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Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) sah die Vorschläge hingegen deutlich distanzierter. Die Kommission solle sich vor allem auf Reformen konzentrieren, die das Wirtschaftswachstum förderten, forderte er in Berlin.
Barroso sagte zur neuen EU-Wirtschafts- und Wachstumsstrategie «Europa 2020»: «Wir sind mehr denn je voneinander abhängig.» Er fügte hinzu: «Darum brauchen wir auch die Koordinierung mehr denn je.» Einen Schub für mehr Absprachen erhofft sich der Portugiese von der Schuldenkrise in Griechenland, die erhebliche Versäumnisse Europas in der gemeinsamen Haushalts- und Wirtschaftspolitik offenlegte.
Für die EU-Wachstumsstrategie schlug Barroso eine Reihe konkreter Wirtschaftsziele vor wie etwa die Erhöhung der Forschungsausgaben, mehr Beschäftigung und weniger Armut, um Europa aus der Flaute zu holen. «Wir brauchen heute eine Krisenantwort, und eine Reformagenda für die nächsten zehn Jahre.»
Brüderle gegen EU-Armutsziele
Brüderle sagte, die von Brüssel angestrebten Ziele könnten «nicht die vertiefte und differenzierte Analyse von Wachstumschancen und - risiken, insbesondere auf der Ebene der Mitgliedstaaten ersetzen». Als vorrangige EU-Ziele nannte er Beschleunigung von Innovation, Bürokratieabbau und bessere Rahmenbedingungen für Unternehmen. «Ein Verteilungsziel wie Armutsbekämpfung gehört für mich nicht dazu», fügte er hinzu.
Eine erste Debatte der EU-Staats- und Regierungschefs zu Barrosos Vorschlägen soll es beim EU-Gipfel am 25. und 26. März in Brüssel geben. Eine Entscheidung soll im Juni fallen.
Zwar will die EU-Behörde die Änderungen im neuen EU-Vertrag nutzen, der ihr die Möglichkeit gibt, wirtschaftspolitische Verwarnungen auszusprechen. «Dieses Instrument werden wir voll ausnutzen», sagte Barroso. «Aber wenn die EU-Staaten nicht mitspielen, können wir wenig ausrichten.» Sanktionen wie im Euro- Stabilitätspakt könne es nicht geben.
Die Strategie löst die gescheiterte Lissabon-Strategie ab, die dieses Jahr auslief. Diese hatte das ambitionierte Ziel, die EU zum «wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen».
Die «Europa 2020»-Ziele und die Haushaltsdaten der Mitgliedsländer sollen nach Vorstellung von Barroso gleichzeitig überprüft werden. Ausdrücklich betonte er aber, dass er dabei keine «Vermischung mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt» vorschlage. «Das muss ganz klar sein.» Besonders Berlin hatte vor einer Verknüpfung von Stabilitäts- Pakt und «EU 2020» gewarnt.
Im Europaparlament stieß der 10-Jahres-Plan auf ein geteiltes Echo. Die Konservativen warfen Barroso Willkür und Realitätsferne vor, die Liberalen dagegen lobten den «richtigen Ton». Die EU- Kommission brauche aber mehr Macht, forderte Liberalen-Fraktionschef Guy Verhofstadt. Die Kommission und nicht die Staats- und Regierungschefs sollten die Ziele setzen und die Einhaltung überwachen, da es den Mitgliedstaaten immer «am politischen Willen für Selbstkritik» mangeln werde.
Die Grünen kritisierten, die Kommission stelle noch immer mehr Wachstum und mehr Wettbewerbsfähigkeit in den Mittelpunkt. «Wirtschaftswachstum schafft nicht automatisch mehr soziale Gerechtigkeit, eine saubere Umwelt oder ein glücklicheres Leben», sagte Fraktionschefin Rebecca Harms.
Barroso schlug eine Reihe von konkreten Wachstumszielen auf EU- Ebene vor, die dann auf die einzelnen EU-Staaten heruntergebrochen werden sollen: Eine Beschäftigungsquote von 75 Prozent (statt bisher 69 Prozent) und eine Bildungsquote von 40 Prozent, etwa an Jüngeren, die einen Hochschulabschluss haben sollen. Die Forschungsausgaben sollen von 1,9 auf 3 Prozent erhöht werden, ein Ziel, das schon die Lissabon-Strategie enthielt.
Die Industrie reagierte positiv auf das Papier. Barroso ziehe die richtigen Lehren aus der Krise, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Werner Schnappauf. Jetzt seien konkrete Taten nötig. (dpa)
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