
Das Bundesverfassungsgericht hat die Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt. Eine große Chance, die Bemessungsgrundlage zu vereinfachen, sollte man meinen. Doch Bundesfinanzminister Olaf Scholz setzt sich für ein Modell ein, das komplizierter und bürokratischer nicht sein könnte: Das wertabhängige Grundsteuermodell (WAM) basiert auf schwankenden Parametern, etwa Miete und Restnutzungsdauer, und erfordert eine aufwendige Neubewertung aller Immobilien- und Grundstückswerte.
Das sogenannte Flächenmodell wäre hingegen wesentlich einfacher anzuwenden. Hier wird nämlich nur die Fläche des Grundstücks und der Gebäude berücksichtigt. Eine vollständige Neubewertung würde entfallen, die Fläche die tatsächliche Nutzung widerspiegeln. Beide Modelle bringen den Kommunen gleich viel ein. Wieso also ein aufwendigeres System einführen, wenn der Ertrag über kurz oder lang nicht erhöht werden soll?
Am 1. Februar kamen Bund und Länder zusammen, das Zwischenergebnis ist ein fauler Kompromiss. Scholz ließ sich zwar auf einige Vereinfachungen ein, allerdings spielen die Bodenrichtwerte und die durchschnittlichen Mietkosten nach wie vor eine Rolle. Im wertabhängigen Modell steckt viel sozialer Sprengstoff: Gerade da, wo die Mieten in den letzten Jahren stark gestiegen sind, drohen mit dem Kompromiss-Modell zusätzliche finanzielle Belastungen. Da hilft auch keine Mietpreisbremse mehr.
Eine Neubewertung anhand von fiktiven Mieten oder auch vom Bodenrichtwert wäre zudem für uns Unternehmer in puncto Praktikabilität ein absoluter Albtraum. Der Plan B, ein „vereinfachtes“ Sachwertverfahren, lässt uns weiterhin im Nebel stochern, denn niemand weiß, wie dieses Sachwertverfahren in der Praxis genau aussehen soll. Potenzielle Belastung und Bürokratie fürs eigene Unternehmen ausrechnen? Fehlanzeige! Das Einzige, auf das wir uns einstellen können, ist die böse Überraschung am Ende.
An diesem Donnerstag werden sich Bund und Länder voraussichtlich zum letzten Mal zur Grundsteuer beraten. Noch dieses Jahr muss die Reform in trockenen Tüchern sein. Allerdings ist Zeitdruck ein schlechter Berater, deshalb sollte sich Bremens Finanzsenatorin Linnert nicht auf diesen Kuhhandel einlassen, sondern aktiv für weitere Vereinfachungen im Sinne des Flächenmodells einsetzen. Mitstreiter dürfte sie finden: Erst kürzlich äußerten einige Bundesländer Zweifel an Olaf Scholz‘ Modell. Zudem ist der Wohnungsmarkt in Bremen angespannt und weitere Infrastrukturprobleme kann sich unser Bundesland nicht leisten.
Unser Gastautor
ist Landesvorsitzender des Verbandes Die Familienunternehmer in Bremen, Unternehmer und Mitglied der FDP.
job4u ist die regionale Plattform, wenn es um Lehren und Lernen geht. Neben dem WESER-KURIER, der Handelskammer und der Handwerkskammer Bremen machen sich hiesige Firmen für junge Leute stark.