
Bei der Bremer Straßenreinigung drohen nach Ostern Warnstreiks. Grund ist ein Tarifkonflikt, der sich im vergangenen Jahr entzündet hat. Die Verhandlungen sind festgefahren. Ende April wollen sich Arbeitgeber und Gewerkschaft Verdi erneut an einem Kompromiss versuchen – im Vorfeld könnte es zu Arbeitsniederlegungen kommen.
Hintergrund der Auseinandersetzung ist die 2018 vollzogene Reform der Bremer Abfallwirtschaft. Damals wurden unter dem Dach der Bremer Stadtreinigung – einer Anstalt öffentlichen Rechts – neue Strukturen gebildet. Für Müllabfuhr und Straßenreinigung entstand jeweils eine Gesellschaft, an der die Entsorgungsfirma Nehlsen eine knappe Mehrheit hält. Die Stadt besitzt den Rest der Anteile. Beide Gesellschaften haben jeweils Töchter, die den eigentlichen Betrieb abwickeln: Für die Sauberkeit im öffentlichen Raum ist das die Straßenreinigung Bremen Service GmbH, kurz SRB.
Gegenwärtig umfasst die Belegschaft knapp 180 Mitarbeiter. Der weitaus größte Teil kam 2018 von der Nehlsen-Tochter Eno. Diese Beschäftigten werden nach wie vor gemäß dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) entlohnt. Die zwischenzeitlich eingestellten, rund 20 neuen Mitarbeiter haben ein geringeres Gehaltsniveau. Es ist dieses innerbetriebliche Lohngefälle, das die Gewerkschaft Verdi nicht dauerhaft akzeptieren möchte, zumal der Anteil der Neubeschäftigten an der SRB-Mannschaft in den kommenden Jahren stetig zunehmen wird. Im vergangenen Jahr forderte Verdi deshalb die SRB zu Tarifverhandlungen auf. Mehrere Sondierungsgespräche erbrachten keine Annäherung, zwei nachfolgende formelle Verhandlungsrunden ebenso wenig.
Aus Sicht von SRB-Geschäftsführerin Daniela Enslein ist es Ziel der Gespräche, für die Straßenreiniger einen Haustarifvertrag „in Anlehnung“ an den TVöD abzuschließen. Doch was genau heißt das? Darüber gehen die Vorstellungen von Geschäftsleitung und Gewerkschaft auseinander. Es ist gar nicht der reine Lohn, um den man sich streitet. Laut Angebot der Arbeitgeberseite würde ein Straßenreiniger ohne weitere Qualifikation künftig im ersten Berufsjahr monatlich 2375 Euro bekommen, aufsteigend bis 2872 Euro im 15. Berufsjahr. Wer angelernte Tätigkeiten ausübt und beispielsweise eine Kehrmaschine fährt, bekäme einen Aufschlag, der im ersten Jahr bei monatlich gut 150 Euro liegt. Das wäre auch für Verdi annehmbar, weil es dem TVöD-Niveau entspricht. Abweichungen sieht das Arbeitgeberangebot bei Urlaub, Jahressonderzahlung und zusätzlicher betrieblicher Altersvorsorge vor. Wie hoch die Mehrkosten der Verdi-Forderungen gegenüber dem aktuellen Niveau wären, lässt sich nur überschlägig beziffern. Daniela Enslein spricht von einem „sechsstelligen Betrag“ pro Jahr, der auf den städtischen Haushalt zukäme.
Die SRB-Chefin sieht im Vorschlag der Arbeitgeber ein gutes Angebot für die neuen Beschäftigten. „Sie würden sich um rund zehn Prozent verbessern“, wirbt die Geschäftsführerin. Doch Verdi will keine dauerhafte Zwei-Klassen-Gesellschaft bei der SRB. „Wir brauchen ein einheitliches Niveau, und dessen Grundlage kann nur der TVöD sein“, betont Gewerkschaftssekretär Pit Eckert. Er beklagt zudem unfaire Manöver der SRB-Geschäftsleitung. So seien mehrere Mitarbeiter in Einzelgesprächen „bearbeitet“ worden. Auf einem Verdi-Flugblatt aus den vergangenen Tagen ist in diesem Zusammenhang von „völlig inakzeptablen Drohgebärden“ die Rede. Laut Eckert haben die SRB-Beschäftigten dem Angebot der Geschäftsleitung inzwischen eine Absage erteilt. Bei einer Versammlung, die am Dienstag unter freiem Himmel im Innenhof des Gewerkschaftshauses stattfand, sei Verdi beauftragt worden, im Sinne der Tarifeinheit bei der SRB weiterzuverhandeln.
Die nächste Runde ist für den 27. April angesetzt. Daniela Enslein stellt sich auf kurzfristige Streikaktionen der Beschäftigten im Vorfeld des Termins ein, und auch der Gewerkschaftsvertreter lässt durchblicken, dass es dazu kommen könnte: „Ich würde eine Einigung am Verhandlungstisch vorziehen“, sagt Pit Eckert, „aber wenn es keine entsprechenden Signale gibt, müssen wir uns überlegen, wie wir reagieren“.
Sollte es zu Warnstreiks kommen, wäre das Stadtgebiet südlich der Lesum betroffen. Dort würden die Kehrmaschinen stillstehen, Papierkörbe blieben ungeleert, und in den Einkaufsstraßen wäre niemand mehr mit Tonne und Müll-Greifzange unterwegs. Davon unberührt bliebe Bremen-Nord. Dort reinigt die Bremer Stadtreinigung mit kommunalen Kräften.
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