
Bremen. Es gibt Filmtitel, die mehr Charme versprühen. „Die Ausgrabung“ klingt wie die Ankündigung eines Arte-Themenabends über Archäologie. Und tatsächlich geht es in dem Film von Simon Stone um einen Schatz, der mehrere Jahrhunderte im Boden der ost-englischen Grafschaft Suffolk schlummerte – um 1939, kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs, ausgebuddelt zu werden.
Auch das klingt immer noch nicht nach dem Stoff, von dem Kinofans träumen. Doch tatsächlich entwickelt sich aus dieser Konstellation eine so spannende wie melodramatische Geschichte, die auf Tatsachen beruht. Ende der 1930er-Jahre beauftragte die wohlhabende Witwe Edith Pretty (Carey Mulligan) Basil Brown (Ralph Fiennes), auf ihrem Land nach möglichen archäologischen Artefakten zu graben. „Ich habe da so ein Gefühl“, sagt Pretty zu Brown, als sie gemeinsam über die Wiesen streifen. Es trügt sie nicht. Brown, ein Amateurausgräber und -astronom, findet ein angelsächsisches Schiffsgrab aus dem siebten Jahrhundert. Der Schatz von Sutton Hoo ist seither im British Museum zu sehen und gilt als einer der bedeutendsten Funde überhaupt.
Drehbuchautorin Moira Buffini bedient sich der historisch verbürgten Fakten als Basis, ist aber vor allem interessiert an ihren beiden Hauptfiguren. Ralph Fiennes spielt Basil Brown als schweigsamen, belesenen Einzelgänger, der in Edith Pretty eine Seelenverwandte findet. Pretty hat jahrelang ihren Vater gepflegt, dann geheiratet, einen Sohn bekommen, ist schnell zur Witwe geworden. Ihre Pläne waren andere, sie hätte zur Uni gehen können. Nun wirkt sie wie eingesperrt auf ihrem Landsitz und laboriert an einer Herzschwäche, ein durchaus symbolisches Leiden. Carey Mulligan interpretiert sie als einsame Frau, die weiß, dass sie Chancen verpasst hat – und die durch die Bekanntschaft mit Brown noch einmal aufblüht. Dem begabten Autodidakten dagegen werden die Grenzen seiner Möglichkeiten durch den arroganten Chef-Archäologen des British Museum schmerzlich aufgezeigt. Bis heute werde sein Anteil an der Ausgrabung nicht gewürdigt, informiert der Abspann.
Die erotische Spannung zwischen Pretty und Brown ist greifbar, bleibt aber unerfüllt. Die gemeinsame Leidenschaft für die Ausgrabung wird zum Ersatz. Als Kontrapunkt zu den beiden gibt es ein junges (fiktives) Paar (Lily James und Johnny Flynn), das seine Liebe zumindest kurzzeitig ausleben kann, bis der Kriegsausbruch alles ändert. Das wirkt etwas zu gewollt – insgesamt ist „Die Ausgrabung“ aber ein solide inszeniertes und gefilmtes Drama.
Die Ausgrabung. 112 Minuten.
Anbieter: Netflix.
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