
Der deutsche Wald soll in den nächsten vier Jahren für 800 Millionen Euro aufgeforstet und besser gegen den Klimawandel gewappnet werden. Das hat Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) beim sogenannten Waldgipfel in Berlin angekündigt. Knapp 117 Millionen Euro davon entfallen auf Niedersachsen. Klöckner hatte sich in Berlin mit rund 170 Vertretern aus Verbänden und Organisationen getroffen.
Hinter dem deutschen Wald liegt ein folgenschweres Jahr. In Bremen hat der Baumbestand im Bürgerpark sehr unter dem trockenen Sommer gelitten. „Es war noch schlimmer als im letzten Jahr“, sagt Parkdirektor Tim Großmann. Er spricht von „Ausfällen und größeren Schäden, auch der Borkenkäfer hat gewütet“. Gleiches gilt für Niedersachsen. „Viele Birken sind ganz abgestorben“, sagt Michael Müller, Revierförster in Diensthop und zuständig für den Landkreis Verden. Außerdem habe sich die Situation beim Grundwasser drastisch verschlechtert. „Wir haben im Schnitt 250 bis 300 Millimeter Defizit, das ist fast ein ganzer Jahresniederschlag, der fehlt.“
Bremen ist das Bundesland mit dem geringsten Waldanteil: 1,1 Prozent der Fläche sind von Wäldern bedeckt. Im Stadtbremer Raum machen sie 480 Hektar aus. Laut Waldzustandsbericht 2018 für das Land weisen 29 Prozent der Buchen und 20 Prozent der Eichen eine mittelstarke beziehungsweise starke Schädigung auf oder sind bereits abgestorben.
Größer als etwa in Bremen-Nord sind die Schäden in der Stadt. Laut Kerstin Doty, Sprecherin des für die Wälder zuständigen Umweltbetriebs Bremen, waren die rund 70.000 Stadtbäume vom Hitzesommer besonders betroffen. Der Umweltbetrieb pflanzt zunehmend „Klimabäume“. Das sind Baumarten aus heißeren Klimaregionen, die resistenter gegen Trockenheit und Wassermangel sein sollen. Doty: „Wir müssen jetzt schon überlegen, wie vital ein Baum in 80 Jahren sein muss.“
180.000 Hektar Wald, umgerechnet 250.000 Fußballfelder, gelten deutschlandweit als zerstört. Klöckner setzt nun auf eine „stringentere Jagd“, damit Baum-Sprösslinge nicht gleich wieder von Rehen gefressen werden. Auch eine systematische Erfassung von Waldschäden für ganz Deutschland ist vorgesehen. Beim Aufforsten sollen Mischwälder mit einem breiten Spektrum heimischer und standortangepasster Baumarten bevorzugt werden. Im Elbe-Weser-Dreieck wird das bereits getan. „Wir stecken mitten im Waldumbau“, sagt Sprecher Knut Sierk über die Situation im Forstamt Harsefeld.
In Niedersachsen ist ein Viertel der Fläche mit Wald bewachsen, das sind 1,2 Millionen Hektar. Davon bewirtschaften die Niedersächsischen Landesforsten ein Drittel. 120 Millionen Bäume sind in den vergangenen 30 Jahren in den Landesforsten neu gepflanzt worden. Finanziert wurde das bisher durch Erträge aus der Forstwirtschaft, die zuletzt aber eingebrochen sind. Die Holzpreise fielen 2018 um die Hälfte.
Kritiker wie der Buchautor und Eifelförster Peter Wohlleben befürchten nun einen „Verteilungskampf“ um die in Aussicht gestellten Millionen. Tatsächlich gibt es viele Forderungen an die Politik. Max von Elverfeldt, Vorsitzender der Vereinigung Familienbetriebe Land und Forst, etwa spricht sich dafür aus, dass ein Teilerlös der künftigen CO₂-Bepreisung in den Bereich Wald fließt. „Mit seiner Funktion als CO₂-Senke trägt der Wald maßgeblich zur Reduzierung des CO₂-Ausstoßes bei“, sagt von Elverfeldt. Landesforsten-Chef Klaus Merker plädiert dafür, den Einsatz von Holz etwa beim Hausbau durch gezielte Förderungen weiter zu stärken. Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt fordert 11.000 zusätzliche Forstkräfte.
Parallel zum Waldgipfel beschäftigte sich die Bremische Bürgerschaft mit dem Thema Klima. In einer Aktuellen Stunde debattierten die Abgeordneten über das am Freitag von der Bundesregierung verabschiedete Klimapaket. Der Tenor war über alle Fraktionsgrenzen hinweg ähnlich: Die Maßnahmen kommen zu spät und sind nicht ausreichend. Maike Schaefer (Grüne), Senatorin für Klimaschutz, sagte: „Umweltverbände und Wissenschaftler bewerten das Klimapaket als Witz. Da würde ich mich anschließen.“ Sie kündigte an, dass sich die Bremer Grünen über den Bundesrat für Nachbesserungen einsetzen werden.
job4u ist die regionale Plattform, wenn es um Lehren und Lernen geht. Neben dem WESER-KURIER, der Handelskammer und der Handwerkskammer Bremen machen sich hiesige Firmen für junge Leute stark.