
Das Ergebnis der aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung zum Fachkräftemangel in Deutschland belegt einmal mehr, dass in den kommenden Jahrzehnten mehrere Millionen Arbeitskräfte fehlen. 260 000 Menschen jährlich müssen in den nächsten Jahrzehnten zuwandern, um den Ansprüchen einer immer älter werdenden Bevölkerung gerecht zu werden.
Insbesondere die Pflegeberufe stehen vor dramatischen Herausforderungen. Wie der von der Pflegekammer Niedersachsen im Dezember 2018 veröffentlichte Bericht zur Lage der Pflegefachberufe deutlich macht, gibt es schon heute unterversorgte Regionen im Land. Insbesondere in der häuslichen Versorgung greifen viele Familien in ihrer Not auf Betreuungskräfte aus dem Ausland zurück. Das geschieht auch, weil sie sich schlichtweg keine 24-Stunden-Pflege leisten können.
Ausländische Betreuungskräfte sind oft nicht sozial abgesichert. Viele arbeiten ohne Versicherungsschutz und ohne Anspruch auf Sozialleistungen. Sie schuften unter prekären Bedingungen bis hin zu Schwarzarbeit. Sowohl aus ethischer als auch aus pflegefachlicher Sicht ist illegale Beschäftigung in der Pflege nicht zu tolerieren. Oft sind die meist aus Osteuropa stammenden Frauen rund um die Uhr verfügbar. Sie erbringen pflegefachliche Leistungen, verfügen aber häufig nicht über die entsprechenden Qualifikationen. Hier sieht die Pflegekammer Niedersachsen dringenden Handlungsbedarf. Die Anerkennung im Ausland erworbener Abschlüsse muss dringend vereinfacht und beschleunigt werden, um Menschen aus dem Ausland legale Beschäftigungsmöglichkeiten in Deutschland zu ermöglichen. Politik und Leistungserbringer stehen hier in der Verantwortung, entsprechende Ideen und Konzepte zu entwickeln. Vorhandene Hilfsangebote sind oft nicht bekannt oder werden nicht in Anspruch genommen. Deshalb müssen Familien mit pflegebedürftigen Angehörigen künftig noch intensiver unterstützt und begleitet werden.
Politik, Kostenträger und Leistungserbringer stehen gemeinsam mit den Pflegekammern in der Pflicht, zukunftsfähige Modelle zu denken und umzusetzen. Ein erfolgversprechender Ansatz ist die aufsuchende und präventive Beratung durch Pflegefachpersonen. Gemeinsam mit hochbetagten Menschen, die selbstständig leben und wohnen, können so Strategien zur Stärkung der gesundheitsförderlichen Maßnahmen und zur Minimierung von gesundheitlichen Risiken entwickelt werden. Jetzt braucht es den politischen Mut, entsprechende Modelle auch umzusetzen.
Unsere Gastautorin
Sandra Mehmecke ist Präsidentin der Pflegekammer Niedersachsen, in der nahezu 95 000 Pflegefachpersonen Mitglied sind.
job4u ist die regionale Plattform, wenn es um Lehren und Lernen geht. Neben dem WESER-KURIER, der Handelskammer und der Handwerkskammer Bremen machen sich hiesige Firmen für junge Leute stark.