprägt. Außerdem erinnert eine klobige Olympia-Schreibmaschine „Mastertype D“ daran, dass Computer im Alltag doch so einiges einfacher gemacht haben.
Und am Ende wartet noch ein letzter Raum, den man so im Museum wohl eher selten findet: Er widmet sich den Gerüchen der 80er-Jahre. Besucher können hier an zwanzig kleinen Glasflacons schnuppern, die Teststreifen enthalten, die mit beliebten Parfüms der damaligen Zeit getränkt sind – Dior, Davidoff, Yves Saint Laurent, sie alle sind vertreten. Denn auch Düfte, so die Ausstellungsmacher, können längst vergessene Erinnerungen hervorrufen. Und genau darum geht es bei dieser Ausstellung.
Landesmuseum Oldenburg, Schlossplatz 1. Dienstag bis Sonntag, 10 bis 18 Uhr. Die Ausstellung eröffnet am 25. November und ist bis zum 24. Februar 2019 zu sehen.
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